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DVD-Kritik

Das Linken-

Zugpferd und

die Parteilinie



Bewertung:    



Sahra Wagenknecht gehört laut der jüngsten Focus-Rangliste weiterhin zu den beliebtesten Spitzenpolitikern. Sie besetzte in der Statistik des Nachrichtenmagazins am 27.11. (wie bereits in den Vormonaten) den fünften Platz nach Bundeskanzlerin Merkel, CSU-Parteivorsitzenden Söder, Bundesgesundheitsminister Spahn und Vizekanzler Scholz. Die promovierte Volkswirtin und hellsichtige Publizistin weiß, wie man Bürger abholt und auch mit Charisma und Strahlkraft überzeugt. Aus gesundheitlichen Gründen tritt sie im November 2019 vom Fraktionsvorsitz zurück. Es erscheinen im Zuge ihres Rücktritts zahlreiche Biografien und Bücher über den vielleicht letzten Star der Linken. Nun wurde auch der dokumentarische Kinofilm Wagenknecht auf DVD veröffentlicht. Regisseurin Sandra Kaudelka begleitete Wagenknecht über zwei Jahre lang mit der Kamera zu öffentlichen Veranstaltungen.

Die Dokumentation bietet viele persönliche Einblicke in das Leben und den politischen Alltag der Spitzenpolitikerin, wobei zu Beginn noch nicht absehbar war, welche Krise und Konsequenzen in den filmischen Fokus geraten würden. Meistens hat Wagenknecht mehrere Termine an einem Tag. Gezeigt werden zahllose Gänge Wagenknechts durch den Bundestag, Fahrstuhlfahrten, Medieninterviews, Wahlkampf-Reden und Reden im Bundestag. Besonders interessant ist, dass man das Team rund um die Politikerin kennenlernt. Leider fehlen jedoch durchweg erklärende Namenseinblendungen für gezeigte Personen. Wagenknechts Berliner Büroleiterin, Sandy Stachel, verteidigt mal am Telefon nachdrücklich die Ehe für alle. Michael Schlick, Pressesprecher der Fraktion Die Linke, begleitet Sahra zu zahlreichen Interviewterminen. Er stimmt mit Medien wie u.a. Die Bunte die Fotografien ab oder bringt Sahra zu Videoaufzeichnungen eines weihnachtlichen Grußworts. Wagenknechts Co-Fraktionsvorsitzender Dietmar Bartsch spricht minutenlang über die Zusammenarbeit. Ehegatte Oskar Lafontaine wird mehrfach an der Seite Sahras oder auch bei öffentlichen Reden gezeigt. Wagenknechts Chauffeur Dietmar Fischer äußert ungefilterte seine Meinung zu Anfeindungen der Spitzenpolitikerin innerhalb der eigenen Partei.

Die 51-Jährige wirkt auch in Stresssituationen gefasst, wenn sie etwa beim Linken-Bundesparteitag von anderen Genossinnen offen angegriffen wird. Ihr Gesichtsausdruck verändert sich kaum. Bei den Linken entstand 2018 eine Kontroverse, weil sie sich in der Zeit als Fraktionschefin für eine Begrenzung des Zuzugs ausländischer Fachkräfte äußerte. Wagenknecht kritisierte das hierzulande 2019 umgesetzte Fachkräfteeinwanderungsgesetz, da dadurch auch die gut ausgebildete Mittelschicht aus armen Ländern abgeworben werde. Das Asylrecht und die Aufnahme von Kriegsflüchtlingen befürwortet sie jedoch einschränkungslos. Wagenknecht bezeichnet den Politbetrieb im Film, wenn es um die Machtkämpfe innerhalb der Linken geht, als „Schlangengrube“. Insbesondere die Parteivorsitzenden Katja Kipping und Bernd Riexinger, die für den Film nicht interviewt werden, zeigen beim Bundesparteitag oder Presseterminen ein sehr angespanntes Verhältnis zu Wagenknecht. Der Film klärt jedoch leider nicht über mögliche Hintergründe auf.

Auf mögliche Animositäten angesprochen äußert sich Wagenknecht zunächst eher zurückhaltend. Sie hebt hingegen offen ihre Angst vor dem Erstarken der Rechten hervor. Sie spricht darüber, dass sie vor einer Rede im Bundestag, bei der sie der Kanzlerin etwas entgegnet, aufgeregter sei als vor anderen Reden. Der Film bietet emotionale Statements Wagenknechts, etwa zur fehlenden Solidarität seitens der Parteiführung zu ihrem Projekt Aufstehen. Kaudelka dokumentiert filmisch ein Treffen, bei dem ein Name für die von Wagenknecht 2018 mitgegründete Sammlungsbewegung gesucht wird. Als Vorschläge werden auch „Ahoi“, „Auf“ und „Aufbruch“ diskutiert.

Die DVD enthält zusätzlich zum Kinofilm zwei weitere lange, recht persönliche Interviews von Juni 2018 in ihrem Berliner Zuhause und ein Parkinterview Juli 2019. In einem der Gespräche meint sie, sie hätte sich auch eine wissenschaftliche Karriere vorstellen können, wenn sie nicht 2004 als Abgeordnete ins Europaparlament gewählt worden wäre. Selbstkritisch erklärt sie, in der Wissenschaft hätte sie vielleicht auch mehr erreichen können. Immerhin ist nicht zu erwarten, dass die Linke in den nächsten Jahren an einer Regierungsbildung beteiligt sein wird.

Bei den Linken ist aktuell viel in Bewegung. Kipping und Riexinger wollen nach acht Jahren als Parteichefs nicht mehr kandidieren. Als Nachfolgerinnen werden Janine Wissler aus Hessen und Susanne Hennig-Wellsow aus Thüringen gehandelt. Wird Wagenknecht 2021 als Abgeordnete erneut in den Bundestag einziehen? Aktuell ist sie nur stellvertretendes Mitglied im Finanzausschuss und im Ausschuss für Wirtschaft und Energie. Auf ihrer Abgeordnetenseite ist einsehbar, dass sie bei den letzten Bundestagsentscheidungen ihre Stimme nicht abgegeben hat. Täglich bekunden Follower auf Wagenknechts sehr aktiven Social Media-Kanälen, dass sie sich freuen würden, wenn sie zurückkehrt in die Spitzenpolitik. Nur ob sie dann den erforderlichen Rückhalt in ihrer Partei findet? Wenn Sahra Wagenknecht, wie angekündigt, für das Land NRW bei den Bundestagswahlen antritt, könnte es sich jedenfalls für viele Wähler lohnen, die Linke zu wählen.
Ansgar Skoda - 1. Dezember 2020
ID 12632
Weitere Infos siehe auch: https://salzgeber.de/wagenknecht


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