Wie ein Pharao
zum Superstar
wurde
TUTANCHAMUN: Ein Immersives Abenteuer
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(C) Linus Harwig
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Bewertung:
Ohne die akribische Arbeit des britischen Fotografen Harry Burton (1879-1940) wäre eine Rekonstruktion eines der sensationellsten archäologischen Funde der Weltgeschichte nicht möglich gewesen. Er gehörte mit zum Team von Howard Carter und Lord Carnavon, die im Jahr 1922 die noch fast vollständig erhaltenen Grabkammern des ägyptischen Pharaos Tutanchamun fanden. Auf der Ausstellungswebseite von TUTANCHAMUN: Ein Immersives Abenteuer, das bis März 2026 in Köln-Ehrenfeld gezeigt wird, heißt es:
"Harry Burton [...] war 'Carters Auge und Gedächtnis'. Nur in Burtons Fotografien erlangte der Pharao wahre Unsterblichkeit. Exklusiv für die Ausstellung wurde diesen Bildern nun durch den Einsatz der Dynamichrome Kolorierungstechnologie neues Leben eingehaucht – eine Weltneuheit."
Der Fund kam damals gerade rechtzeitig, weil der Sponsor der Ausgrabungen nach Jahren der erfolglosen Suche buchstäblich kein Geld mehr in den (Wüsten-)Sand setzen wollte. Dies war definitiv der letzte Versuch. Carter beschrieb das Erlebnis damals so:
"Bald tauchten im Halbdunkel die Einzelheiten auf, seltsam anmutende Tiere, Statuen und Gold, überall glänzendes, schimmerndes Gold, eine ganze Kammer voller Dinge, wie wir sie noch nie gesehen hatten und wie sie schon seit mehr als drei Jahrtausenden niemand gesehen hatte. Staunend standen wir vor drei großen vergoldeten Betten mit merkwürdigen Tierköpfen und langgezogenen Körpern."
Nach Burtons qualitativ hochwertigen Aufnahmen wurden über 1.000 aus insgesamt rund 5.300 Objekten gewählt und fachmännisch als Repliken angefertigt. Die Grabkammern, die für die Ausstellung sorgfältig rekonstruiert wurden, waren mit Objekten prall gefüllt, ob das nun Nahrungsmittel, Gebrauchsgegenstände, Statuen von Dienern, Streitwagen oder prachtvolle Goldarbeiten waren. Tutanchamun wurde schon als Kind Pharao und erreichte nur ein Alter von18 Jahren, worauf man sich nach langer Zeit der Spekulation und Forschung geeinigt hat. Aus diesem Grund war sein Pharaonengrab noch nicht fertiggestellt. Deswegen fielen die ersatzweise verwendeten Grabkammern wohl etwas klein aus und es gibt Hinweise, dass einige der Grabbeigaben ursprünglich für jemand anderen vorgesehen waren. Der frühe Tod des Pharaos hatte die Menschen unvorbereitet getroffen.
Das „immersive Abenteuer“ beginnt ganz museal und wissenschaftlich mit Stellwänden und einem Film über Howard Carter und das archäologische Team, deren Beharrlichkeit und Kompetenz dadurch ersichtlich wird. Es handelt sich allerdings auch um sehr besondere Männer mit abenteuerlichen Lebensgeschichten. Danach gibt es einen Abriss über die frühe ägyptische Geschichte. Im nächsten Raum steht die Fundstätte im Vordergrund, die unterhalb einer Siedlung aus der Pharaonenzeit liegt und deshalb so schwer zu finden war. Die nachgestellten Nebenkammern vermitteln den Eindruck von dem, was Carter und seine Mannen vorgefunden haben.
Es folgt die Präsentation von kostbaren Objekten, die im Original aus Gold und anderen wertvollen Materialien bestehen, darunter der Streitwagen des Pharaos und sein reich geschmückter Thron. Weitere Höhepunkte sind die vier ursprünglich ineinander gestellten Sarkophage, in denen die Mumie des Pharaos eingebettet war. Die darauf befindliche strahlende Goldmaske des Tutanchamun wurde weltberühmt, wie auch die beiden gekreuzten Hände mit den königlichen Insignien.
Die Rätsel um den jugendlichen Pharao sind längst nicht alle gelöst, aber er und seine Geschichte beflügeln die Fantasie vieler Menschen. Heute weiß man gesichert, dass er an Malaria litt und verschiedenen anderen Krankheiten. Als weitere Todesursache werden auch mehrere Brüche seiner Beine angesehen, die er sich möglicherweise bei einem Unfall mit einem Streitwagen zugezogen hat. Er verfügte über keine stabile Gesundheit, vermutlich auch wegen des Inzests, den seine Vorfahren begingen, um ihr göttlich-königliches Blut rein zu halten. Tutanchamun entführt uns in eine Zeit um 1332 bis 1323 v.Chr., als in Ägypten eine Hochkultur herrschte, die uns heute noch staunen lässt. Die Hieroglyphen, die Steinmetz- und andere Handwerkskünste sind bemerkenswert und auch wenn es in der Ausstellung „nur“ Repliken sind, gewinnt man einen nahezu authentischen Eindruck.
Das ersetzt keinesfalls einen Besuch in einem Ägyptologischen Museum, aber es ist schon ein Überblick, der tiefgehend genug ist, um allgemeine Kenntnisse zu vermitteln. Es wird kaum Plexiglas verwendet, sodass die Exponate – bitte nicht wörtlich verstehen – zum Greifen nah sind, darunter auch Figurinen von etlichen Gottheiten aus der ägyptischen Mythologie. Anubis, dargestellt als schwarzer Hund oder Schakal, ist der Gott der Totenriten und Mumifizierung. Er bewacht das goldene Gehäuse, in dem sich die Eingeweide Tutanchamuns befinden, die vor seiner Mumifizierung entfernt werden mussten. Der Totenkult spielte eine große Rolle und dem jungen Pharao fehlt es an keinen materiellen Gütern, um im Jenseits bestehen zu können.
Im immersiven Teil der Ausstellung können die Besucher Tutanchamun und seine Zeit im 360 Grad Panoramablick erleben und in die Klangwelten des Komponisten-Teams Bleeding Fingers eintauchen. Die Mischung aus Information und Unterhaltung ist insgesamt gelungen und der Schauwert ein beträchtlicher.
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Die Veranstalter sind Cofo-Entertainment aus Passau, die schon am selben Ort in Köln die Ausstellung über Banksy und die Titanic organisiert haben. Tutanchamun wird zusätzlich von Semmel Exhibitions aus Bayreuth veranstaltet, und als Kurator war Wolfgang Wettengel tätig.
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Tutanchamuns Thron ist reichlich verziert und bemalt | (C) Linus Harwig
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Helga Fitzner - 27. September 2025 ID 15479
https://www.tut-exhibit.com/de/locations/cologne/
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