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Filmkritik

Die Freiheit

der Liebe



Bewertung:    



Der Raum ist gerade mal 9 Quadratmeter groß, doch für den vierjährigen Jack (Jacob Trembley) bedeutet er die Welt, denn er kennt nichts anderes. Seine Ma (Brie Larson) kümmert sich dort liebevoll und beschützend um ihn und gaukelt ihm bewusst vor, dass nur der Raum existiere und die „Welt“ jenseits der Dachluke und im Fernsehen nur Illusion sei. Jack vermisst nichts und ist glücklich, doch er wird älter und stellt immer mehr Fragen. An seinem fünften Geburtstag beginnt Ma behutsam, ihm die Wahrheit zu erzählen, doch Jack wünscht sich nur, wieder vier zu sein. Als er eines Nachts aus seiner Schlafkabine herausklettert, um sich den nächtlichen Besucher anzuschauen, der bei seiner Ma im Bett liegt, gerät diese in Panik. Sie entwickelt einen Plan zur Flucht, bei dem Jack der Hauptbeteiligte ist und den er nicht versteht.



Jack (Jacob Trembley) glaubt, dass es jenseits der Dachluke keine Welt gibt | © Universal Pictures International Germany GmbH


Der Film Raum des irischen Regisseurs Lenny Abrahamson basiert auf dem gleichnamigen Buchbestseller von Emma Donoghue, die auch das Drehbuch schrieb. Sie war inspiriert von Entführungsfällen, in denen Frauen gefangen gehalten wurden und in dieser Zeit Kinder von ihrem Entführer bekamen (namentlich der Fall Elisabeth Fritzl). Sie fragte sich, wie eine solche Frau damit umgehen würde und ersann eine Figur, die aus Mutterliebe ihrem Kind eine heile Welt vorspielt und alles Böse von ihm fernhält. Sie schildert die Geschehnisse weitgehend aus der Perspektive des Kindes, das die Dinge zunächst hinnimmt, ohne sie zu hinterfragen. Für Jack sind Eierschalen und eine Schnur ein wunderbares Spielzeug. Die eingeschränkte Sicht des Fünfjährigen führt dazu, dass sich der Zuschauer die Geschehnisse zusammenreimen muss, was sehr spannungsfördernd ist.



Jack (Jacob Trembley) und Ma (Brie Larson) spielen mit Eierschalen | © Universal Pictures International Germany GmbH


Jack kann kaum glauben, dass seine Ma mit 17 Jahren entführt wurde und sich seit sieben Jahren in Gefangenschaft befindet. Nun muss er – gerade mal fünf Jahre alt geworden – einen Fluchtversuch unternehmen und Hilfe holen. Er ist von der Dringlichkeit überwältigt, die seine panische Ma an den Tag legt, denn er weiß nicht, dass er das Interesse des Entführers geweckt hat. Sie erzählt ihm von dem schönen Leben da draußen, von ihren Eltern und der Hängematte im Garten, um ihm die Außenwelt schmackhaft zu machen. Es kommen dann schon sehr viel glückliche Zufälle zusammen, dass die Befreiung tatsächlich gelingt, doch nun beginnt ein neues Leben für beide, das seine Schwierigkeiten aufweist. Ma, die eigentlich und ironischerweise Joy heißt, verkraftet die Umstellung nur schwer. Ihre Eltern haben sich inzwischen scheiden lassen, und ihr Vater (William H. Macey) kann Jack nicht akzeptieren. Er sieht in ihm nur das Kind des Entführers, vor dem er seine Tochter nicht bewahren konnte. Joys Mutter ist Jack dankbar, dass er ihre Tochter gerettet hat und ist in der Lage, den kleinen Kerl zu lieben. Die Medien reißen sich um den Fall und erkennen nicht die enorme Leistung der jungen Frau, die selbst noch Teenager bei der Geburt, ihr Kind so behütet hat aufwachsen lassen. Jack beobachtet seine Ma beim Interview, in dem sie nach seinem Vater gefragt wird. Sie sagt, dass Jack ihr Sohn sei und keinen Vater habe. Das ist auch für Jack stimmig. Der leidet aber auch und will in seine enge Schlafkabine im Raum zurück. Das ist die Welt, in der er sich wohl fühlt und in der seine Ma auch 24 Stunden am Tag verfügbar war. Nun erlebt er Zeiten der Abwesenheit von seiner Mutter. Besonders die Zeit, in der seine Mutter im Krankenhaus liegt, fällt ihm schwer. Doch auch seine Großmutter (Joan Allen) schützt ihn und verheimlicht ihm, dass seine Ma einen Selbstmordversuch unternommen hat. Sie muss jetzt alles verarbeiten, was ihre Psyche ausgeschaltet hatte, um im Raum überleben zu können.



Jack (Jacob Trembley) und Ma (Brie Larson) genießen die Freiheit | © Universal Pictures International Germany GmbH


Wie schon im Raum siegt am Ende die Liebe und das Leben. Brie Larson wusste, dass sie für die Rolle zumindest am Anfang eine sehr mitgenommene körperliche Ausstrahlung haben musste, die im Gegensatz zur schönen Illusion für ihren „Sohn“ stand. Sie nahm ab, verzichtete auf Sonne, soziale Kontakte und übte sich in selbst gewählter Abgeschiedenheit in Routine und Monotonie, um in „Mas emotionalen und spirituellen Schockzustand“ zu kommen. Dies gelang ihr so überzeugend, dass sie dafür mit Preisen überschüttet wurde, u.a. mit dem Oscar, dem Golden Globe und dem BAFTA . Raum zeigt anschaulich, wie schwer es sein kann, sich von Vertrautem zu lösen, auch wenn es die totale Unterdrückung und Unterwerfung ist. Es wird aber auch deutlich, dass eine innere Kraft im Menschen auch mit den aussichtslosesten Situationen zurecht kommen kann. Letztendlich ist Raum eine Liebeserklärung an die Liebe selbst, die eine Freiheit bedeutet, die uns keiner nehmen kann. So gelingt unseren beiden Protagonisten nach schweren Krisen der Aufbruch in ihr neues und befreites Leben.


Helga Fitzner - 16. März 2016
ID 9206
Weitere Infos siehe auch: http://www.raum-derfilm.de/


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