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Noch bis zum 29. Juni 2014 - MUSEION, Bozen

HANNES EGGER

Hotel Cubo


Foto (C) Luca Meneghel

Hannes Egger sticht immer wieder mit seinen Projekten hervor. Zur Biennale 2011 in Venedig installierte er an der Kürsinger Hütte am Großvenediger eine Videokamera und stellte eine Verbindung zur Biennale her (s. Beitrag). Seine Projekte lassen immer wieder aufhorchen, weil er sich mit Zeit, Raum und Gesellschaft auseinandersetzt.

Sein neuestes Projekt lädt ein, in einem Kunstwerk zu übernachten! Hannes Egger macht es mit seinem Hotel Cubo möglich, eine ungewöhnliche Nacht im kleinen MUSEION in Bozen zu verbringen. Was war die Idee, was die Inspiration? Wir chatteten mit ihm...


* * *


Was war der Anlass dieses Projekt Hotel Cubo zu realisieren?

Hannes Egger:
Südtirol ist voller Hotels, der Tourismus ist ein wichtiger Wirtschaftszweig mit intensiver Strahlkraft nach Außen und Innen. Der Tourismus und das Tourismusmarketing beeinflussen und formen das Selbstverständnis, die Kultur und sogar die Landschaft. Hotels sind Orte der Bewegung. Die Offenheit, die heute in Südtirol allgegenwärtig ist, wäre ohne den Tourismus gar nicht möglich. In den 60er und 70er Jahren, wie der Tourismus zum Massentourismus wurde, kam es zu einer „stillen Revolution“ (der Terminus stammt von Paul Rösch, dem Direktoren des Touriseum, dem Museum für Tourismus in Meran) – plötzlich wurden neue Themen in das Land gebracht, dazu gehört zum Beispiel die Jugendzeitschrift Bravo, aber auch Gleichberechtigung und, etwas ganz entscheidendes, die Frauen kamen zu Geld, oft verdienten diese sogar mehr als ihre Männer in der Landwirtschaft. Das war etwas Neues in Südtirol.


Worum geht es in dem Projekt, und was ist Hotel Cubo?

H.E.:
Hotel Cubo nennt sich das Projekt, da es im „Cubo Garutti – kleines Museion“ angesiedelt ist. Das Projekt Cubo Garutti hat der italienische Künstler Albert Garutti bereits 2002 als „Kunst im öffentlichen Raum“ entworfen. Es handelt sich um einen kleinen 3x3m großen Ausstellungsraum, der zur Sammlung des Museion gehört und von diesem auch bespielt wird. Garutti hat einen Raum des damaligen Museion nachgebaut und in die Peripherie der Stadt gestellt. Seither ist es eingebettet in einem Innenhof von Wohnvierteln.


Wenn das kleine MUSEION zu einem Miniatur-Hotel umfunktioniert wird, kann der Besucher dann dort auch übernachten?

H.E.:
Jeder kann dort übernachten. Es reicht eine Mail an hotelcubo@museion.it zu schreiben. Der Raum ist für ein bis zwei Personen konzipiert und spartanisch eingerichtet. Die Glasfenster können mit Theatervorhängen verdunkelt werden.


Warum Stadtbesichtigung im Stadtviertel Don Bosco?

H.E.:
Im Vorfeld des Projekts habe ich eine künstlerische Forschung unternommen und mich mit der Geschichte und den Geschichten des Viertels auseinandergesetzt. Ich habe viele verschiedene Menschen aus dem Viertel getroffen, die mir von ihrem Lebensraum berichtet haben. Diese Informationen sind in den Audioguide eingeflossen, der die Straßen rund um das Cubo Hotel mit 22 Hörstationen bespielt.


Wenn forderst du auf, das Stadtviertel zu besichtigen, den Hotel-Besucher oder den Museumsbesucher?

H.E.:
Das Stadtviertel kann von den Hotel-Besuchern als auch von anderen Menschen besucht und begangen werden. Der Audioguide liegt in der „le petit bar“ in der Baristrasse 27 auf. Dort kann er ausgeliehen werden, um die Touristen- bzw. die Museumstour durch das Viertel zu machen. Das Projekt richtet sich an Touristen, aber auch v.a. an Einheimische. Don Bosco ist ein Wohnviertel, das im Zuge der Industrialisierung Bozens in den 30er Jahren entstanden ist. Lange Zeit war es ein beinahe rein italienischsprachiges Viertel, mit einer eigenen sozialen Struktur und einem eigenem Lebensgefühl.


