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Berlinale Eröffnungsfilm

Snow Cake

R: Marc Evans, GB/Kanada


Das Essen von Schnee ist eine Lieblingsbeschäftigung der Autistin Linda (Sigourney Weaver), die von ihrer Tochter gehört hat, dass ein Orgasmus fast so gut ist wie das Schmelzen der weißen Flocken im Mund...

Der diesjährige Eröffnungsfilm der Berlinale nimmt sich großer Themen an: Trauer, Krankheit, Angst vor Nähe und der unaufgearbeiteten Vergangenheit seines männlichen Hauptdarstellers, der durch seine Erlebnisse in dem kanadischen Städtchen Wawa vielleicht endlich zur Ruhe kommen könnte.

Der Film beginnt mit der Katastrophe: Der Engländer Alex (Alan Rickman) nimmt im verschneiten Kanada ein junges, redseliges Mädchen in seinem Wagen mit. Gerade als sich zwischen den beiden eine gewisse Sympathie entwickelt, wird die anfängliche Beschaulichkeit abrupt beendet. Ein Truck rammt Alex Wagen: Das Mädchen stirbt. Alex, der nur mit einem Kratzer davon gekommen ist, macht sich noch unter Schock auf den Weg zu ihrer Mutter, um sein Beileid auszudrücken. Er ist nicht auf die autistische Linda gefasst, die auf Grund ihrer Krankheit ihre Trauer nicht auf herkömmliche Weise zeigt und ihn kurzerhand zum Bleiben bewegt. Alex verspricht schließlich, bis zum Begräbnis in Wawa zu bleiben und sich um alles zu kümmern. Bald lernt er auch Lindas Nachbarin (Carrie Ann Moss) kennen, es entspinnt sich eine kleine Liebesgeschichte. Erst nach und nach erfährt er, an welcher Krankheit seine Gastgeberin leidet und zwischen den beiden entwickelt sich eine vorsichtige zwischenmenschliche Beziehung.


Regisseur Marc Evans präsentiert mit „Snow Cake" Gefühlskino vom Feinsten, ein bisschen a lá „Nell“, traurig, komisch und berührend zugleich. Die Tränen drücken an den richtigen Stellen, dazwischen kann man befreit auflachen. Und dennoch: Teilweise fügt sich für Alex alles ein bisschen zu gut. Warum akzeptiert die mißtrauische Linda den Mann sofort, der vor ihrer Tür steht, um ihr vom Tod ihrer Tochter zu erzählen, während sie normalerweise nicht einmal mit ihrer Nachbarin kommunizieren will? Wieso fliegen überhaupt alle Frauen, die im Film eine Rolle spielen, förmlich auf den eher unscheinbaren Unglücksboten? Natürlich spielt bei der ersten Frage die Krankheit der Protagonistin eine Rolle. In erster Linie scheint ihr wichtig zu sein, dass der Müll wie sonst (von jemand anderem als ihr) dienstags rechtzeitig auf die Straße gestellt wird. Ihre Trauer zeigt sich erst später, in einzelnen, wirkungsvollen Szenen. Spannend ist, dass die autistischen Züge Lindas nicht erklärt werden, die Krankheit einfach „da“ ist und sich, neben ihrem ungewöhnlichen sprachlichen und körperlichen Ausdruck, in ausgearbeiteten Details zeigt: Niemand außer ihr darf ihre Küche betreten, der Hund muss von jemand anderem versorgt werden und der geringste Schmutz auf dem Wohnzimmerteppich verursacht bei ihr eine innere Katastrophe. Alex scheint ein Mann zu sein, der gelernt hat, die Dinge so zu nehmen, wie sie sind. Hier kommen sich die beiden Hauptdarsteller in unbefangenem Spiel menschlich näher - bis Alex sogar einen eigenen, abgegrenzten Bereich in Lindas Küche zugewiesen bekommt.

Warum der Film allerdings eine Liebesgeschichte braucht, bleibt unklar. Fast wirkt sie zwanghaft eingefügt wie ein notwendiges Versatzstück für den gefühlvollen Film, ohne der nichts mehr geht. Auf der anderen Seite punktet Alex mit Sympathiewerten: Den „Alienstatus“ den er nicht zuletzt wegen seines Akzents in dem Städtchen genießt, lässt man ihn daher auch gerne auskosten. Seelische und körperliche Nähe, ein neuer Zugang zu Alltäglichkeiten und alten Problemen: Alex scheint in Wawa alles zu finden, was er so lange vermisst hat.


Die Konzentration auf das Spiel zwischen den beiden Protagonisten hätte jedoch gereicht: Hier wäre genug Stoff dagewesen, um dem Film Tiefe zu geben. Den Zuschauer erwartet in jedem Fall Kino, das fast alles bedient, eine emotionale Berg- und Talfahrt, die durch ihre Nebenhandlungen aber manchmal zu sehr an der Oberfläche bleibt.


friederike schwabel - red.-berlin / 10. Februar 2006
ID 00000002245
SNOW CAKE
Großbritannien, Kanada, 2006, 112 min
Regie: Marc Evans
Darsteller: Alan Rickman, Sigourney Weaver, Carrie-Anne Moss
Berlinale-Sektion: Wettbewerb


Weitere Infos siehe auch: http://www.berlinale.de






 

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