„The Company – Das Ensemble“
(USA/Deutschland 2003)
Regie: Robert Altman
Starttermin: 20.05.2004
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Sie sind jung, schön und graziös. Bunte Kostüme, überwältigende Bühnenbilder und erhabene Musik runden das makellose Bild ab. Wenn sie tanzen, scheinen ihre Füße den Boden nicht zu berühren, als würden die Gesetze der Schwerkraft nicht auf sie zutreffen. Es zählt nur der Augenblick. Erst nach dem letzten Vorhang holen ihre schmerzenden Füße sie auf den Boden der Tatsachen zurück.
Szenenbild "The Company"
Robert Altman hat ein Jahr lang das Chicago Joffrey Ballet mit der Kamera beobachtet. Das Resultat ist ein Film über die Dichotomie zwischen der Welt des Scheins und der harten Wirklichkeit der Balletttänzer, eine Mischung aus Kunstfilm und dokumentarisch wirkenden Szenen, zwischen Klischee und Wirklichkeit. „Mr. A.“ (Malcolm McDowell) ist der Vater und Tyrann des Ensembles, der gefühlsmäßig zwischen seiner Leidenschaft für das Ballett und finanziellen Zwängen jongliert. Er protegiert die junge Ballerina Ry (Neve Campbell), der bei einer Open-Air-Aufführung trotz eines Gewitters mit ihrem Partner ein fulminanter Pas de deux aus „My Funny Valentine“ von Lar Lubovitch gelingt, so dass die Zuschauer sogar im Regen ausharren. Nun arbeitet sie daran, auch für das neue innovative Märchenballett „The Blue Snake“von Robert Derousiers ihre Chance zu bekommen. (Lar Lubovitch und Robert Derousiers spielen sich selbst). Derweil macht frühmorgens im Probenraum des Joffrey Ballets eine älter gewordene Ballerina allein ihre Übungen. Als die jungen Ensemblemitglieder eintreffen, zieht sie sich diskret zurück. Erst später sieht der Zuschauer, dass es sich um die Assistentin von „Mr. A“ handelt. Dies ist nur eines der geschickten visuellen Statements, die Kultregisseur Robert Altman in „The Company“ macht. Das Leben einer Ballerina als Ballerina ist kurz, und danach ..?
Szenenbild "The Company"
Diese Szene ist charakteristisch für die Arbeitsweise des Regisseurs. Robert Altman hat einen für ihn typischen Filmstil entwickelt, in dem seine Erzählweise sehr zufällig und nebensächlich wirkt. Er konzentriert sich selten auf den Mittelpunkt der Handlung, sondern schlüsselt seine Geschichten von der Peripherie her auf. Selbst zentrale Themen spielen sich oft nur am Rande ab. Damit verlagert er das Zentrum des Geschehens von der Leinwand weg in die Imagination des Zuschauers, der im Kopf die Fragmente wieder zusammensetzen und seine eigenen Schlüsse ziehen muss. Altman gibt dadurch dem Zuschauer zwar nur einen distanzierten, doch aktiven Zugang zur Geschichte. Da er oft die Akteure ohne künstliche Pausen durcheinander reden lässt, verzichtet er neben der visuellen Fokussierung auch auf die akustische Lenkung. Dies wiederum ist ein Charakteristikum der Reizüberflutung der Moderne, in der wir uns in einer dekonstruierten Welt selber unsere Schwerpunkte aussuchen müssen. Diese Technik wendet Altman sehr wirkungsvoll an, wenn er das Gewirr in den Umkleiden und während der Proben des Balletts zeigt. Das passt wundervoll zum kreativen Chaos, das während der Entstehung und Entwicklung einer Choreographie herrscht. Kontrastiert wird das durch die eher konventionelle, auf den Mittelpunkt orientierte Verfilmung der Ballettszenen während einer Aufführung. Da herrscht Zentrierung und Gewissheit. Jedes Detail und jeder Schritt ist vorherbestimmt, und vielleicht hat sich die Kamera ja selbst in die wunderschönen Bilder verliebt, die sie da ablichtet. Altman lässt dem Kinogänger ungewöhnlich viel Raum für das ästhetische Vergnügen an diesen Ballettszenen.
Das Sujet stammt von der Hauptdarstellerin Neve Campbell, die dann Barbara Turner zum Schreiben eines Drehbuchs und Robert Altman für die Regie interessieren konnte. Das berühmte Chicago Joffrey Ballet als real/fiktives Ensemble war ein weiterer Glücksgriff. Der Film zeigt den Mikrokosmos der Company und spiegelt ihn auch. Bei einer Weihnachtsfeier inszenieren die Tänzer die Ereignisse des Jahres parodistisch, ein weiterer, distanzierter Blick für den Zuschauer, der durch diese Spiegelung aber durchaus intime Einblicke gewinnt. Mit „The Company – Das Ensemble“ ist Robert Altman ein Werk gelungen, das Ballettfreunde und Cineasten gleichermaßen erfreuen dürfte.
h.f. - red / 20. Mai2004
siehe auch: http://www.concorde-film.de/welcome.php
http://www.sonyclassics.com/thecompany/
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