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Mädelsabend

HOCHZEIT (SVADBA)
von Ana Sokolovi


Hochzeit (Svadba) von Ana Sokolovi - an der Oper Bonn | Foto (C) Bettina Stöß

Bewertung:    



Wann kommt man in der Oper mal so nah ran? Und warum nicht einfach mal öfter so eine Produktion wagen? Die Antwort auf Frage 1 ist einfach: selten bis nie. In der Werkstattbühne auf der Rückseite des Bonner Opernhauses spielen und singen gleich sechs Opernsängerinnen die Kammeroper Hochzeit der serbischen Komponistin Ana Sokolovi (57).

Und sie sind ganz nah dran. Igor Horvath, der Dirigent, sitzt in der ersten Zuschauerreihe. Da die Sechs a capella singen, ist auch kein Orchester vonnöten. Dafür wäre in der Werkstatt auch definitiv kein Platz.

Warum nicht öfter so eine Produktion? Es gibt einfach nicht viel Literatur für die kleine Bühne im Opernbereich. Und wenn, dann sind es meist Produktionen mit einer kammermusikalischen Besetzung oder für wenige Sängerinnen und Sänger gedacht (Udo Zimmermanns Weiße Rose beispielsweise).

Hochzeit ist in gewisser Weise also einzigartig, zumindest besonders. Das Sujet ist eher belanglos – es geht um die Vorbereitungen für eine Hochzeit –, aber das Setting ist originell (eine Art bühnenbreite Mauer mit Sehschlitzen, ein kleiner Tisch und zwei überdimensionale Zöpfe), und es macht ungeheuer viel Spaß zuzuschauen und zuzuhören. Das liegt vor allem daran, weil Kirstin E Mantyla, Nicole Wacker, Tinka Pypker, Alicia Grünwald, Susanne Blattert und Carolyn Holt erkennbar Lust am Gesang und am Spiel haben.

Musikalisch geht es vom Forte bis zum Flüstern, vom Sprechgesang zum schönsten Legato. Mal alle vereint, mal getrennt in Stimmgruppen: im Sopran die Frauen, die es zu umwerben gilt, in den tiefen Stimmlagen die Männer, die umwerben. Immer wieder finden die Sechs (auch musikalisch) zu einer Einheit zusammen, um dann im nächsten Moment auseinanderzustreben: die eine, die selbst Braut sein möchte und der eigentlichen Braut ihr Glück nicht gönnt. Und alle anderen sticheln, ergreifen Partei oder versuchen zu schlichten. Gruppendynamik vom Feinsten eben. Und trotzdem bleibt Raum genug für jede einzelne Sängerin, Einzelheiten einer Figur zu entwickeln, auch wenn diese im Bereich eines Typs bleiben und nicht ausdifferenziert werden. Aber darum geht es auch nicht.

Dirigent Igor Horvat ist um Zusammenhalt bemüht, leitet engagiert durch den Abend, jederzeit auf dem Sprung, den richtigen Einsatz zu geben. Denn nur bei den Stimmen bleibt es nicht im Laufe des Abends, hinzu kommen rhythmische Einlagen mit Gegenständen, Händen und Schuhen. Oder auch eine Okarina, eine Gefäßflöte aus Ton oder Porzellan mit mehreren Fingerlöchern und einem Schnabel.

Sokolovi hat sich für ihre Hochzeit, die 2011 im kanadischen Toronto uraufgeführt wurde, von traditioneller Volksmusik aus dem Balkan inspirieren lassen und die Texte und Melodien dieser Volkslieder in einer modernen Kompositionstechnik neu arrangiert. Manches klingt so seltsam vertraut, manches schräg, dissonant, einzelne Textfragmente werden rhythmisiert und wiederholt. Aber tatsächlich ist der Klang hier entscheidender als der Inhalt. Ausgesprochen schön ist, dass zwischen Zusammenklang der Stimmen, Gegengesängen und rhythmisierten Passagen abgewechselt wird. Auch die einzelnen Stimmen kommen so ganz besonders zur Geltung, quasi rein und pur. Und es wird nie langweilig. Dies nicht zuletzt, weil Regisseurin Alexandra Pape es immer wieder schafft, die sechs Sängerinnen auf der Basis der Grundsituation (Freundinnen helfen der Braut bei der Hochzeitsvorbereitung) in immer wieder neue Konstellationen zu bringen. Allerdings ist das Ganze als Hörerlebnis so intensiv, dass die knapp 50 Minuten Dauer auch völlig ausreichend sind.

Etwas störend wirkt gelegentlich das Licht. Der graue, mauerähnlich Paravent wird von hinten in Orange-Tönen angeleuchtet, so dass Licht durch die Schlitze in dieser Konstruktion fällt. Das macht den hinteren Teil der Bühne aber sehr hell, reißt ihn auf und lenkt etwas ab, auch wenn die Idee der beleuchteten Hinterbühne am Ende wunderbar aufgeht. Lobenswert aber auf jeden Fall, dass nach jeder der noch folgenden Vorstellungen ein Gespräch mit den Produktionsbeteiligten angeboten wird. Und eine halbe Stunde vorher ein offenes Singen. Also, meine Damen, meine Herren, wer hat Lust?



Hochzeit (Svadba) von Ana Sokolovi - an der Oper Bonn | Foto (C) Bettina Stöß

Karoline Bendig - 1. Juli 2025
ID 15338
HOCHZEIT (SVADBA) | Werkstatt, 29.06.2025
Kammeroper für sechs Frauenstimmen a cappella von Ana Sokolovi

Musikalische Leitung: Igor Horvat
Regie: Alexandra Pape
Bühne und Kostüme: Katharina Sook Wilting
Licht: Johanna Salz
Mit: Kirstin E Mantyla (Milica), Nicole Wacker (Danica), Tinka Pypker (Lena), Alicia Grünwald (Zora), Susanne Blattert (Nada) und Carolyn Holt (Ljubica)
Premiere an der Oper Bonn: 21. Juni 2025
Weitere Termine: 03., 07., 09.07.2025


Weitere Infos siehe auch: https://www.theater-bonn.de


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