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Rezension

Mutter ist die Beste (I)

Eine zerrisse Adoleszenz, sehr heiter serviert - die französische Komödie Maman und ich



Bewertung:    



„Die Jungs und Guillaume zu Tisch!“ ruft Gaulliaumes dominante Mutter, wenn sie ihre drei Söhne an den großbürgerlichen Esstisch zitiert. Schon dadurch, dass die geliebte wie gefürchtete Maman ihren jüngsten Spross stets gesondert erwähnt, macht sie kenntlich, dass sie in ihm keinen richtigen Jungen bzw. Mann erkennen kann. Und tatsächlich ist der schmächtige, feinsinnige Guillaume ein Außenseiter – nicht nur in seiner von Standesdünkel geprägten Familie, sondern auch in seinem bourgeoisen Umfeld. Während Guillaumes Mutter sich scheinbar in das Unvermeidliche gefügt und mit der Homosexualität ihres Jüngsten arrangiert hat, hat Gulliaumes Vater kein Verständnis für dessen starke feminine Ader. Er schickt den Filius auf ein Internat, wo er wie befürchtet von seinen Mitschülern hart rangenommen wird. Besser ergeht es Guillaume auf einem englischen College, wo er als französischer Schöngeist ein natürlicher Exot ist und erste Schwärmereien und Liebeskummer erlebt. Die Annäherung an die schwule Männerwelt wecken indes wenig Hoffnung, dass Guillaume seine Schüchternheit und Unsicherheit stärker in den Griff bekommen wird, um ein glückliches, selbstbestimmtes Leben führen zu können. Und dann, nach etlichen Therapieversuchen und Gesundheitskuren, trifft Guillaume die überraschende Erkenntnis: Ich bin zwar anders als alle Anderen denken, aber eben nicht so, wie sie denken.




Manan und ich - Foto (C) Concorde Filmverleih

Manan und ich - Foto (C) Concorde Filmverleih

Manan und ich - Foto (C) Concorde Filmverleih



Dass Guillaume ständig für schwul gehalten wird, weil er weniger "männlich", sondern sensibler und kunstsinniger ist als seine Geschlechtsgenossen, führte beim echten Guillaume Galliene zu einer Identitätskrise, die er mittels Humor bewältigte – und mittels künstlerischer Verarbeitung. Insofern laufen Vorwürfe, dass Galliene komisch ist, wo doch das Thema auch viele tragische Aspekte bereithält, ins Leere. Denn Komik ist keine minder intellektuelle (und manchmal auch effektive) Waffe gegen Stigmatisierung und Ausgrenzung wie eine argumentativ unterfütterte Anklage. Sie bedient sich nur anderer Mittel, um die Ungerechtigkeit und Kleingeistigkeit des sozialen Umfeldes aufzudecken, wie man bei Till Eulenspiegels Streichen nachlesen kann, die eines der wenigen deutschsprachigen Pendants der französischen Art der Gesellschaftskomödie sind. Über drei Millionen französische Kinobesucher danken es Galliene, der sich mit der Verfilmung seines eigenen Schicksals endgültig als Star etabliert hat.

Denn der temporeiche, burleske Film basiert auf einer autobiografischen Ein-Mann-Theatershow, in der Galliene bereits – wie jetzt auch auf hinreißende Art in Film – sowohl sich selbst als auch seine Mutter spielte. Eine Travestie, die keineswegs albern oder bemüht, sondern sehr witzig wirkt, weil Galliene sich stark darauf bezieht, dass er seiner Mutter schon immer sehr ähnlich war und sie perfekt imitieren konnte. Der Film profitiert auch von Gallienes auf der Bühne erworbenen Raffinesse beim punktgenauen Setzen von Pointen, die teils in so rascher Folge abgefeuert werden, dass jeder Boulevardautor seine Freude daran hätte. Gallienes literarische Vorlage war eher eine kleine, mit viel spöttischem und schwarzem Humor getränkte Skizze (die jetzt auch als schmales rororo-Taschenbuch für knapp zehn Euro auf Deutsch erscheinen ist, Maman und ich, ISBN 978-3-499-26905-9). Als Drehbuchautor und Regisseur hat Galliene seine Bühnenshow mit vielen filmischen Einfällen aufgepeppt und eine spielfreudige Besetzung für die Nebenrollen engagiert (zu der von deutscher Seite Diane Krüger und Götz Otto als Kurmasseure zählen). Vor allem aber kann sich Galliene auf sein eigenes komödiantisches Talent und seinen bissigen Sprachwitz verlassen: „Maman, ich bin nicht schwul, denn ich bin deine Tochter, die sich von einem Jungen angezogen fühlt. Mehr hetero geht doch gar nicht!“


Max-Peter Heyne - 6. Juni 2014
ID 7891
Weitere Infos siehe auch: http://www.mamanundich-derfilm.de


Post an Max-Peter Heyne



 

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= schon gut


= geht so


= na ja


= katastrophal

 


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