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Debatte

Jörg Bernig,

der PEN

und das Ergebnis

der Prüfung






Am 25. März haben wir an dieser Stelle von der Aufforderung der Präsidentin des deutschen PEN Regula Venske an den Schriftsteller Jörg Bernig berichtet, angesichts migrantenfeindlicher Äußerungen „zu prüfen, inwieweit er seine Verpflichtung gegenüber der PEN-Charta wahrnehmen kann, und ggfs. die notwendigen Konsequenzen zu ziehen“.

Inzwischen hat Jörg Bernig geprüft und ist zu folgender Einsicht gelangt:



"Sehr geehrte Frau Venske,

am 25. Mai erreichte mich über die Medien das 'Statement des PEN-Präsidiums zu Jörg Bernig'. Gestatten Sie mir, daß ich mich persönlich an Sie, als die Unterzeichnende, wende.

Was haben wir erlebt? Auf eine Ausschreibung der Stelle der Kulturamtsleitung in unserer sächsischen Kleinstadt Radebeul habe ich (wie über 50 andere auch) meine Bewerbungsunterlagen samt Ideen und Vorstellungen für kulturelle Vorhaben in unserer Stadt eingereicht. Nach einem sechsmonatigen Auswahlverfahren mit mehreren Vorstellungsgesprächen vor der Verwaltung der Stadt und vor den Stadträten blieben zwei Kandidaten übrig. In einer geheimen Wahl wurde ich am 20. Mai von den Stadträten zum Kulturamtsleiter gewählt. Nota bene: Ich habe mich um die Stelle beworben und bin nicht als ein Kandidat irgendeiner Partei nominiert worden.

Wegen meiner kritischen Beobachtung und Einlassungen zur Migrationspolitik der Bundesregierung und wegen der von mir kommentierten Rolle weiter Teile der Medien bei der Begleitung dieser Politik gibt es Stimmen der Irritation zu meiner Wahl.

Nun handelt es sich bei der erfolgten geheimen Wahl um einen Vorgang auf kommunaler Ebene. Und hier, in einer Kleinstadt, geht es nicht in erster Linie um Parteipolitik und schon gar nicht um Bundespolitik. Linke wie rechte parteipolitische Ausgrenzungen, die auf Bundes- und Landesebene praktiziert wurden, haben auf kommunaler Ebene nie gleichermaßen funktioniert. Auf ihr müssen wir einander begegnen, müssen wir einander annehmen und als Bürger und Bürgerinnen zusammenleben, wenn wir das Gemeinwesen befördern wollen. Es geht, sehr geehrte Frau Venske, bei dieser Frage nicht um das PEN- Präsidium und nicht um die PEN-Charta, der ich mich verbunden und verpflichtet weiß. Es geht um das Gemeinwesen und die Dienste, die das Kulturamt ihm anbietet. Ich sehe die Aufgabe eines Kulturamtsleiters darin, so viel Kultur in seine Stadt zu bringen, wie er nur kann.

Wir leben in einer schmerzlichen Zeit. Trennung, Spaltung, Riß – das sind gern herangezogene Wörter zur Beschreibung des Zustandes der Gesellschaft. Meine Hoffnung ist, daß wir einander auf dem kulturellen Feld mit Offenheit, Interesse und Anerkennung begegnen und damit der Zerrissenheit unserer Gesellschaft entgegensteuern. Es geht auch darum, was wir den uns Nachfolgenden vorleben und was wir ihnen hinterlassen: nicht wechselseitige Ausgrenzung, sondern die Suche nach Gemeinsamkeiten.

Um dies hier vor Ort in unserer kleinen Stadt befördern zu helfen, hatte ich mich beworben, die Leitung des Kulturamtes zu übernehmen. Nicht mehr, aber weniger auch nicht.

