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Una mujer fantástica



Ein unverheiratetes Paar, Orlando (Francisco Reyes) und Marina (Daniela Vega), feiern den Geburtstag der Frau mit einen romantischen Abend. Sie kehren in die gemeinsame Wohnung zurück, lieben sich, schlafen. Der Mann ist wesentlich älter als sie. Nachts hat er eine Schmerzattacke, sie bringt ihn noch ins Krankenhaus, wo er alsbald stirbt. Marina als Nicht-Angehörige wird weggeschickt - und ab da gerät ihre Welt wieder aus den Fugen. Die Sicherheit in einer festen Liebesbeziehung, der Schutz und die Fürsorge des gutsituierten Geliebten, mit dem Marina eine gemeinsame Zukunft plant, zerplatzt wie eine Seifenblase.

Jetzt ist sie wieder der Stricher, der Lügner und Betrüger, der Abschaum, der Abzocker. In ihrem Pass steht noch ihr Männername. Sie ist eine Trans-Frau.

Durch Orlando´s Sturzverletzungen gerät Marina ins Kreuzfeuer der Polizei, und eine Kommissarin (Amparo Noguera) belästigt sie mit frechen Fragen.

Für Marina beginnen Probleme, die eine heterosexuelle Geliebte eventuell auch zu spüren bekommen hätte. Die Ablehnung der (jüngeren) Anderen durch die verlassene Gattin Sonia (Aline Kuppenheim), die Anfeindungen seines erwachsenen Sohns Bruno (Nicolas Saavedra), das Einfordern des Besitzes des Ehemannes wie Wohnung, Auto und Hund - und am schmerzlichsten für Marina: das Ausschließen aus Trauerfeierlichkeiten, um den „guten Ruf“ der Familie zu schützen.
Der massive Hass, die Wut, die Beleidigungen der Familie, die auf die Geliebte Marina hereinbrechen, sind dennoch mehr ihrer Transsexualität geschuldet, denn Orlandos Familie fühlt sich durch ihre sexuelle Identität bedroht.

„Man folgt dem, was einen fasziniert, ich bin fasziniert von diesen Frauen“, sagt der gebürtige Argentinier Sebastián Lelio, Jahrgang 1974, der jetzt in Chile lebt, auf der Pressekonferenz zu seinem Film. Und: „Ich liebe Musik in Filmen und Frauen am Steuer.“

So scheint es dem wohlhabenden Orlando ergangen zu sein, als er Marina in der Bar singen hört, um dann Frau und Kinder zu verlassen, um mit Marina zu leben.

Doch wie erträgt Marina diese Situation, diesen Verlust? Daniela Vega meint, „dass Marina den Vorteil habe, gut alleine mit sich klar zu kommen.“ Doch Orlando fehlt, und auch der Hund.
Marina gibt nach und kämpft um nichts. Außer um ihre Würde und ihre Trauer. Sie weint nur zu Hause. Marina verliert die Arbeit als Kellnerin, und die Spirale dreht sich schneller nach unten als ihr lieb ist.

Marina war immer schon aufdringlichen Blicken ausgesetzt, nun aber wird sie massiv von Orlandos Familie angegriffen. Sie nehmen sich Rechte heraus, die sie mit ihrer Moral, Normalität und Anständigkeit begründen, dabei sind sie widerlich, brutal und zerstörend. Sie fühlen sich als „gute Gesellschaft“ und benehmen sich wie Schweine im Namen von Moral und Kinderschutz. Auch Orlandos Bruder spielt ein doppeltes Spiel.

Marina übersteht das Ganze wie in Trance, taucht dennoch auf der Trauerfeier auf und auch am Grab, wird gewaltsam entfernt und später auch noch in ein Auto gezerrt und durch sexuelle Gewalt verletzt. Auch die Kommissarin zwingt die Trans-Frau zu demütigenden Untersuchungen, um, ja was eigentlich?, festzustellen...

*

Sebastián Lelio (Gloria) hat einen Film über eine Liebesbeziehung gedreht, die auch die Frage an die Gesellschaft zurückwirft: „Wer bestimmt, welche Liebe zulässig ist?“ Denn auch der tote Orlando wird angefeindet. Wie kann er mit so einer zusammen sein? Er bezahlt sie bestimmt; so ist die Rede.

Haben Transsexuelle tatsächlich so wenig Glück? frage ich mich nur an einer Stelle des Films, wo Marina im Schwimmbad-Schließfach nach dem Umschlag mit den Reiseunterlagen sucht und das Fach leer ist. Die einzige enttäuschende Szene.

Der Regisseur, der 2013 auf der BERLINALE Gloria (über eine ältere, unangepasste Frau) mit dem Silbernen Bären für die beste Darstellerin ausgezeichnet wurde, hält mit seinen Filmen der Gesellschaft einen Spiegel vor. Mit Una mujer fantástica kämpft er in schönen Bildern gegen die Ausgrenzung von Transgender-Menschen an. Der Marginalisierung und Diskriminierung von Trans-Frauen auf der ganzen Welt stellt er Verständnis und Mitgefühl gegenüber. Das macht Una mujer fantástica zu einem besonders wichtigen Film und Marina/Daniela Vega zu einer wirklich fantastischen Frau.





Una mujer fantástica | (C) Berlinale

Hilde Meier - 19. Februar 2017 (2)
ID 9858
Nachtrag:
Seit Februar 2016 gibt es in Berlin, dem Eldorado der SLBTI-Community, die erste und deutschlandweit einzige queere Unterkunft für geflüchtete SLBTI-Menschen, die in ihrer Heimat Verfolgung, Folter, Vergewaltigung und Todesstrafe ausgesetzt waren. Es wird von der Schwulenberatung Berlin betrieben. | hm


Weitere Infos siehe auch: http://www.berlinale.de


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