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DVD-Kritik

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Gleich zu Beginn sehen wir ein Wohnidyll: Ein abgeschieden im Grünen gelegenes Familienanwesen. Es gibt einen hellen Lichteinfall. Der Jüngste, Leon (Ilja Bultmann), bereitet in der Küche liebevoll das Essen zu. Überraschend fliegen gezüchtete Schmetterlinge in Küche und Wohnung herum.

Bald lernen wir, dass die gezeigte Ruhe und Behaglichkeit trügerisch sind. Eben jener Leon hat Hämatome am ganzen Körper. Er wird von Mitschülern im Dorf verfolgt und geprügelt. Doch auch der etwa Zehnjährige sorgt selbst für erschreckende Bilder. Er startet die Waschmaschine, obwohl er weiß, dass sich in ihr eine Katze befindet. Zusammen mit Familienangehörigen beerdigt er später die Katze.

Neben der rätselhaften Handlung gibt es affektierte und seltsame, mit Bedeutung aufgeladene Dialoge. So ruft die pubertierende Tochter Johanna (Lea Zoë Voss) ihrer Mutter Karen (Maren Eggert) finster hinterher: „Ich hasse dich.“ Diese antwortet gelassen und ohne mit der Wimper zu zucken: „Das habe ich früher auch zu meiner Mutter gesagt.“ Karens Schwester Jule (Britta Hammelstein) sagt zu ihr im Vorbeigehen: „Seit wann bist du denn so ätzend.“

Solche Dialoge suggerieren, mit Bedeutung aufgeladen, Tiefgründigkeit. Tatsächlich erscheint Maren Eggert in der zentralen Rolle der Mutter eher abweisend gegenüber ihren Kindern, die jedoch selbst auch recht unnatürlich agieren. Ihre pubertierende Tochter flirtet mit dem athletischen Ehemann ihrer Tante, Jurek (Milian Zerzawy), der es sich anfangs gefallen lässt. Doch als seine Nichte ihm sogar bis ins Bad folgt, sucht er schnell das Weite.

*

Ramon Zürchers dritter Langfilm Der Spatz im Kamin (nun auch auf DVD erhältlich) porträtiert eine dysfunktionale Familie voller unterdrückter oder heimlich ausgelebter Aggressionen. Die Atmosphäre scheint überspannt mit ständigem Konfliktpotenzial und mit Bedeutung hoch aufgeladen. Die Handlungsweisen und unnatürliche Spannungen der Figuren geben Rätsel auf, die jedoch teils nicht geklärt werden. Auch in der Familie wird über Probleme hinweggegangen oder hinweggesehen. Gesten der Zärtlichkeit zwischen einzelnen Figuren deuten an, dass Bünde mitunter neu geschmiedet werden. Bildtechnisch arbeitet Zürcher teilweise mit einer Videoclip-Ästhetik, Verdopplungen und Nahaufnahmen bedeutungsvoller Blicke und von Berührungen. Der Musikscore wartet mit aufdringlichen Beats auf.

Neben der Dynamik der Familie sorgen auch filmische Detailaufnahmen für Spannung: Teller schlagen Funken in der Mikrowelle. Ein geschlachtetes Huhn flattert kopflos herum. Leon befreit den titelgebenden Spatz aus dem Kamin. Einzelne Figuren beobachten explodierende Sterne bzw. Sternschnuppen. Am Ende brennt das Anwesen.

Wie im Vorgänger-Film Das Mädchen und die Spinne (2021), der von seiner facettenreichen Hauptdarstellerin Henriette Confurios und prominenten Nebendarstellern wie Sabine Timoteo getragen wurde, wird vieles nur angedeutet. Auch Der Spatz im Kamin erscheint schnell befremdend, artifiziell und ein bisschen anstrengend. Mit Maren Eggert und Luise Heyer hat auch der letzte Teil von Zürchers Trilogie über das familiäre Zusammenleben mindestens zwei sehenswerte Charakterdarstellerinnen. Beide scheinen jedoch streckenweise unterfordert, wenn sich Luise Heyer etwa als Liv, Konkurrentin um Karens Ehemann Markus (Andreas Döhler), gepflegt auf deren Ehebett räkelt. Interessanter ist hier eine Szene, wenn Liv gegen Ende den Kindern der Familie mit strengem Ernst erklärt, dass Glühwürmchenlarven Schnecken fressen. Leider können auch Eggert und Heyer nicht darüber hinwegtäuschen, dass der andeutungsreiche Plot unausgegoren scheint.

Immerhin wurde Ramon Zürchers 112-minütiges Drama 2025 bei einigen Preisverleihungen in wichtigen Kategorien berücksichtigt, so war es der meistnominierte und -ausgezeichnete Film beim Schweizer Filmpreis und erhielt hier Preise für das beste Drehbuch und den besten Ton. Die 2025 erschiene DVD enthält keinerlei Extras.
Ansgar Skoda - 18. Juli 2025
ID 15370
Weitere Infos siehe auch: https://salzgeber.de/spatz


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Bewertungsmaßstäbe:


= nicht zu toppen


= schon gut


= geht so


= na ja


= katastrophal

 


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