Welche Rolle spielt der Audio-Guide?

H.E.:
Don Bosco kommt in keinem touristischen Stadtplan vor. Dort standen bis in die 90er Jahre die Semirurali-Häuser, gebaut vom faschistischen Regime vor dem Zweiten Weltkrieg. Italienischsprachige Arbeiter wurden dort nahe an der Industriezone angesiedelt. Es handelte sich damals um eine große stadtplanerische Vision mit klaren Zielen. Das Viertel wuchs sehr schnell. Touristen verirrten sich dort nicht hin. Das Viertel wird auch Shanghai genannt und ist gerne in den Schlagzeilen, wegen allem Möglichen.


Zwei Stadtführungen, die du persönlich führen wirst - bist du ein Teil des Audio-Guide?

H.E.:
Ich werde mit den Interessierten den Parcours abgehen und dabei auch einige „Informanten“ treffen, die selbst von ihrem Viertel erzählen werden. Für mich hat ein solcher Rundgang auch etwas Performatives – eine Gruppe von Menschen bewegt sich durch einen städtischen Raum und bricht damit das gewohnte Bild der Wohngegend.


Warum gerade das Stadtviertel Don Bosco?

H.E.:
Der Cubo Garutti steht in diesem Stadtviertel, und ich wurde eingeladen diesen zu bespielen. Von der Geschichte des Don Bosco Viertels habe ich bereits oben kurz beschrieben.




Stadtplan (C) Museion | Bildquelle http://www.museion.it



Im Stadtplan (s.o.) sind verschiedene Plätze angeführt - welche Rolle spielen sie?

H.E.:
Es sind z.T. Orte, die aufgrund ihrer Historie eine Bedeutung haben. Z.B. die Ausgrabungen einer mittelalterlichen Klosteranlage oder die Casa semirurali. Andere sind Orte, die für bestimmte Bewohnerinnen eine Wichtigkeit haben oder Symbol für etwas sein können.


Kommen die erwähnten Plätze in einem Tourismusführer vor?

H.E.:
Nein, das Don Bosco Viertel ist keine touristisches Gegend. Dort gibt es keine Hotels und keine touristische Infrastruktur, obwohl das Lebensgefühl von Don Bosco interessant ist. Gerade für SüdtirolerInnen aus den Dörfern und Tälern ist Don Bosco anders als ihr alltäglicher Lebensraum, ein Besuch im Viertel kann als ein Urlaub im eigenen Land verstanden werden, mit anderer Küche, anderer Architektur usw.


Ich kenne die Stadt Bozen, jedoch den Stadtteil Don Bosco nicht. Befindet sich das Viertel am Stadtrand oder in Zentrum Nähe?

H.E.:
Es liegt am Rande der Stadt, es ist die Peripherie, gelegen am Eisack, gegenüber der Industriezone. Die feuchten Böden wurden bis in die 30er Jahre maximal für Landwirtschaft genutzt. Die letzten Jahre wurde das Viertel in Richtung der Etsch erweitert, dort steht das neueste Stadtviertel Bozens (Kaiserau-Firmian).


Was ist das Ziel dieses Projektes, was soll es bewirken?

H.E.:
Es geht um Relationen und Begegnungsräume sowie um Erfahrungen. Der ursprüngliche Titel des Projekts war Hotel Experience. Wichtig ist eine Erfahrung zu machen, ein Erlebnis zu kreieren. Das Übernachten im Hotel als auch den Rundgang verstehe ich als solchen. Theoretisch ist für mich der Begriff des Museums wichtig, das ich mit der Arbeit abhandle. Die Installation zitiert nicht nur einmal das Museum und lässt es nach Außen gehen, macht den öffentlichen Raum durch den Audioguide zum Museum und bringt Menschen in die Installation – in das Kunstwerk. Sie werden Teil davon, sind PerformerInnen des Projekts, wenn sie im Hotel Cubo einchecken.




Foto (C) Luca Meneghel



Bewertung:    



Interviewerin: Christa Linossi - 8. Mai 2014
ID 7813
Wenn Sie jetzt Lust auf eine Nacht im Hotel Cubo bekommen haben, dann senden sie eine E-Mail an: hotelcubo@museion.it

Genießen sie den ungewöhnlichen Aufenthalt in Bozen, gespickt mit Kunst und interessanten Geschichten.


Weitere Infos siehe auch: http://www.museion.it


Post an Christa Linossi



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