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BERLINALE

WETTBEWERB

Ana, mon amour



Zum Ende des Wettbewerbs legte sich die BERLINALE noch mal auf die Couch. Es begann mit Nietzsches Jenseits von Gut und Böse und endete dementsprechend mit der Psychoanalyse nach Freud:

Der rumänische Regisseur Călin Peter Netzer übt mit seinem neuen Film Ana, mon amour Kritik an den überkommenen Moralvorstellungen einer kranken Gesellschaft, die sich tief bis in die Psyche seiner Protagonisten eingegraben hat. Die junge Studentin Ana (Diana Cavalliotis) leidet seit ihrem 17. Lebensjahr an einer Angststörung und bekommt gleich beim ersten Treffen und besagtem Nietzschedisput mit ihrem Kommilitonen Toma (Mircea Postelnicus) eine Panikattacke. Aber Toma steht ihr ab jetzt fürsorglich bei. Aus den beiden wird schnell ein Paar, dessen Beziehung der Film nun die nächsten sechs Jahre verfolgt und dabei immer wieder in den Zeitebenen hin und her springt.

Es ergibt sich dadurch ein vielschichtiges Psychogramm zweier Menschen, die aneinander hängen, sich dadurch aber immer mehr zu erdrücken drohen. Die Probleme Anas scheinen aus der Kindheit zu kommen. Ihr Vater hat sich ziemlich zeitig nach Frankreich abgesetzt, mit dem Stiefvater Igor (Igor Caras Romanov) musste sie lange Zeit in einem Bett schlafen. Missbrauchsahnungen schweben unausgesprochen in der Luft. In Tomas intellektuellem Elternhaus ist es nicht viel besser. Die Besuche des Paars enden in beiden Familien jeweils im Eklat mit Vorwürfen und Beschimpfungen. Tomas Vater (Vasile Muraru) ist ein dominanter Mensch, der seinem Sohn den Umgang mit einer Verrückten verbieten will. Die Mutter erweist sich als Glucke, die Toma ein zu großes Herz attestiert. Dass in der Beziehung seiner Eltern auch etwas verdrängt wird, erfahren wir erst in den Einblendungen, in denen Toma Jahre später seine verkorkste Ehe mit Ana analysieren lässt.

Bis dahin macht das Liebespaar gute und schlechte Zeiten durch, die zunächst durch Anas Attacken, ihre Psychopharmaka-Abhängigkeit und eine ungewollte Schwangerschaft gekennzeichnet sind. Hier erweist sich Toma als guter Samariter, der allerdings auch zunehmend in Anas Leben eingreift. „Moral ist nur die Konsequenz von Angst.“ hatte Ana beim ersten Treffen der beiden gesagt. Dass sie diese These selbst tief verinnerlicht haben, beweisen ihre ständigen Versuche neben der Psychoanalyse auch in der orthodoxen Religion der Eltern nach Erlösung und Buße für begangene Sünden suchen. Besonders skurril ist z.B. eine Beichte, bei der Toma vom Priester u.a. das für seine Zigarettensucht verschwendete Geld vorgerechnet bekommt. Hier fallen auch die Worte vom unter den Teppich gekehrten Dreck, der irgendwann wieder zum Vorschein kommt. Hier erweist sich der gestrenge Diener Gottes auf seine ganz spezielle Weise bereits als hellsichtiger Analytiker.

Bis zum bitteren Ende durchlaufen die mittlerweile Verheirateten allerdings weiter ihren fast schicksalhaft vorbestimmten Leidensweg, der sicher bis in alle Ewigkeit andauern würde, begänne Ana sich nach ihrer Therapie nicht aus dem mittlerweile paranoiden Kontrollzwang Tomas zu lösen. Aus der Abhängigen wird nicht ganz ohne Egoismus eine ihr Leben selbst bestimmende Frau. „Kein Gott, keine Moral“ ist Tomas Vorwurf. Er beginnt damit das Verhaltensmuster des eigenen Vaters zu kopieren. Einen Alptraum, bei dem auch ein Pyjama vom Anfang eine Rolle spielt, und ein wenig zu viel Traumdeutung später steht Toma mit seiner Vergangenheitsbewältigung immer noch am Anfang. Nach seinem Goldenen Bären für Mutter und Sohn bei der BERLINALE 2013 hat sich Călin Peter Netzer mit Ana, mon amour mindestens für einen Regiepreis bei der Wettbewerbs-Jury empfohlen.





Ana, mon amour | (C) Real Fiction

Stefan Bock - 18. Februar 2017 (2)
ID 9850
Weitere Infos siehe auch: http://www.berlinale.de


Post an Stefan Bock

blog.theater-nachtgedanken.de

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