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Bolivianisches Kino

Zuhause



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Das indigene Ehepaar Virginio (José Calcina) und Sisa (Luisa Quispe) lebt hoch in den Anden Boliviens, wo es eine Herde Lamas besitzt, deren Wolle es verarbeitet und sich seine Nahrung selber anbaut. Sie leben ohne Strom und Luxus in der gewohnten Weise ihrer Vorfahren. Doch die Gletscher des majestätischen Gebirges schmelzen, der Regen bleibt aus, und die Dürre wird immer schlimmer. Nun ist auch noch der Brunnen im Dorf versiegt, und die Frauen müssen den weiten Weg zum Fluss zurücklegen, um Wasser zu holen. Das fällt der betagten Sisa immer schwerer. Ihr Mann Virginio hilft ihr nicht, er ist damit beschäftigt, die Lama-Herde zur Weide zu bringen, die in der kargen Landschaft fast ausgetrocknet ist, so dass die Tiere kaum genug Wasser und Nahrung haben. Virginio ist krank und glaubt, dass seine Zeit bald gekommen ist, denn er kann noch die Zeichen der Natur lesen, und ihm ist der Kondor erschienen.


Der Spielfilm Utama – Ein Leben in Würde des bolivianischen Regisseurs und Drehbuchautors Alejandro Loayza Grisi wirkt in seinen Landschaftsaufnahmen fast dokumentarisch und zeigt die dramatischen Auswirkungen der Trockenperioden. "Utama" bedeutet in der indigenen Sprache Quechua "mein Zuhause", und das ist dem alten Ehepaar heilig. Es bedeutet mehr als ein Wohnort, sie sind mit der Landschaft, der Natur und in ihrer Spiritualität verwurzelt. Grisi erklärt:


"Der Kondor ist in Bolivien heilig. Er ist der Beschützer der Berge und steht für die Quelle des Lebens, weil das jährliche Tauwetter in den Höhen der umliegenden Landschaft Leben spendet. Er wird auch mit Unsterblichkeit und dem Wechsel des Zyklus in Verbindung gebracht. Wegen der Art, wie er stirbt - indem er zu seinem Nest in den Bergen zurückkehrt, um einen neuen Zyklus zu beginnen - wird traditionell angenommen, dass es sich um einen symbolischen und nicht um einen realen Tod handelt. Deshalb ist der Kondor so wichtig für Virginio, der begreift, dass für ihn und Sisa die Zeit gekommen ist, in einen anderen Zyklus zu treten. Andererseits ist der Andenkondor vom Aussterben bedroht. Er ist eine Metapher für das, was in den Bergen geschieht. Mit dem beschleunigten Tauwetter ist auch der Umweltkreislauf ernsthaft bedroht. Wenn der Kondor stirbt, gibt es keinen neuen Zyklus, keinen Beschützer der Berge und kein Leben in den Bergen mehr. Es klingt apokalyptisch, aber es ist die Realität."


Als der Enkel der beiden aus der Stadt zu Besuch kommt, freut sich die Großmutter sehr und hat ein herzliches Verhältnis zu Clever (Santos Choque). Der Großvater ist dagegen misstrauisch und behält recht. Clever ist wegen der Dürre besorgt und bekommt dann auch noch mit, in welch bedenklichem Gesundheitszustand Virginio sich befindet, was dieser aber vehement vor seiner Frau verheimlicht. Klar will der Enkel, dass die Großeltern zu ihren Nachkommen in die Stadt ziehen. Schließlich haben schon viele aus den umliegenden Gegenden notgedrungen die verödete Heimat verlassen.

Für Virginio kommt das nicht in Frage, obwohl sein Sohn Clevers Vater ausrichten lässt, dass er für alle Kosten aufkäme. Clever bittet den Großvater, in der Stadt einen Arzt und ein Krankenhaus aufzusuchen. Dort könne man seine Schmerzen lindern und sein Leben verlängern. Aber was wäre das für ein Leben für Virginio, für den der Tod der Übergang von einem Zyklus in den nächsten ist, der Kreislauf des Lebens. Ein Leben und Sterben in Würde wäre unter diesen Umständen für ihn nicht möglich. Er beklagt, dass sein Enkel keine Ahnung mehr von der indigenen Kultur hat und nicht einmal die Sprache Quechua spricht. Doch Clever ist verantwortungsbewusst und liebevoll, was ihn und seinen Großvater wieder näher bringt.

*

Grisi ist ein meditativer und zugleich beunruhigender Film gelungen. Er schildert das große Dilemma, wenn Utama, „mein Zuhause“, kaum mehr bewohnbar ist. Damit ist nicht nur die Natur bedroht, sondern auch eine Jahrtausende alte Kultur, von der wir in Sachen Genügsamkeit und Nachhaltigkeit viel lernen können. Im Jahr 2022 hat Utama bei dem Sundance Film Festival den Grand Jury Preis gewonnen als „universelle Geschichte von epischem Ausmaß“. Zudem ist es die innige Liebesgeschichte eines Paares, das fast sein ganzes Leben miteinander verbracht hat, und ihre unerschütterliche Verbundenheit mit der Heimat.



Der Besuch des Enkelsohns Clever (Santos Choque) erfreut seine Großmutter Sisa (Luisa Quispe), ist dem Großvater Virginio (José Calcina) aber ein Dorn im Auge | © Kairos Film

Helga Fitzner - 8. Februar 2023
ID 14041
http://www.kairosfilm.de/redirect.htm?/filme/utama/index.htm


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