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72. BERLINALE

PERSPEKTIVE DEUTSCHES KINO

Wir könnten genauso gut tot sein


Bewertung:    



Schauplatz ist ein mit hohen Zäunen und Alarmanlagen gesichertes Hochhaus am Waldrand, offenbar in sicherer Entfernung abgeschirmt von der restlichen Zivilisation. Die Wohnungen dort sind sehr begehrt, weswegen die Interessenten bereit sind, für die Aufnahme in die Hausgemeinschaft zu betteln und das Entscheidungsgremium zu bestechen. Im Verlauf der Handlung wird deutlich, wie sehr die Bewohner*innen sich wegen des Wunsches nach Integration und Anerkennung charakterlich verbiegen und bis zur Selbstverleugnung korrumpieren lassen. Die Sicherheitsbeauftragte Anna (gespielt von der Rumänin Ionana Iacob) sorgt für die gewünschte Ruhe und Ordnung, die aber nach einem vermeintlichen Eindringling und dem Verschwinden eines Hundes ins Schwanken geraten.

Annas Appelle an Vernunft und Gelassenheit treffen zunehmend auf Skepsis und taube Ohren. Vor allem muss Anna fürchten, aus dem Wohnkomplex herausdrängt zu werden, falls herauskommt, dass ihre Tochter Iris psychische Probleme hat und sich im Badezimmer verschanzt. Anna erlebt, wie eine neu gegründete Bürgerwehr sie entmachtet, und auch bei ihr entwickeln sich negative Charakterzüge, je mehr die Hausgemeinschaft mit ihrem Votum droht.

Die aus Russland stammende Regisseurin Natalia Sinelnikova, die zusammen mit Viktor Gallandi das Drehbuch für die mit Sarkasmus durchdrungene gesellschaftspolitische Satire schrieb, ließ autobiografische Erlebnisse einfließen, die sie als Mädchen in Hochhäusern in St. Petersburg und Berlin erlebt hat. Für ein Debüt ist der Film dramaturgisch bemerkenswert klar strukturiert und visuell gestaltet, um nicht zu sagen, durchstilisiert (Kamera: Jan Mayntz, Szenenbild: Elisabeth Kozerski). Die Szenen sind präzise am Thema ausgerichtet und auf die Charaktere abgestimmt, die als Ensemble die Typologie einer paranoiden, repressiven Gesellschaft ergeben: Da ist der opportunistische Hausmeister (Jörg Schüttauf), die strenge Gremiumsvorsitzende, die übervorsichtigen Eltern, die rebellische Jugend und der arme Künstler, der ein leichtes Opfer des Kontroll- und Sicherheitswahns der anderen wird.

Knappe Dialoge und die karge Licht- und Farbgebung unterstützen die pointierte Regie, die das Thema einer ins Pathologische driftende Gemeinschaft durchbuchstabiert, wobei die Regisseurin einen Sinn für das Absurde der Situation beweist. Immer wieder verweist Sinelnikova auf intelligente Weise auf den vorurteilsbelasteten Umgang mit Migranten bzw. allem, was dem Mehrheitsempfinden fremd erscheint. Diese im Film sektenhaft dargestellte, gesellschaftspsychologische Dimension ist subtil in die Folge der Szenen eingewoben, die leider nicht sehr flüssig miteinander verbunden sind, sondern oft wie nebeneinandergestellt wirken.



Wir könnten genauso gut tot sein von Natalia Sinelnikova | (C) Jan Mayntz/HEARTWAKE films

Gabriele Leidloff & Max-Peter Heyne - 20. Februar 2022 (3)
ID 13477
Weitere Infos siehe auch: https://www.berlinale.de


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Bewertungsmaßstäbe:


= nicht zu toppen


= schon gut


= geht so


= na ja


= katastrophal

 


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