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Noch gibt es sie, die Buchbesprechung. Der Begriff allerdings führt in die Irre. Was in den Medien als Buchbesprechung firmiert, ist im wesentlichen Textbesprechung. Es geht in der Regel nicht weit über das hinaus, was man im Schulunterricht Inhaltsangabe oder Nacherzählung nannte. Die Rezensenten geben mit eigenen Worten in Kurzfassung den Inhalt wieder, bleiben also fast immer hinter dem Rezensierten zurück. Manchmal fügen sie ein paar Sätze über Stil und Machart des Textes an und, weil die Redakteure das fordern, eine schematische und begriffsarme Wertung. Im Extremfall, der aber immer häufiger wird, brauchen sie gar keine Worte, sondern beschränken sich auf ein Sternchensystem oder eine Reihung. Bestseller- und Bestenlisten ersetzen die Kritik.

Ein Buch ist aber und war in seiner langen Geschichte weit mehr als eine Bleiwüste zwischen Buchdeckeln. Seit einem halben Jahrtausend gehörte die Illustration zu den Unverzichtbarkeiten der Buchkunst. Wenn heute noch illustriert wird, dann – außer im Kinderbuch – meist lieblos und ohne großen Aufwand. Wo die Illustration doch noch, neben Layout, Typographie und Einband, von erkennbarer Anstrengung zeugt, spricht man von bibliophilen Ausgaben, was streng genommen ein Unsinn ist: bibliophil ist der Leser, nicht das Buch. Das Buch kann sich ja nicht selbst lieben.

*

Solch ein vorbildlich gestaltetes und illustriertes Buch ist jetzt unter dem an Jules Verne angelehnten Titel In 80 Büchern um die Welt erschienen, und es handelt von eben dem, was es selbst ist: von Büchern, genauer: von Büchern über das Reisen. Der Titel des englischen Originals ist da präziser: Literary Journeys. Mapping Fictional Travels Across the World of Literature (dt.: Literarische Reisen. Kartierung fiktionaler Reisen quer durch die Welt der Literatur).

Es handelt sich aber nicht, wie man zunächst vielleicht vermuten mag, um eine Anthologie von Auszügen aus den 80 Büchern, sondern um Beschreibungen, die zur Lektüre erst einladen und Lust machen. Es beginnt, sinnfällig, mit Homers Odyssee und führt, mit Focus auf die europäische und amerikanische Literatur, über, unter anderem, Cervantes, Defoe, Laurence Sterne, Sir Walter Scott, Stendhal, Gogol, Melville, Jules Verne, Mark Twain bis zu Bram Stokers Dracula. Im zweiten Teil, übertitelt "Zeitalter des Reisens", begegnet man unter anderem Joseph Conrad, Jack London, James Joyce, Joseph Roth, William Faulkner, John Steinbeck und Anna Seghers. Der verwaschene, selbst postmoderne Begriff der Postmoderne muss herhalten für Vladimir Nabokov (wo beginnt eigentlich das Post?), Boris Pasternak, John Updike, J.M. Coetzee, aber auch W.G. Sebald. Im vierten Teil, Reisen in der Gegenwart, kommt die Auswahl tatsächlich in dieser, in der Gegenwart an mit Autoren wie Yann Martel, Cormac McCarthy oder Wolfgang Herrndorf. Es liegt in der Natur der Sache, dass einem hier vermehrt einzelne Namen fehlen, aber das ist unvermeidbar. Wer sich da in den Tipps zum Weiterlesen Abhilfe erhofft, fühlt sich freilich gefoppt. Es sind gerade sechs Titel, die den nicht genannten Herausgebern wohl im Nachhinein eingefallen sind. Auch die Verfasser der einzelnen, dort erwähnten Beiträge werden nur im Anhang genannt. Die Artikel selbst sind ungezeichnet. Offenbar wollte man den Eindruck der Einheitlichkeit verstärken, zu dem die Bilder beitragen. Die Scheinwerfer sind auf die Autoren der vorgestellten Bücher gerichtet. Deren Sekundärautoren sind da nicht so wichtig. Eigentlich sympathisch in einer Welt der Eitelkeiten.


Thomas Rothschild – 3. November 2022
ID 13893
wbg Theiss-Link zu In 80 Büchern um die Welt


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