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Zur Kenntnis genommen

Erschließung des kulturellen Erbes und der Glyphen der Maya



Die Piedra-Negras-Stele gehört zur Dauerausstellung im RJM. | Foto (C) Helga Fitzner


Eigentlich spielt sich alles hinter verschlossenen Türen ab: Seit Anfang September 2018 bekommt das Rautenstrauch-Joest-Museum in Köln Besuch von einem Technik-Team, das die dort vorhandenen Artefakte der Maya-Kultur mittels eines 3D-Weißlichtscanners digitalisiert und dreidimensional visualisiert. Doch für eine Stunde war die Presse zugelassen, um sich das Ereignis kurz demonstrieren zu lassen.

Die Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften und der Künste hat 2014 das Langzeitprojekt Textdatenbank und Wörterbuch des Klassischen Maya ins Leben gerufen, das sich der Erfassung und Digitalisierung von allen zur Verfügung stehenden Überresten der Maya-Glyphen gewidmet hat und dieses auf einer frei zugänglichen und lizenzfreien Text- und Bilddatenbank veröffentlicht und damit international zugänglich macht. Da erst zwischen 60 und 80 Prozent der Glyphen entziffert sind, wird erst einmal alles eingescannt, auch wenn es sich möglicherweise nur um Pseudoglyphen handeln sollte. Wichtig ist eine umfassende Aufbereitung noch vorhandener Schätze. Man geht derzeit von rund 10.000 Textträgern aus, auf denen zwischen 800 und 850 verschiedene Zeichen wie Buchstaben, Silben oder ganze Begriffe erkennbar sind. Heute werden noch über 30 Maya-Sprachen gesprochen, und sechs davon kommen der Glyphensprache noch sehr nahe, wie die der Lacadon-Maya in Chiapas, Mexiko.

Einige der Artefakte sind mittlerweile verschwunden, andere stark erodiert, sodass die Experten froh sind, wenn es Fotos gibt, wie die des österreichischen Architekten Teobert Maler (1842-1917), Zeichnungen, Abreibungen oder auch über 100 Jahre alte Gipsabgüsse, die oft über mehr Details verfügen als die Originale im jetzigen Zustand. Der Fokus liegt derzeit auf Europa, aber das Team um Nikolai Grube, zu dem Christian Prager und Sven Gronemeyer vom Institut für Archäologie und Kulturanthropologie, Abteilung für Altamerikanistik der Universität Bonn, gehören, wollen natürlich auch gerne vor Ort in Mexiko und Guatemala arbeiten.

Die Digitalisierung erfolgt - laienhaft ausgedrückt - mittels winzigster Dreiecke, ähnlich der Triangulation bei der Geländevermessung. Der Scanner kann die Konturen verbessern und fehlende Teile nachberechnen. Für flache Reliefs braucht er nur mehrere Stunden, ein tiefes Relief wird aus mehreren Perspektiven aufgenommen, so wurden für die Front der Piedras Negras Stele 35 des RJM zwei Tage gebraucht. Es werden schrittweise alle Artefakte der Ausstellung im RJM sowie die im Steindepot und Außenlager befindlichen gescannt, sodass auch bislang nur gelagerte Stücke zumindest digital zugänglich sein werden.

Die Absicht ist nicht nur die vollständige Entschlüsselung der Glyphen, sondern auch erweiterte Kenntnisse der ganzen Kultur. Auf der Piedras-Negras-Stele wird z.B. eine weibliche Gefangene erwähnt, die 662 n.Chr. bei König K'an Ahk verweilte. Ihr Name beginnt mit den Glyphen für „j“ und „a“. Mit etwas Glück und durch die Vernetzung wird man vielleicht eines Tages mehr über ihr Geschick erfahren. Vielleicht war sie nur als „Pfand“ eines befreundeten Königs dort, als Geisel oder mögliche Heiratskandidatin.



Christian Prager hat den Scanner für den Textteil der Stele eingestellt, der von der weiblichen Gefangenen berichtet. | Foto (C) Helga Fitzner


Das RJM hat sich auf „Kulturen der Welt“ spezialisiert. Die letzte große Sonderausstellung mit dem Themenschwerpunkt Mittel- und Südamerika war Das göttliche Herz der Dinge (2012/13), wo ein ganzer Teil der Exponate zu sehen war.

Die Webseite des Maya-Wörterbuchs ist auf deutsch, englisch und spanisch, sodass eine breite Nutzerschaft angesprochen werden kann. Natürlich können nur die konkreten Dinge erfasst werden, während die Maya-Kultur sich durch mindestens drei Ebenen auszeichnet: der dinglichen, metaphorischen und metaphysischen Welt. Die metaphysische wird nur mündlich im Rahmen von entsprechenden Initiationen weitergegeben.

Das Projekt der Textdatenbank und Wörterbuch des Klassischen Maya ist trotzdem ein wichtiger Schritt. Denn wie essenziell allein die Erschließung und Sicherung des kulturellen Erbes ist, sehen wir gerade an dem verheerenden Archivbrand in Rio de Janeiro. So schnell kann das „Gedächtnis“ ganzer Kulturen verloren gehen. Die Kölner pflegen eine Städtepartnerschaft mit Rio und sind seit dem Kölner Archiveinsturz besonders sensibilisiert für den Verlust und die Bedeutung der Bewahrung von Kulturgut.



Bildquelle: mayawoerterbuch.de

Helga Fitzner - 7. September 2018
ID 10895
Weitere Infos siehe auch: http://mayawoerterbuch.de/


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