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74. BERLINALE

BERLINALE

SPECIAL

The Strangers´ Case


Bewertung:    



(Kl)eine Bitte an die künftige BERLINALE-Leiterin Tricia Tuttle: Könnten Sie dafür sorgen, dass besonders gelungene Filme auch Teil des internationalen Wettbewerbs um die Bären-Trophäen werden und nicht im Auffangbecken „Berlinale Special“ landen? Ich freue mich ja, dass solche starken Produktionen überhaupt auf der BERLINALE zu sehen sind! Aber es wäre doch wirklich schön, wenn sie vollständiger Teil des Hauptprogramms sind, von dem man annehmen sollte, dort wäre die Crème de la crème zu sehen.

*

The Strangers' Case (in diesem Fall auf gut Deutsch: Die Sache mit den Fremden) war zum Ende der BERLINALE noch ein rarer Höhepunkt, der emotional wie intellektuell Impulse setzte und mit einer klaren humanistischen Botschaft überzeugte, den eine mitreißende Geschichte vermittelte. Der schon 40-jährige US-amerikanische Regisseur und Drehbuchautor Brandt Andersen inszenierte seinen Debütfilm mit Partner aus Jordanien, und man kann dem jordanischen Filmfonds nur gratulieren sich gerade für dieses außergewöhnliche Projekt entschieden zu haben. Es setzt dem von rechtspopulistischen Politikern durch Parolen und Plattitüden missbrauchte Thema Flucht und Migration eine mitmenschliche und differenzierte Perspektive entgegen.

Dies erreicht Andersen in Form einer episodenhaft und multiperspektivisch erzählten Geschichte, die sich ungefähr über einen Tag und eine Nacht erstreckt und schildert, warum und wie eine Gruppe syrischer Flüchtlinge (vermutlich um das Jahr 2016) versucht, nach Griechenland zu gelangen. Der Fokus liegt jeweils auf einer Hauptfigur pro Episode, deren Schicksale miteinander verschlungen sind. Dabei nutzt der Regisseur auch abrupte Schnitte, die für Leerstellen im Handlungsverlauf sorgen, so dass sich das weitere Geschehen und damit auch die individuellen Schicksale nur sukzessive erschließen lassen.

Es beginnt damit, dass eine syrische 3-Generationen-Familie bis auf Mutter (Yasmine Al Massri) und Tochter bei einem Bombenangriff auf die nordsyrische Rebellen-Hochburg Aleppo getötet wird. Vermutlich sind russischer Kampfjets dafür verantwortlich, denn der russische Diktator Wladimir Putin ist ja schon seit längerer Zeit ein militärischer Unterstützer des Kollegen Assad jr. Die nächste Episode zeigt, wie menschenverachtend grausam und rücksichtslos die syrische Armee und der Geheimdienst Assads in Aleppo wüten, um den Widerstand der Rebellen zu brechen. Hauptfigur wird aber ein nachdenklicher Soldat (Yahya Mahayni), der schließlich zufällig zum Retter von Mutter und Tochter aus der ersten Sequenz wird und desertieren muss.

Frankreichs Superstar Omas Sy (Ziemlich beste Freunde) spielt in Episode 3 einen Menschenschmuggler, der syrische Flüchtlinge aus einem Camp in der Türkei gegen 2.000 Dollar Cash mit Schlauchbooten des nachts aufs offene Meer bugsiert. Ob die Flüchtlingsgruppen in den heillos überladenen Booten bei schwerer See ertrinken oder irgendwo das rettende griechische Ufer erreichen, ist dem abgestumpften Mafioso egal, Hauptsache er bekommt Geld, um selber eines Tages ein besseres Leben zu führen.

Die Protagonisten 4 und 5 sind schließlich ein Schriftsteller, der unversehens mitten in einem Gewittersturm seine Qualitäten als Bootssteuermann beweisen muss, damit die fast dreißigköpfige Flüchtlingsgruppe nicht im Mittelmeer ertrinkt, und der Kapitän der griechischen Küstenwache (Constantine Markoulakis), der die Verzweifelten zu retten versucht – der eigentliche Held des Films. Er bringt seine saturierten Freunde beim gemeinsamen Abendessen zum Verstummen, als er ihnen die exakte, fünfstellige Zahl derer nennt, die er bereits vor dem sicheren Tod gerettet hat – und die Zahl derer, bei denen ihm dies nicht gelang.

So beschämt wie die düpierte Freundesclique fühlt sich auch der Zuschauer bzw. die Zuschauerin, dem bzw. der Regisseur Berndt Andersen eindrucksvoll vor Augen führt, dass hinter all den Zahlen und Statistiken einzelne Menschen stehen, die im Falle der Syrer vor Folter, Krieg und Mord geflohen sind. Wir alle leben schließlich nur einmal. Schon wegen dieses Films hat sich die BERLINALE gelohnt.



The Strangers Case | © Philistine Films

Max-Peter Heyne - 26. Februar 2024 (2)
ID 14634
Weitere Infos siehe auch: https://www.berlinale.de


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