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Interview

Der Pole Andrzej Jakimowski über die Methode der Echo-Orientierung bei Blinden in seinem Kinofilm Imagine



Das ist Andrzej Jakimowski - Foto (C) Neue Visionen



Die Welt in Gedanken erfassen

Seit der polnische Filmregisseur Andrzej Jakimowski, geboren 1963 in Warschau, für seine charmante Komödie Kleine Tricks (2007) über 30 Preise bei internationalen Filmfestivals gewann, zählt er zu den wichtigsten Vertretern des europäischen Autorenfilms. In Jakimowskis neuem Film Imagine spielt Alexandra Maria Lara aus Berlin eine erblindete Frau, die durch die unkonventionelle Art des neuen Blindenlehrers an ihrer portugiesischen Schule neuen Lebensmut schöpft. Die Methode des vom britischen Schauspieler Edward Hogg (Anonymus) gespielten Ian, gänzlich auf den Blindenstock zu verzichten und sich nur aufgrund der Resonanz ausgesandter Schallwellen in der Umgebung zu orientieren, gibt es tatsächlich.

Bei der so genannten Echoortung nutzen Blinde Schuhsohlengeräusche, Fingerschnippen, Schnalzen oder das Klopfen an Kleidung, um Schallwellen auszusenden und anhand der Reflexionen die Größe und Position von Objekten oder Personen zu lokalisieren. Menschen verfügen zwar nicht über ein so leistungsfähiges Wahrnehmungssystem von Echos wie etwa Fledermäuse und Delfine, die das Hundertfache an Frequenzen aussenden und verarbeiten können. Aber neueste neurowissenschaftliche Studien belegen, dass auch Blinde reflektierte Geräusche stärker mit der auditiven Hirnrinde aufnehmen, bevor es zu einem in der Sehrinde zu einem räumlichen Bild umgewandelt wird.

Das bedeutet, Blinde können im wörtlichen Sinn mit den Ohren sehen. Eine faszinierende Eigenschaft, auf der die Echoortung aufbaut, die inzwischen mehrere reformerische Blindenlehrer in verschiedenen Ländern der Welt propagieren, um blinden Menschen zu mehr Selbständigkeit innerhalb der Gesellschaft der Sehenden zu verhelfen. „Damit soll die Abhängigkeit von fremder Hilfe verringert werden, was die Nutzung traditioneller Hilfsmittel wie dem Blindenstock ja nicht ausschließt“, sagt Imagine-Regisseur Andrzej Jakimowski. Dass die ausschließliche Anwendung der Echoortung riskant sein kann, zeigt Jakimowski in seinem Film, in welchem der eigenwillige Lehrer Ian die Großstadt Lissabon zwar erstaunlich unabhängig erkundet, aber dabei auch so manche kleine Blessur davonträgt.

„Ich wollte ihn nicht als perfekten Blinden zeigen, sondern als einen normalen, fehlbaren Menschen“, sagt Jakimowski, der die erste Drehbuchfassung zu Imagine bereits geschrieben hatte, als er Näheres über die Echoortung erfuhr: „Ich wusste, dass der blinde Soulmusiker Ray Charles Eisenplättchen an seinen Schuhsohlen genutzt hatte, um sich auf den Konzertbühnen zu orientieren“, so Jakimowski. Nachdem der polnische Regisseur von überzeugten Lehrern der Echo-Methode wie dem Polen Henryk Wereda und den Amerikanern Daniel Kish erfuhr, schrieb er sein Filmmanuskript noch einmal um. Die Details seien keineswegs übertrieben: „Der US-Teenager Ben Underwood konnte per Echomethode sogar erkennen, aus welchem Material Gegenstände waren und fuhr Skateboard“, berichtet Jakimowski, der Underwood vor dessen Krebstod im Jahre 2009 leider nicht mehr kennenlernen konnte.

Während Alexandra Maria Lara sich über das Leben als Blinde von Betroffenen in Deutschland berichten ließ, absolvierte ihr britischer Kollege Edward Hogg ein mehrwöchiges Echo-Training beim Blindenlehrer Alejandro Navas in London. In Lissabon wiederum wurde gedreht, weil Jakimowski die Stadt schon seit langem gut kennt und ihre Sinnlichkeit schätzt: „Die portugiesische Hauptstadt mit ihrer Lage am Atlantik, der Menschen permanent daran erinnert, dass es noch eine andere Welt in der Weite gibt, passt meiner Meinung nach perfekt zu der Geschichte über eine reformerische Methode, die Menschen hilft, sich eine neue Welt zu erschließen“. Jakimowski ergänzt: „Die Menschen dort sind nicht nur gelassener, sondern auch aufgeschlossener als anderswo. In Sachen Toleranz und Lebensfreude können wir Mitteleuropäer von den Portugiesen eine Menge lernen.“




Edwad Hogg und Alexandra Maria Lara im Film Imagine von Andrzej Jakimowski - Foto (C) Neue Visionen


Max-Peter Heyne - 30. Dezember 2013 (2)
ID 7493

Weitere Infos siehe auch: http://www.imaginethefilm.org


Filmkritik zu Imagine

Post an Max-Peter Heyne



 

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