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Fragt man Fachleute und Liebhaber nach dem bedeutendsten deutschen Theater-, Opern- oder Filmregisseur nach 1945, wird man gut ein Dutzend verschiedene Antworten erhalten. Anders beim Tanztheater. Es dürfte Einigkeit bestehen in der Einschätzung, dass Pina Bausch die Größte ist, dass keine und keiner das Tanztheater hierzulande so radikal und so nachhaltig erneuert hat. Aber auch im Ausland ist der Name eine Marke und wird in einem Atem genannt mit Gigantinnen der Gattung wie Isadora Duncan, Martha Graham oder Anne Teresa De Keersmaeker.

Von Pina Bauschs internationalem Ansehen zeugt auch die Tatsache, dass eine dicht bedruckte Monographie von mehr als 400 Seiten zugleich in deutscher und englischer Sprache erschienen ist. Dass deutsche Wissenschaftler in englischer Sprache publizieren, wenn sie im Ausland wahrgenommen werden wollen, ist nicht ungewöhnlich. Aber damit ein Buch in voller Länge in zwei Sprachen gedruckt wird, muss sich der Verlag schon einen gewissen Absatz jenseits der Grenzen versprechen (oder einen guten Draht zu Förderern haben).

Das Buch der Professorin für Tanz- und Performancestudien an der Universität Hamburg Gabriele Klein hat das Zeug in sich, für einige Jahre das Standardwerk über Pina Bausch zu bleiben. Der erste Versuch ist es nicht. So wurde zum Beispiel Pina Bausch and the Wuppertal Dance Theater. The Aesthetics of Repetition and Transformation von Ciane Fernandes nach dem Erscheinen des portugiesischen Originals im Jahr 2000 in mehrere Sprachen übersetzt.

Gabriele Klein betrachtet das Tanztheater der Pina Bausch, wie der Untertitel der deutschen Ausgabe ankündigt, als Kunst der Übersetzens. Diese terminologische Festlegung sollte man jedoch nicht überbewerten. Die Autorin widmet ihr zwar ein eigenes, aber das letzte, nachgestellte Kapitel vor dem „Schluss“. Fast könnte man auf die Idee kommen, sie wolle dem seinerzeit rituell wiederholten Vorwurf des Theorie- oder Methodenmangels in vorauseilendem Gehorsam begegnen. Oder handelt es sich um unabhängig von Pina Bausch entstandene grundsätzliche Überlegungen, die sie, da nun einmal ein dickes Buch in Arbeit war, einbauen wollte? Jedenfalls klingt der erhobene Anspruch komplizierter, als es seine Anwendung auf das Material erkennen lässt:


„Das Buch verhandelt eine Praxistheorie des Übersetzens. Es fragt nicht danach, was Übersetzung von oder im Tanz ist, sondern es zeigt auf, wie eine Tanzproduktion durch Übersetzungsprozesse charakterisiert ist. Dieses Wie richtet sich auf die Art und Weise des Übersetzens, also auf dessen Praktiken. Diese praxeologische Perspektive ist nicht nur neu für den kultur- und sozialtheoretischen Diskurs um Übersetzungstheorien, sondern auch für die Tanzforschung und wird in diesem Buch im Hinblick auf historische, kulturelle, mediale, ästhetische, interaktive und körperliche Aspekte vorgestellt.“


Voraus gehen dem Theorie-Kapitel ausführliche Beschreibungen der Stücke, des Ensembles, der Arbeitsweise sowie der Rezeption, darin ein paar knappe Gedanken zum Stand der Tanzkritik, dazwischen ein „close reading“ ausgewählter Soli, also all der Aspekte, die traditionell zur ambitionierteren Ballettpublizistik gehören. Dabei stellt sich auch für Gabriele Klein das Problem, dass Tanz noch schwieriger zu beschreiben ist als Sprechtheater. Abbildungen helfen bei der Veranschaulichung aus, aber das Handycap der Unbewegtheit können sie nicht überwinden.

Gerne zitiert Gabriele Klein Selbstaussagen der Choreographin, was sich anbietet, da diese sicher zu den reflektierteren Bühnenkünstlerinnen zählte – was man beim Tanz nicht unbedingt voraussetzen darf. Auch die Biographien von Pina Bausch und ihren Mitarbeiter*innen nehmen einen angemessenen Raum ein. Die eminente Relevanz des Bühnenbildners Peter Pabst etwa für die künstlerischen Ergebnisse wird gebührend gewürdigt.

Das Buch enthält ein umfangreiches Literaturverzeichnis, aber kein Register. Auf eine Überfrachtung mit Verweisen auf die Forschung verzichtet Gabriele Klein erfreulicherweise. Die Endnoten im Anhang anstelle von Fußnoten erleichtern die Lektüre. Die wird nur von einem übertroffen: vom Besuch eines Tanzabends von Pina Bausch. Ihre Stücke haben sie zum Glück überlebt.


Thomas Rothschild – 31. Juli 2020
ID 12377
Deutschsprachige Ausgabe: Pina Bausch und das Tanztheater

Englischsprachige Ausgabe: Pina Bausch´s Dance Theatre


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