Blutrünstige
Idylle
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Bewertung:
Das Sauerland liegt vor den Toren des Ruhrgebiets und ist das Naherholungsgebiet für diese Region. Nun tritt es aus seinem etwas verschlafen-biederen Image heraus und dient als Kulisse für grausame Morde und Verbrechen. In elf Geschichten [mit dem Übertitel Wer mordet schon im Hochsauerland] entführt Margit Kruse ihre Leser in die bäuerliche Provinz, um sie dort mit Mord und Totschlag zu konfrontieren. Und wer den Verbrechen in landschaftlich schöner Umgebung nachspüren will, der bekommt auch gleich die entsprechenden Freizeittipps präsentiert. Ohne großen Aufwand lassen sich die angegebenen Orte finden, egal ob es sich um Kreuzwege, Gaststätten, Aussichtspunkte oder gar ein prominentes Hundegrab handelt. Da das Sauerland bisher nicht für eine erhöhte Verbrechensquote bekannt ist, dürfte der Ausflügler die Reise zu den Schauplätzen vermutlich überleben und verbringt so einen Urlaub der ganz besonderen Art.
Spannend sind die Geschichten und nehmen oft ungeahnte Wendungen. In den elf Stories brilliert die Autorin mit dem ihr eigenen Witz, der sich auch in der Schilderung der skurrilen Charaktere ihrer Protagonisten niederschlägt. Selbstbewusst wissen sich diese von Kollegen, Vorgesetzten, Konkurrenten, Neidern oder lästigen Liebhabern zu befreien. Dass dabei ausgiebig und detailliert geschildert Blut fließt sollte den krimierfahrenen Leser nicht schrecken.
„In Martins Kopf jubelte es. Das ist die Chance, schoss es ihm in sein vernebeltes Hirn. Ohne groß nachzudenken, zog er das Messer wieder aus der Hosentasche, klappte die lange Klinge aus und stach von hinten zwischen den dichten Fichtenzweigen auf den gebückten Piotr ein. Wieder und wieder, als würde sein Arm von einer inneren Macht geführt. Martin hatte das Gefühl, er stieß das Messer in ein rohes Stück Fleisch, das kaum nachgab. Es knackte entsetzlich. Nach jedem Stich zog er die Klinge heraus und stach erneut zu. All die angestaute Wut fiel dabei von ihm an. Mit jedem Stich mehr. Sekunden später vernahm er ein lautes Röcheln. Das Opfer kippte nach vorne und blieb lautlos in dieser Haltung liegen. (S. 126)
Obwohl sich die Mordfälle für den Leser lösen, tappt die Polizei so manches Mal im Dunkeln, und die Selbstjustiz der Täter bleibt ungeahndet.
Doch neben den Mördern gibt es im Buch ja noch die Freizeittipps, die gut recherchiert aber optisch etwas unglücklich ins Schriftbild gesetzt sind. Die schwarz hinterlegten Zahlen weisen auf die hinter jeder Geschichte befindliche Liste mit den kurz erläuterten Lokalitäten hin. Neben landschaftlichen Besonderheiten stehen hier auch Hotels, Gasthöfe und sogar eine regional ansässige Strumpffabrik, die damit allesamt eine gewisse Werbung erfahren. Dies erinnert an die Restaurant- und Hotelempfehlungen in vielen Reiseführern, die ebenfalls nicht vollständig sein können und somit manch gute Lokalität außer acht lassen müssen. Hilfreich zur Orientierung wäre im Buch eine Übersichtskarte.
Der Gmeiner Verlag will mit dem skizzierten Doppelmodus "Krimi und Freizeit" gegen die konkurrierenden Neuerscheinungen bei den Kriminalromanen herausstechen. Und so ist die amüsante wie kurzweilige Mordserie im Hochsauerland nicht die einzige ihrer Art. Denn auch im Ruhrgebiet, im Vogtland oder in der Oberlausitz wird inzwischen gemordet, was das Zeug hält. Ob prinzipiell der Spagat zwischen Kurzkrimis und dieser Art von Freizeittipps funktioniert, muss jeder Leser für sich entscheiden.
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Ellen Norten - 2. November 2015 ID 8958
Margit Kruse | Wer mordet schon im Hochsauerland
Der Kriminelle Freizeitführer: 11 Krimis und 125 Freizeittipps
Paperback, 277 Seiten
Eur 10,99
E-book (Pdf, ePub) Eur 8,99
Gmeiner Verlag, 2015
ISBN 978-3-8392-1780-1
Weitere Infos siehe auch: http://www.gmeiner-verlag.de/kriminelle-freizeitplaner/titel/1201-wer-mordet-schon-im-hochsauerland.html
Post an Dr. Ellen Norten
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