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Filmkritik

Eine

afrikanische

Geschichte



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„Keine Schwarzen. Keine Iren. Keine Hunde.“ Wenn Seretse Khama (David Oyelowo) und Ruth Williams (Rosamund Pike) gemeinsam unterwegs sind, müssen sie gelegentlich verschiedene Eingänge benutzen. Die Schilder an einigen Gebäuden zeigen eindeutig den Herrschaftsanspruch der Engländer. Im London der Nachkriegszeit 1947 versuchen die Politiker krampfhaft, das bröckelnde Empire zusammenzuhalten. Für die weiße Engländerin Ruth wird ihre Freundschaft mit dem Afrikaner Seretse zu einem Spießrutenlauf, und als die beiden sich dann auch noch unsterblich ineinander verlieben, lösen sie einen politischen Skandal aus. Denn Seretse ist ein Königssohn, der nach seinem erfolgreich beendeten Jurastudium in England ins afrikanische Betschuanaland zurückkehren muss, um dort den Thron zu besteigen. Sein Onkel Tshekedi Khama (Vusi Kunene) hat den verwaisten Prinzen wie einen Sohn groß gezogen und das Königreich stellvertretend für ihn regiert. Nun will er, dass Seretse seiner Bestimmung folgt, für die er ein Leben lang vorbereitet wurde.

Eine weiße Königin in Betschuanaland ist genau so undenkbar, als wenn Königin Elizabeth II. einen Afrikaner geheiratet hätte. Doch Ruth und Seretse können nicht voneinander lassen und heiraten gegen den Willen ihrer Familien und der Regierungen ihrer Länder, denn sie sind füreinander bestimmt. Ruths Vater verstößt seine Tochter, Onkel Tshekedi drängt Seretse zum Thronverzicht, und der britischen Regierung ist das sehr recht, denn um so mehr Einfluss kann sie in Betschuanaland behalten. Dieses grenzt an das rohstoffreiche Südafrika und man vermutet auch hier Bodenschätze. Doch so einfach lässt sich Seretse sein Königreich und den potentiellen Reichtum für sein Land nicht wegnehmen, und er verabscheut die Apartheid, die von Südafrika aus auch auf sein Land überzuschwappen droht. Er hat in England Jura studiert und versucht nun, die Briten mit ihren eigenen Waffen zu schlagen. Doch die sind immer einen Schritt voraus. Während er seine schwangere Frau in Afrika zurücklässt, um in London Regierungsgeschäfte zu tätigen, wird er für fünf Jahre verbannt. Er darf nicht in seine Heimat zurückkehren, und später schaffen es die Politiker, sein Exil auf Lebenszeit auszusprechen. Aber sie haben die Rechnung ohne die Liebe gemacht.



Hatten sich ihr Eheglück anders vorgestellt: Seretse Khama (David Oyelowo) und Ruth Williams Khama (Rosamund Pike) | (C) Alamode Film


A United Kingdom – Ihre Liebe veränderte die Welt basiert auf der realen Lebensgeschichte des afrikanischen Thronfolgers und Juristen Seretse Khama und seiner Frau Ruth Williams Khama, die für ihre Liebe sehr viel ertragen mussten. Am Ende setzten sie sich nicht nur gegen das Vereinigte Königreich Großbritannien durch, sondern einigten das Königreich Betschuanaland auf ganz andere Art, indem sie das einstige britische Protektorat in die Unabhängigkeit führten. Im Jahr 1966 wurde die demokratische Republik Botswana gegründet, deren erster gewählter Präsident Seretse Khama wurde.

Basierend auf der Buchvorlage Colour Bar der Historikerin Susan Williams schrieb der Brite Guy Hibbert das einfühlsame und hochbrisante Drehbuch. Die Regisseurin Amma Asante ist Britin mit ghanaischen Wurzeln, und der Brite David Oyelowo stammt von einer königlichen Familie in Nigeria ab. War er als Martin Luther King jr. in dem Film Selma der Rolle gemäß sehr besonnen und zugeknöpft, kann er als hier als „Romeo“ alle Register seines Könnens ziehen, und seine Liebe zu „Julia“, anders als bei Shakespeare, sogar zu einem guten Ende führen. Doch der Weg dahin ist steinig, und Amma Asante inszeniert ihn auf einzigartige Weise, ohne die Geschichte zu überfrachten oder die Balance zwischen Lovestory und Politthriller zu verlieren. Seretse ist sehr sportlich und ein passabler Boxer. Als die beiden eines Nachts von drei krakelnden weißen Rüpeln angegriffen werden, schlägt er diese beherzt in die Flucht. Auch Ruth hat sich dabei eine blutige Nase geholt. Doch wir schreiben das Jahr 1947, und der Zweite Weltkrieg ist gerade erst vorbei, da wischt man sich die Nase halt ab. Zwischen den beiden herrscht manchmal eine wunderbare stumme Empathie. Später als Seretse im Exil ist und Ruth sich hochschwanger ohne ihn in Afrika befindet, setzen die Wehen ein. Da gerade eine Massenkundgebung stattfindet, ist niemand da, der ihr helfen könnte. Also fährt sie sich mit dem Jeep selber ins Krankenhaus. Sie hält an, wenn die Wehen kommen, und fährt weiter, wenn sie pausieren. Ruth hat während des Krieges Verletzte transportiert, und diese Generation ist einfach abgehärtet. In zarteren Momenten geben die beiden einander zu, dass sie die Wucht des Widerstands gegen ihre Ehe unterschätzt haben. Aber es ist so gewiss, dass sie zueinander gehören, dass ein Nachgeben nicht einmal diskutiert wird.

In einer Zeit, in der die Rassentrennung, die Apartheid, in Südafrika und anderen Ländern vehement durchgesetzt wurde, haben sich einige wenige Menschen für eine Liebe entschieden, die beide Rassen vereint. Letztendlich schafften sie es, sich vom Gängelband der Briten zu lösen. Das wirklich Bemerkenswerte an dem Film ist der afrikanische Blickwinkel und die Achtung vor der afrikanischen Kultur. Seretse ist als Thronfolger zwar vorgesehen, braucht aber die Bestätigung durch das Volk. In dieser Tradition war Betschuanaland demokratischer als manche ausgewiesenen Demokratien. Seretse respektiert den Willen des Volkes und ist bereit, sich ihm zu unterwerfen. Mit viel Geschick und Mut gelingt es ihm im Laufe seines Lebens, die Bodenschätze seines Landes nicht von Fremden ausbeuten zu lassen, sondern sie sich weitestgehend für sein Land zu sichern. So ist das spätere Botswana eine Ausnahme unter den meisten der afrikanischen Länder. A United Kingdom zeigt, was nur zwei Menschen, die sich für die Liebe entschieden haben, bewirken können.

Alle Beteiligten waren mit großem Engagement dabei, der Film wurde vor und hinter der Kamera durchgehend hervorragend besetzt. Oft werden gerade Liebesfilme durch überbordendes Gedudel der Filmmusik ruiniert. Hier ist das erfrischend anders. Patrick Doyle schrieb die Filmmusik, und er hat die Gabe, Bild und Musik zu einer Einheit verschmelzen zu lassen. A United Kingdom ist ein Film, bei dem so ziemlich alles stimmt. Von Amma Asante, die 2013 für ihren Film Belle schon mit Preisen überschüttet wurde, würden wir gerne bald mehr sehen.
Helga Fitzner - 29. März 2017
ID 9944
Weitere Infos siehe auch: http://www.aunitedkingdom.de/


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