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Gepriesen sei Emma Watson! Die charmante, attraktive und hochbegabte Ex-Hermine rettet auch diesen Film vor dem dramaturgischen Schiffbruch. Ich kann mir kaum eine andere junge Schauspielerin vorstellen, die einen Charakter, der von Drehbuch und Regie (James Ponsoldt) sehr komplex entworfen wurde, aber in der dramaturgischen Ausarbeitung letztlich doch unausgereift bleibt, glaubwürdiger verkörpern kann. Dass die vielen (programmier-)technologischen und soziologischen Details und der damit verbundene Pessimismus der literarischen Vorlage von Dave Eggers in der kompakten Verfilmung verloren gehen, ist ein kleineres Problem gegenüber dem Verlust der psychologischen Vielschichtigkeit der weiblichen Heldin. Emma Watson muss hier ihr ganzes Können aufbieten, um die ständige Zerrissenheit und moralische Ambivalenz ihrer Figur sichtbar werden zu lassen, während das Drehbuch sie durch die Fabel geradezu hindurchpeitscht.

Denn kaum hat die junge Computerspezialistin Mae Holland (Watson) durch die Empfehlung ihrer Freundin Annie (Karen Gilan) einen Job bei der größten Social Media-Firma The Circle ergattert, die wie reale Vorbilder à la Google und Facebook im Silicon Valley auf einem riesigen Campus mit offenen architektonischen Strukturen residiert, wird sie auch schon mit den Folgen der Firmenphilosophie konfrontiert, die totale Transparenz und Offenheit propagiert. Wo der Held in Snowden aufgrund naiver Vorstellungen eine ganze Weile braucht, bis sein Weltbild durch die NSA-Machenschaften erschüttert wird, befindet sich Emma Watson in der unkomfortablen Situation, eine junge Frau spielen zu müssen, die von den positiven Möglichkeiten eines weltumspannenden Internetmediums fasziniert ist und gleichzeitig selbst Opfer der Scheinmoral ihrer Manager wird.

Diese Masterminds spielen Tom Hanks, der wie eine Mischung aus Sektenanführer und Althippie wirkt, dem seine Milliardenscheffelei zum Größenwahn verleitet, und der gedrungene Patton Oswalt (Stand-Up-Comedian), Anzugtyp und Finanzstratege, dem Skrupel ohnehin fremd sind. Dass Mae Holland sich von diesen findigen, windigen Möchtegern-Weltverbesserern und dem schönen Schein ihres gläsernen Potemkinschen Dorfes nicht vollständig korrumpieren lässt, verdankt sie einerseits ihrem kritischen Geist – der sich allerdings als verführbar erweist - und zum anderen einem Flirt mit Ty (John Boyega aus den neuen Star Wars-Filmen). Er entpuppt sich als der Erfinder bzw. Programmierer der genialen multifunktionalen Social Media-Tools, die den Circle zu einer Monopolstellung verholfen haben und der zwar noch Teilhaber an Aktien der Firma ist, aber ansonsten von den anderen Eignern ausgebootet wurde und keinerlei Einfluss mehr auf die aggressive Firmenpolitik hat.

Ty muss ebenso fassungslos wie die Filmzuschauer miterleben, wie Mae Holland in kurzer Zeit vom Paulus zum Saulus (wer is’n das weibliche Pendant?) und am Ende wieder zum Paulus wird. Ich bin ja schon froh, wenn eine Hollywoodproduktion es hinbekommt, ihre Geschichte auch unter 100 Minuten zu erzählen. Aber gerade bei dieser Story, die eine Frau zeigt, die sich angesichts ihres schnellen Aufstiegs und der bedenklichen Entwicklungen, in deren Mittelpunkt sie steht, die Augen reibt, hätte sich Autor/Regisseur James Ponsoldt seiner Figur ein bisschen mehr Zeit lassen sollen, dass alles auf die Reihe zu kriegen. So knattert die Geschichte von einem Wendepunkt und einer Zuspitzung zur nächsten, und es ist tatsächlich der nuancenreichen, mal energischen, mal skeptischen, oft gequälten Mimik Emma Watsons zu verdanken, dass wir es Mae noch halbwegs glauben können, dass sie trotz ihrer Intelligenz immer tiefer in den Circle einsteigt und zur Heldin des nach totaler Überwachung seiner Kunden strebenden Konzerns wird, was sie zur Anti-Heldin der Story macht, die alle Sympathien bei den Zuschauern aufs Spiel setzt. Würde Mae tatsächlich alle Skrupel zugunsten ihrer Karriere und des Machtrausches aufs Spiel setzen (wie im Buch angedeutet), wäre vielleicht eine kühle Blondine wie Margot Robbie (Harley Quinn im Suicide Squade) oder Emma Stone die richtige Besetzung gewesen. Aber Emma Watson ist dann doch die richtige Wahl, wenn der charakterliche Anstand obsiegt. Will sagen: The Circle ist vor allem ein durchgehend gut besetzter und gut gespielter (mit Charakterschauspieler Bill Paxton in seiner letzten Filmrolle), unterhaltsamer und zeitgemäßer Thriller mit einer Prise Social Media- und Sozialkritik, der aber leider etwas gehetzt wirkt. Und jetzt sorry, da piepst grad wieder bei Whatsapp…



The Circle | (C) Universum Film Verleih

Max-Peter Heyne - 7. September 2017
ID 10235
Weitere Infos siehe auch: http://thecircle.movie


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