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Französisches Kino

Heute bin ich Samba – aber morgen kann schon alles vorbei sein in dieser wunderbar wendungsreichen französischen Komödie



Bewertung:    



Die neue Tragikomödie des französischen Regie-Drehbuch-Duos Olivier Nakache und Eric Toledano hat nicht nur denselben charismatischen Hauptdarsteller (Omar Sy) wie ihr Vorgängerfilm Ziemlich beste Freunde. Auch beim Thema, im Tonfall und im Tempo ähnelt Heute bin ich Samba dem Überraschungserfolg von 2012/2013 (und auch dem von Monsieur Claude in 2015). Wieder verpacken Nakache und Toledano ernste Themen wie Immigration, Leben in der Illegalität und Alltagsrassismus in der französischen Hauptstadt auf sehr unterhaltsame, turbulente Weise, wieder bieten sie eine attraktive Mischung aus hintersinnigem und schrillem Humor.

Dieses Mal gibt es außer Omar Sy auch noch einen weiblichen Star, nämlich Charlotte Gainsbourg, und also eine Love-Story, die zu den originellsten gehört seit der John Le Carré-Verfilmung Der ewige Gärtner (2005). Auch in diesem Politthriller zogen sich die Gegensätze an, deren Leidenschaft füreinander eine katalytische Wirkung auf private wie politische Verkrustungen hatte. Bei Heute bin ich Samba verfallen die Hauptfiguren einander ebenfalls bei der ersten Begegnung. Er, das ist der der aus dem Senegal stammende, ohne offizielle Aufenthaltsgenehmigung in Paris lebende Samba (Sy), der eines Tages nach einer Polizeikontrolle in Abschiebehaft sitzt. Sie, das ist Alice (Gainsbourg), die während ihrer steilen Businesskarriere zur aggressiven Menschenschinderin wurde, bevor sie dem Burn-Out-Syndrom zum Opfer fiel. Quasi als Buße für ihr verfehltes Turboleben muss Alice soziale Dienste leisten und sitzt als Assistentin einer Menschenrechtsanwältin (Iz’a Higelin) eines Tages Samba gegenüber.

Seinen frechen, selbstbewusst-unverfrorenen Charme, den Omar Sy in Ziemlich beste Freunde bereits überzeugend ausgespielt hat, nutzt er auch in dieser Geschichte. Und so kann der Zuschauer ohne weiteres nachvollziehen, dass die trübsinnige Alice gleich am ersten Tag beim ersten Fall in ihrem neuen Job alle Regeln der Distanzwahrung gegenüber Klienten in den Wind schießt und sich hemmungslos in Samba verknallt. Auch der warmherzige, dunkelhäutige Riese ist nicht so cool, wie er es gerne hätte und kann Alice während der Zeit in der Asylverwahrung nicht aus dem Kopf bekommen.

Damit der Film nicht zur Schmonzette verkommt, behelfen sich Nakache und Toledano mit einem dramaturgischen Trick, der zunächst sehr geschickt, aber im weiteren Verlauf doch etwas mühsam erscheint: Sie lassen Alice und Samba einfach nicht zueinander kommen, selbst dann nicht, als die äußeren Möglichkeiten dies ermöglichen. Immer geht im entscheidenden Moment etwas schief, und das Rendezvous platzt.

So witzig dieser Hindernisparcours geraten ist, betont er die Konstruiertheit der Liebesgeschichte leider stärker als dass er sie abschwächt. Aber dafür haben sich Nakache und Toledano wieder sehr viele wunderbare Szenen einfallen lassen, die dem Zuschauer zumindest einen lebhaften Eindruck davon verschaffen, wie es jemandem ergeht, der sich in einer prekären Lebenssituation bewähren muss. Nur ist dieser Jemand diesmal kein körperlich Versehrter wie bei Freunde, sondern ein ständig von Inhaftierung und Abschiebung bedrohter Asylsuchender, der sich nie wirklich frei in der Gesellschaft bewegen kann, Demütigungen und Erniedrigungen ausgesetzt ist und seine Identität bis zur Selbstverleugnung verschleiern muss.

Die Liebe zum Detail in der turbulenten Geschichte sei an einem Beispiel illustriert: Eines Tages haben Samba und sein (vermeintlich aus Brasilien stammender) Kumpel Wilson (Tahar Ramin) wieder einmal einen Gelegenheitsjob erhalten und arbeiten beim Bau. Plötzlich droht eine Polizeirazzia, beide flüchten über das Dach des Altbaus, der renoviert werden soll. Nach dem Verlust der Schuhe versuchen Wilson und Samba verzweifelt, in eine der piekfeinen Wohnungen bzw. in das Haus zu gelangen, um nicht kontrolliert und verhaftet zu werden. Eine verschreckte Reinigungskraft gewährt den Beiden schließlich die Flucht, nachdem Wilson urplötzlich fließendes Arabisch mit ihr spricht. Auf diese Weise stellt Samba fest, dass auch sein bester Freund keineswegs der ist, für den er sich vor allem gegenüber den Pariser Frauen ausgibt.

Es ist dies eine der vielen gelungenen Szenen, die auf dem schmalen Grat zwischen Tragik und Komik hin und her schwanken und für humorvolle Verblüffung sorgen, ohne dass deswegen die Brisanz der gewählten Rassismus- und Asylthematik ganz im Hintergrund verschwinden würde. Eine Portion Krimispannung ergibt sich dadurch, dass Samba sich nicht nur vor der Polizei in Acht nehmen muss, sondern auch vor einem ehemaligen Mithäftling aus dem tristen Asylantengefängnis, mit dessen Freundin sich Samba törichterweise eine Affäre geleistet hat. Letztlich gönnen die beiden Erfolgsautoren und –regisseure ein Happy End – vielleicht bewusst märchenhaft inszeniert.



Heute bin ich Samba - Foto (C) Gaumont Distribution

Max-Peter Heyne - 25. Februar 2015
ID 8464
Weitere Infos siehe auch: http://www.senator.de/movie/samba


Post an Max-Peter Heyne



 

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