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Konzertkritik

Deutsches

Symphonie-

Orchester

Berlin

Anja Bihlmaier


Bewertung:    



Das Deutsche Symphonie-Orchester Berlin unter der Leitung von Anja Bihlmaier stellte in ihrem Konzert auf dem MUSIKFEST BERLIN ein Programm vor, das in seiner farbigen Vielfalt kaum zu überbieten war. Von Tschaikowsky über Zimmermann und Olly Wilson bis hin zu Schostakowitsch spannte sich der Bogen, historisch wie ästhetisch ein Parforceritt – und zugleich ein Abend, der sich als kluges Experiment im Nebeneinander von Romantik, Parodie und Moderne erwies.

Den Auftakt machten Tschaikowskys „Rokoko-Variationen“ mit Kian Soltani als Solisten. Wer den üppigen spätromantischen Klang des russischen Komponisten erwartet hatte, sah sich angenehm überrascht. Soltani entfaltete nach der eleganten Orchestereinleitung ein Spiel von luzider Klarheit und geschmeidiger Linienführung. Bihlmaier und das Orchester begleiteten mit Sinn für feine Farben und setzten dabei auf Transparenz statt Pathos. Dass das Publikum derart hingerissen war, dass es nicht nur langen Applaus spendete, sondern gar eine Zugabe erzwang – Tschaikowskys „Nocturne“ für Cello und Orchester –, sprach für die Qualität dieses Auftaktes..

Ganz anders Bernd Alois Zimmermanns Musique pour les soupers de Roi Ubu. Inspiriert von Jarrys absurdem Theaterstück, jonglierte Zimmermann ungeniert mit Zitaten aus allen Jahrhunderten – vom Bach-Choral über den Radetzky-Marsch bis in die Avantgarde der Nachkriegszeit. Bihlmaier und das DSO kosteten die parodistische Überfülle mit Witz und sarkastischer Schärfe aus, ein gelungener Kontrast zum eleganten Rokoko-Idiom Tschaikowskys.

Nach der Pause öffnete sich der Horizont in Richtung transatlantischer Moderne. Olly Wilsons Shango Memory von 1995, inspiriert von der Yoruba-Gottheit Shango, entfaltete sirenenhafte Klänge, irrlichternde Rhythmen, eruptive Gesten. Hier mischte sich afrikanische Tradition mit Jazzidiom, Strawinsky’scher Schärfe und orchestraler Wucht. Das Publikum folgte gebannt, als hätte das Werk etwas von einer Naturkatastrophe, die sich gleichzeitig als Ritual und als Ekstase darstellte.

Im Anschluss daran wirkte Schostakowitschs Neunte beinahe ernüchternd. Von der sowjetischen Führung als Triumphmusik erwartet, lieferte der Komponist 1945 ein symphonisches Anti-Pathos – keine Apotheose, keine Heldenpose, sondern eine „kleine“ Sinfonie voller Ironie und klassizistischer Wendungen. Doch im Kontext dieses Abends, nach Wilsons elektrisierender Klangsprache, klang Schostakowitsch hier erstaunlich blass. Zwar warf Bihlmaier ihr ganzes Können in die Interpretation, das Orchester arbeitete präzise die kontrapunktischen Linien heraus. Dennoch konnte die Aufführung nicht mehr die Energie und Intensität der vorangegangenen Werke erreichen.

So blieb ein Abend, der gerade durch seine Kontraste bestach: von eleganter Mozart-Verehrung über bissige Satire bis hin zur transkulturellen Moderne. Dass Schostakowitsch dabei zum Schluss an Strahlkraft verlor, änderte nichts daran, dass Bihlmaier und das DSO ein Programm boten, das Historisches, Zeitgenössisches und Gegenwärtiges auf schlüssige Weise miteinander verband – und das Publikum in ein farbenprächtiges Erlebnis lieferte.



Das Deutsche Symphonie-Orchester Berlin unter Anja Bihlmaier - beim MUSIKFEST BERLIN 2025 | Foto (C) Marlene Pfau

Steffen Kühn - 5. September 2025
ID 15442
MUSIKFEST BERLIN (Philharmonie Berlin, 04.09.2025)
Peter I. Tschaikowsky: Variationen über ein Rokoko-Thema A-Dur op. 33
Bernd Alois Zimmermann: Musique pour les soupers du Roi Ubu
Olly Wilson: Shango Memory
Dmitri Schostakowitsch: Sinfonie Nr. 9 Es-Dur op. 70
Kian Soltani, Violoncello
Deutsches Symphonie-Orchester Berlin
Dirigentin: Anja Bihlmaier


Weitere Infos siehe auch: https://www.berlinerfestspiele.de/musikfest-berlin


Post an Steffen Kühn

http://www.hofklang.de

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