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Kulturkampf um den Nikolo

von Malte Olschewski



Sankt Nikolaus und der Krampus sind politisch nicht korrekt. Die Wiener Vizebürgermeisterin Grete Laska befand, dass fremde Männer in Maske prinzipiell gefährlich seien und die Kleinen nur unnötig erschrecken würden. Daher haben Nikolaus und Krampus ab 2006 Hausverbot in den Wiener Kindergärten. Dieser Beschluss der sozialistisch dominierten Gemeinde Wien hat heftige Proteste ausgelöst. Eine Plattform =Pro Nikolaus= wurde gegründet, deren Sprecher in der Aussperrung des Nikolos eine Gefälligkeit gegenüber der wachsenden Zahl moslemischer Kinder sah. Das Land Niederösterreich ist zur Verteidigung von Sankt Niklas angetreten. Auf der Schallaburg beteiligte sich Erzbischof Küng an einer Demonstration zur Rettung des Nikolos. Gleichzeitig bekämpft in Graz eine Bürgerinitiative die Allgegenwart des amerikanischen Santa Claus.

Schon immer herrschte große Verwirrung um das Personal, das in den Bräuchen der Adventszeit aufzutreten hat. Sind der Nikolaus und Santa Claus ein und dieselbe Person? Warum heißt der Krampus auch Knecht Ruprecht? Wer oder was ist das Christkind? Ist es das neugeborene Jesuskind oder ein spezifisches Englein?

St. Nikolaus lässt sich am ehesten identifizieren, zumal er auch in Adjustierung eines katholischen Bischofs auftritt. Er ist eine volkstümliche Nachschöpfung des frühchristlichen Bischofs von Myra in der heutigen Südtürkei. Der historische Nikolaus war ein Freund der Armen und der Kinder, die er laut Legende immer Anfang Dezember zu beschenken pflegte. Er nahm auch 325 n.Ch. am Konzil von Nicäa teil, bei dem sich die Kirchenväter in der Frage der Dreieinigkeit Gottes konkret in die Haare gerieten. Von Nikolaus wurde berichtet, dass er den Führer der gegnerischen Partei, Bischof Arius, geohrfeigt hat. In der Folge vollbrachte er mehrere Wunder. 200 Jahre nach seinem Tod begann sich ein Kult um St. Nikolaus zu entwickeln. Vor allem in slawischen Ländern ist er zu einem Volksheiligen geworden. Da er viele Schiffer aus am tosenden Meer gerettet haben soll, gilt er auch als Patron der christlichen Seefahrt. 1087 haben italienische Seefahrer seine Gebeine gestohlen und nach Bari gebracht, wo über den Trümmern des byzantinischen Gouverneurspalastes die Basilika St. Nikolaus erreichtet wurde. Im 12. und im 13. Jahrhundert ist eine Art Bauboom für Nikolauskirchen zu verzeichnen. In den Klosterschulen bürgerte sich der Brauch ein, wonach die Novizen am 6.12. von einem als Bischof verkleideten Mönch bestraft wurden. Da nun der würdige Bischof nicht selbst prügeln konnte, wurde ihm ein bösartiger Begleiter zur Seite gestellt, der viele Namen haben konnte. In dieser Figur verbergen sich die vorchristlichen Perchten. Einer seiner Namen wird als Knecht Ruprecht von dem mittelhochdeutschen =Ruhperht= (Rauhe Percht) abgeleitet.

Bald war es ein allgemeiner Brauch, das am Abend des 6.12. der Nikolo mit dem etymologisch ungeklärten Krampus an die Türe klopfte, um die Kinder nach ihrem Wohlverhalten zu befragen und sie dann zu belohnen. Doch bestand diese Belohnung meist nur aus einer Handvoll Nüssen, Bäckereien oder ein paar Äpfeln. Sankt Nikolaus wurde dann am 24.12. noch einmal bemüht, um diesmal als unsichtbarer Besucher und als Weihnachtsmann Geschenke unter den Baum zu legen. Das war nicht ganz logisch. Daher erfand Martin Luther, der jede Form von Heiligenverehrung bekämpfte, das Christkind, das irgendwie mit dem in der Wiege liegenden Christuskind verwandt war. Das Christkind wurde meist als ein Geschenke bringendes Englein dargestellt. Auch dem Christkind fehlte ein eindeutiges, unverwechselbares Aussehen. In diese Lücke trat dann der amerikanische Santa Claus.

Die Getränkefirma Coca Cola hatte nach dem Ersten Weltkrieg viele Kunden verloren, weil man sich entschlossen hatte, bei der Herstellung auf die stark anregenden Koka-Blätter zu verzichten. Auch ging der Umsatz in der kalten Jahreszeit zurück, da man heiße Getränke bevorzugte. Dem musste gegen gesteuert werden. Ein gewisser Haddon Sundblon wurde 1931 mit einer Werbekampagne beauftragt. Er nahm sich den holländischen =Sinterclaas= als Vorbild und machte daraus den Santa Claus. Dieser war in Coca Colas Firmenfarben Rot und Weiß gewandet. Er trug einen wallenden Bart und kam mit einem Rentierschlitten direkt vom Nordpol. Eines seiner Rentiere namens Rudolph zeichnete sich durch eine rote Nase aus. Offenbar ist Santa Claus der Sprache nicht mächtig, denn seine einzige Äußerung besteht in einem leicht verblödeten =Ho! Ho! Ho!=. Mit der allgemeinen Amerikanisierung hat Santa Claus eine Invasion Europas begonnen. Tausende Santas wanken umsatzfördernd durch die Einkaufstrassen. Ihr pausbäckiges Gesicht mit der roten Knollennase beherrscht die Werbespots. Er nimmt auch an Wettbewerben und an Ralleys teil. Santa Claus ist in diesen Tagen überall. Die Figur wird stark ausgebeutet. Nicht nur dass im Fernsehen Filme mit Santa als Hauptfigur laufen. Bei verschiedenen Charity-Events muss Santa Claus die Spenden einsammeln. In der Poker-Akademie von Senefeld wird ein Santa Claus-Turnier bestritten. Und das britische Großkaufhaus Harrods hat einen seiner Santas gefeuert, weil er angeblich rassistische Witze gemacht hatte: =Ho!Ho!Ho!=

Malte Olschewski - red / 8. Dezember 2006
ID 2848


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