Es grüßt Sie Jörg Bernig
Radebeul, den 28. Mai 2020"



So weit, so vernebelnd und an den Vorwürfen des PEN vorbei. Bemerkenswerter ist, dass Regula Venskes Aufforderung Reaktionen hervorgerufen hat, die anderer Art sein dürften als die von ihr erhofften, und die die Frage aufwerfen, in welche Richtung sich der PEN seit dem Anwachsen von AfD, Pegida und anderer Formationen, gegen deren Ideologie sich die Charta des PEN explizit wendet, entwickelt hat. Eine Reihe von Autoren und Künstlern hat sich postwendend an den Radebeuler Oberbürgermeister gewandt, um dem gebeutelten Bernig zur Seite zu springen. Als Wortführer hat sich, wenig überraschend, Uwe Tellkamp zur Verfügung gestellt:


"Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Wendsche,

hiermit möchte ich Herrn Dr. Jörg Bernig meine Unterstützung ausdrücken. Kritische, von Gesetz und Meinungsfreiheit gedeckte Positionen zu unserer Einwanderungspolitik, zur Rolle bestimmter Medien und Politiker in der gesellschaftlichen Entwicklung der letzten Jahre sind kein Grund, seine persönliche und berufliche Integrität anzugreifen und damit zu versuchen, seine Berufung zum Kulturamtsleiter der Stadt Radebeul rückgängig zu machen. Demokratie ist kostbar und schwer errungen, sie ist ohne den offen und respektvoll geführten Streit um die besten Lösungen nicht denkbar. Das wissen gerade diejenigen, die, wie Dr. Bernig, 1989 dafür demonstriert haben. Zur Demokratie gehört es, Wahlergebnisse auch dann auszuhalten, wenn sie denen, die nicht gewählt worden sind, mißfallen.

Hochachtungsvoll
Uwe Tellkamp, Autor, Dresden

Mit:
Christian Thielemann, Chefdirigent der Sächsischen Staatskapelle Dresden
Sebastian Kleinschmidt, Autor, Mitglied des PEN, ehem. Herausgeber von 'Sinn und Form', Berlin
Vera Lengsfeld, Autorin, Bürgerrechtlerin, Berlin
Uwe Steimle, Schauspieler und Autor, Dresden
Susanne Dagen, Buchhändlerin, Verlegerin, Dresden

Dazu haben u.a. Unterstützung für Herrn Dr. Bernig mitgeteilt:
Angela Krauß, Schriftstellerin, Mitglied der Sächsischen Akademie der Künste, Leipzig
Friedrich Dieckmann, Autor, Mitglied der Berliner Akademie der Künste, Berlin
Utz Rachowski, Autor, Berlin
Jenny Schon, Autorin, Mitglied des PEN, Berlin"



Und wenn nun gefragt wird, was das eine mit dem anderen zu tun hat: Sebastian Kleinschmidt, Angela Krauß, Friedrich Dieckmann, Jenny Schon sind, wie Bernig, Mitglieder des deutschen PEN. Übrigens: es lohnt sich, deren Biographien zur Kenntnis zu nehmen, wenn man wissen will, wie man, unter dem Vorwand der Verteidigung von Meinungsfreiheit, dazu kommt, sich ausgerechnet für jemanden stark zu machen, der „mit wachsendem Befremden beobachtet, wie Deutschland durch die illegale Masseneinwanderung beschädigt wird“. Es geht ja nicht darum, irgendeine Meinung zu verbieten. Die Frage ist, ob jemand mit solch einer Meinung ein städtisches Kulturamt leiten soll. Die hier ablesbare Entwicklung war vorherzusehen, und sie wurde auch von einigen PEN-Mitgliedern prognostiziert. Wer die deutsche Geschichte kennt, tat sich damit nicht allzu schwer. Beruhigend freilich ist das nicht. Was sich da ankündigt, hat gerade erst angefangen. Frau Venske aber wird höflich darum bitten, zu prüfen. Für ein paar Schlagzeilen wird‘s reichen.

P.S.: Christian Thielemann hat seine Unterschrift mittlerweile zurückgezogen. Er sei unzureichend informiert gewesen.

Thomas Rothschild - 31. Mai 2020
ID 12272
Weitere Infos siehe auch: https://www.pen-deutschland.de/


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