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Rezension

Filmstart: 22. Mai 2014

Enemy (CDN/E 2013)

Regie: Denis Villeneuve



Zwei sind einer zu viel (2)

Enemy ist nichts weniger als ein Meisterwerk – aber eines, das dramaturgisch auf ganz leisen Sohlen daher kommt, so wie eine Spinne unmerklich ihr komplexes Netz aufbaut. Und Enemy wirkt wie ein Kammerspiel, obgleich doch etliche Außenaufnahmen der kanadischen Metropole Vancouver zu sehen sind. Doch die fallen nicht ins Gewicht, denn im Wesentlichen wird in diesem Thriller die Innenwelt eines (?) Mannes gespiegelt, der mindestens kurz vor der Schizophrenie steht. Das ist nun beileibe keine neue Idee, sondern existiert seit der Stummfilmzeit bereits als Subgenres der Doppelgängerfilme (Der Student von Prag, 1913). In den letzten Jahren haben dann vor allem Regisseure, die selbst einen Hang zu schrägen Gedanken haben, wie David Lynch (Inland Empire), Lars von Trier (Antichrist) oder David Cronenberg (Spider) den Geschichten vom gespaltenen Ich etliche Psycho-Innenweltdramen hinzugefügt, die in den USA vulgär als „mindfuck movies“ bezeichnet werden. Enemy ist so ein Kopffi… erster Güte, mit dem es Regisseur Denis Villeneuve (Prisoners, 2013) fertig bringt, aus einer relativ überschaubaren Grundsituation eine Menge verstörender Motive – und Bilder! – herauszuziehen.




Enemy - Foto (C) Capelight Pictures



Nachdem der Zuschauer von Villeneuve mit alptraumhaften Bildern eines düsteren Stripteaseclubs, in dem schöne Frauen gaffenden Männern nicht nur ihre Körper, sondern auch Vogelspinnen auf Silbertabletts servieren, angefixt worden ist, wird die Geschichte des Protagonisten erzählt, der aufs erste Hinsehen denkbar langweilig wirkt. Der von Jake Gyllenhaal (Zodiac) betont phlegmatisch und verwuselt interpretierte Geschichtsprofessor Adam hat inmitten eines leidenschaftslos geführten und in Routineabläufen erstarrten Lebens eines Abends ein überraschendes Erlebnis: Kaum hat er sich zum ersten Mal im Leben eine DVD mit einem Kinofilm ausgeliehen (über den er zunächst einschläft), meint er, in einem der Komparsen sich selbst zu erkennen. Adam braucht nicht lange, um herauszufinden, dass der kanadische Schauspieler ebenfalls in Vancouver wohnt. So wagt es Adam, Kontakt mit ihm aufzunehmen, hat aber erst einmal dessen hochschwangere Freundin an der Strippe. Es kostet Adam einige Mühe, den Mann, der ihm so verblüffend ähnlich sieht, davon zu überzeugen, dass er, Adam, kein Spinner ist. Apropos: Spinnen, die in der Psychoanalyse oft als angstbesetzte Symbole vor einer alles verwebenden Allmacht (z.B. von Müttern) gewertet werden, tauchen von da an in den verschiedensten, zunehmend schockierenden Formen auf.




Enemy - Foto (C) Capelight Pictures



Der arme Adam gerät anders als sein cooler, dandyhafter Doppelgänger mächtig in Panik, als er diesem gegenübersteht. Der Schock, zumindest äußerlich zweimal zu existieren, wirft Adam aus seiner bisherigen Kriechspur, doch auch das Ausfragen seiner Mutter (Gastauftritt von Isabella Rosselini, die wie alle Frauen in diesem Film deutlich rationaler wirkt als die Männer), ob nicht vielleicht ein Bruder existiere, hilft nicht weiter. Dass der draufgängerische, motorradfahrende Doppelgänger sich auch noch an Adams Dauerfreundin heranmacht, verschiebt die Gewichte zwischen den unfreiwilligen Zwillingen und damit zwischen dem realen und dem Surrealen endgültig. Will hier ein Mann so sehr aus seinem Routineleben entfliehen, dass er eine überschäumende Fantasiewelt entwirft, in der er der Held ist? Ist der Doppelgänger gar der eigentliche Protagonist, der sich eine Rolle als zerstreuter Professor erspielt, weil er beruflich zu wenig zu tun hat oder verrückt wird? Geht hier ein Typ fremd und bastelt sich im Kopf eine ganze Parallelwelt zu seinen Ausreden zusammen?




Enemy - Foto (C) Capelight Pictures



Alles denkbar, alles begründbar – und doch unergründbar, denn der Regisseur und die Drehbuchautoren (Javier Gullon, Jose Saramago) verstehen ihr Handwerk und führen den Zuschauer ein ums andere Mal in die Irre (was wohlmöglich wörtlich gemeint ist). Wer Stoff zum Nachdenken schätzt, der bekommt in Enemy eine gute Portion davon auf den Weg. Selten hat mich ein Film noch so lange beschäftigt, ja, verfolgt wie dieser!


Bewertung:    



Max-Peter Heyne - 20. Mai 2014
ID 7847
Weitere Infos siehe auch: http://enemy-movie.com/


Post an Max-Peter Heyne



 

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= nicht zu toppen


= schon gut


= geht so


= na ja


= katastrophal

 


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