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Ausstellung

Der Zauber

des Augenblicks



Cover des Ausstellungskatalogs zu Christine de Grancy - Sturm und Spiel. Theaterphotographie

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Das Spektrum der fotografischen Genres ist breit. Die Porträtfotografie hat mit der Kriegsfotografie, die Modefotografie mit der Sportfotografie, die Landschaftsfotografie mit der Tierfotografie nicht viel mehr gemeinsam als den Apparat, mit dem sie ihren Gegenstand bannt. Die Theaterfotografie ist, wie die Jazzfotografie, eine Metakunst, Kunst über Kunst. Ihr besonderer Reiz besteht darin, dass sie den Augenblick innerhalb eines flüchtigen Vorgangs festhält und für eine Zukunft aufbewahrt, in der, was sie zeigt, ohne sie zu vergessen, jedenfalls nicht zu veranschaulichen wäre. Aber gerade durch den erstarrten Moment ist die Theaterfotografie auch eine Kunstform für sich. Sie erlaubt einen Blick auf das Theater, den das Spiel in seinem Ablauf verhindert. Sie verwandelt Zeit in eine potentielle Ewigkeit.

Theaterbesucher kennen, wenn sie deren Namen überhaupt beachten, die Fotografen am Ort, die mit den in Schaukästen und Foyers ausgehängten Fotos die aktuellen Inszenierungen begleiten. Dann gibt es aber auch die überragenden Persönlichkeiten des Genres, die über ihren Standort hinaus bekannt sind. Denn auch unter den Theaterfotografen gibt es Qualitätsunterschiede. Christine de Grancy gehört zu den Meisterinnen des Fachs. Sie hat im Lauf der Zeit ganz unterschiedliche Motive fotografiert und in Bildbänden publiziert, unter anderem aus fernen Ländern, die sie – darin den Spuren ihrer eine Generation älteren Landsfrau Inge Morath folgend – bereist hat. Aber die Theaterfotografie, die sie während der Intendanz von Achim Benning in der ersten Hälfte der achtziger Jahre an den Spielstätten des Burgtheaters, auch auf dessen Tourneen, gepflegt hat, macht einen Höhepunkt ihrer Arbeit aus. Das THEATERMUSEUM WIEN gegenüber der Albertina widmet ihr in zwei Räumen eine Ausstellung.

Der aufwendige Katalog kostet 38 Euro. Seinen Nachteil machen die Fotos deutlich, die eine ganze Seite oder sogar eine Doppelseite einnehmen: die übrigen Fotos sind einfach zu klein. Der Vorzug gegenüber der Ausstellung ist, abgesehen davon, dass er über deren Öffnungszeit hinaus erhältlich ist (sie kann noch bis zum 7. November besucht werden), dass man die mit handschriftlichen Kommentaren versehenen Bilder, die Christine de Grancy – aus Raummangel im kleinen Museum? – wie Kalenderblätter über einander gehängt hat, nicht im Stehen, mit wartenden Besuchern im Rücken betrachten muss. Dieses Ausstellungskonzept verführt zur Oberflächlichkeit, zum „zerstreuten Sehen“. Das Buch gönnt den Fotos die Dauer der Wahrnehmung, die sie verdienen.

Da darf er wieder auferstehen, der großartige Lieblingsschauspieler von Gert Voss Norbert Kappen, der sich mit 56 Jahren erschossen hat. Da sitzt Wolfgang Gasser Jahre vor seinem sensationellen Erfolg in Thomas Bernhards Heldenplatz in Klaus Pohls Das Alte Land neben dem Wiener Publikumsliebling Fritz Muliar. Da kann man an eben diesem Muliar und an dem späteren Staatssekretär für Kunst und Medien Franz Morak die authentische Mimik und Gestik der Nestroy-Tradition studieren. Und da sieht man, kurz vor dem Ende, Michael Heltau als Onkel Vanja und Regina Fritsch als Sonja am Schreibtisch und hört förmlich ihr verzweifeltes „Wir werden ausruhen!“

Für den theaterhistorisch Interessierten oder auch nur für den „normalen“ Zuschauer, der seinem Gedächtnis nachhelfen will, hat der Band über die Fotos hinaus einen großen Vorzug: Er enthält die Besetzungslisten und Kurzbeschreibungen der abgebildeten Stücke. Die bange Frage also, „wer hat damals den Jascha im Kirschgarten gespielt“, wird hier ohne langwierige Recherchen beantwortet.



Josefin Platt, Helmut Lohner und Attila Hörbiger in Der Kirschgarten von Anton Čechov, Burgtheater, 1983 | © Christine de Grancy

Thomas Rothschild – 28. Oktober 2022
ID 13876
Weitere Infos siehe auch: https://www.theatermuseum.at


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