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Französisches Kino

Lebensimpulse



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Im Jahr 1851 gelingt Napoleon III. ein Staatsstreich, der Gewalttätigkeiten im ganzen Land zur Folge hat. Auch ein kleines Bergdorf in der Provence ist betroffen. Von dort werden alle Männer verschleppt, so dass nur noch die Frauen und Kinder übrig bleiben. Nun müssen sie schauen, wie sie überleben und genug Nahrung für Mensch und Vieh anbauen, was ohne Männer nur sehr schwer und sehr langsam geht. Die französische Regisseurin Marine Francen schildert in ihrem Debütfilm Das Mädchen, das lesen konnte die Mühsal dieses Lebens. Eines Tages droht während eines Unwetters ein Leck im Dach das mühsam geerntete Winterfutter zu verderben und eine der Frauen klettert mit ihrem schweren vom Regen durchnässten Kleid herauf und schafft mit Müh' und Not die Rettungsaktion. Sie haben keine Ahnung, wann und ob ihre Männer wiederkommen und so treffen sie eine ernste Entscheidung: Falls jemals ein geeigneter Mann ins Dorf käme, sollte er dazu gebracht werden, bei den gebärfähigen Frauen für Nachwuchs zu sorgen.

Eines Tages kommt der geheimnisvolle Jean (Alban Lenoir) vorbei und ist eigentlich nur auf der Durchreise. Doch er versteht sich gut mit Violette (Pauline Burlet) und bleibt. Er hilft bei der Ernte und lässt sich im Gegenzug von Violette versorgen. Sie ist die einzige Frau im Dorf, die lesen kann, und so haben sie Gesprächsstoff und können sich über literarische Dinge unterhalten. Eines Tages kommen sie sich unweigerlich körperlich näher. Sie sind so verliebt, dass die anderen Frauen Violette an ihren Pakt erinnern müssen. Zum Erhalt des Dorfes und zum Überleben der Menschen gehören Kinder.



Jean (Alban Lenoir) ist überrascht, dass das Bauernmädchen Violette (Pauline Burlet) lesen kann | © Film Kino Text


Der Film basiert auf einer wahren Geschichte, die die Bäuerin Violette Ailhaud aufschrieb und testamentarisch einem weiblichen Nachkommen vermachte, nachdem alle von der Enthüllung Betroffenen verstorben waren. „Diese Geschichte erzählt von diesem weiblichen Wunsch als fundamentalem, allerersten, fast tierischen Lebensimpuls: Leben zu geben, um den Tod um sie herum zu bekämpfen, der ihre Freiheit, in diesem Dorf zu bleiben, gefährdet.“ Als Francen das Drehbuch schrieb, arbeitete sie zum einen den Aspekt des weiblichen Begehrens, zum anderen die politische Dimension auf. „Diese Frauen treten auf sehr einfache Weise mit ihrem Körper in den politischen Widerstand ein. Sie verteidigen Werte der Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit, ohne sie in Reden zu besingen, sondern durch Lebensentscheidungen... Ihr sexuelles Verlangen ist also psychoanalytisch mit dem Kampf gegen den Tod verbunden.“ So erhalten sich die Frauen ihr abgelegenes Dorf, denn außerhalb dessen wären sie viel stärker den Ausschreitungen und Unwägbarkeiten des Krieges ausgesetzt.

Die Tragödie der Frauen ist in traumhaft schöne Landschaftsbilder verpackt und einer sehr ästhetischen Darstellung weiblicher Lust. Leben, Sterben und Gebären werden in den Wechsel der Jahreszeiten eingebettet. Die sich entwickelnden matriarchalischen Strukturen stärken die Gemeinschaft. Die Worte der älteren Frauen werden geachtet, Violette gibt allen Kindern Schulunterricht, nicht nur den Jungen, und es gibt keine Machtrangeleien. Fast würden Männer diese Idylle stören, wenn sie auf ihre Art nicht doch notwendig wären. Alban Lenior stellt den umworbenen Mann sehr feinfühlig dar, Pauline Burlet ist eine Offenbarung, das Besondere aber ist die Ensemble-Leistung der Frauen insgesamt.

*

Marine Francen sammelte bislang als Regieassistentin Erfahrung, darunter bei Michael Hanekes Film Liebe und Die wilde Zeit von Olivier Assayas. Nun ist sie selbst als neuer vielversprechender Stern am Regiehimmel erschienen.
Helga Fitzner - 9. Januar 2019
ID 11141
Weitere Infos siehe auch: http://www.dasmädchendaslesenkonnte.de/


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