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Sachbuchkritik

Bismarck für

Fortgeschrittene



Bewertung:    



1815, also vor genau zweihundert Jahren, wurde der „Eiserne Kanzler“ geboren, Grund für ein Buch zu seiner Person und Grund für mich, mich mit Bismarck und der Entstehung des Deutschen Reiches zu beschäftigen. Doch schon der genauere Blick in die Publikation birgt eine Enttäuschung, denn es handelt sich lediglich um die Neuauflage eines bereits 1997 erschienen Werkes [Bismarck - Dämon der Deutschen], das nur um ein Vorwort ergänzt wurde. Fast zwanzig Jahre sind vergangen, in denen sich die historische Bewertung des Politikers geändert haben mag. Ich beschäftige mich also mit einem Text, den Verlag und Autor vermutlich noch als aktuell einstufen (was ich glauben muss) und der sich in seinem Nachwort allerdings immer noch auf die Kanzlerschaft von Helmut Kohl bezieht.

Nach diesen deutlichen Mängeln lasse ich mich trotzdem auf den Text ein und merke, dass die Bezeichnung Anmerkungen zu einer Legende wirklich sehr konkret verstanden werden will. Zwar hangelt sich der Autor an den biografischen Daten von Bismarck entlang, es entsteht aber kein wirkliches Bild seiner Person, denn Johannes Willms ergänzt lediglich ein Wissen, das er bei seinem gebildeten Leser voraussetzt.

Über dieses Wissen verfüge ich nicht, und so muss ich einiges im Lexikon nachschlagen. Dennoch haben diese Anmerkungen sicher ihre ganz eigene Qualität. Willms Blick auf den bedeutenden Staatsmann ist kein verklärter, sondern er stürzt den Kanzler von seinem hohen Ross.


„Die machthungrige Skrupellosigkeit Bismarcks, die unter dem dünnen Schleier seiner ultra-royalistischen Haltung überdeutlich hervortritt, war ein Charakterzug, der ihn ein Leben lang beherrschte und seine Handlungen leitete.“ (S. 36)


Zwar wird Bismarck heute in der Gesellschaft kaum mehr verehrt, und auch sein runder Geburtstag tritt nicht wirklich in Erscheinung, doch gibt es wohl in fast jeder Stadt eine Bismarckstraße oder einen entsprechenden Platz, und eine Reihe von Bismarcktürmen stehen nach wie vor in unserem Land. Insofern ist es vielleicht mutig, das einstige Idol als Dämon der Deutschen zu bezeichnen.


"Er reduzierte komplexe Sachverhalte auf schlichte Machtfragen. Mit dieser Methode, Politik zu einer Dreisatzaufgabe und jedermann verständlich zu machen, avancierte er schon zu Lebzeiten zum Idol aller Professoren und leitartikelnden Lehnstuhlstrategen." (S. 58)


Auch wenn Bismarck im Buch eher blutleer und nüchtern beschrieben und kritisiert wird, so versteht Willms es immerhin, ein Gefühl für die damalige Zeit zu vermitteln. Ob es das gerade aufkeimende Demokratieverständnis ist, das noch weitgehend im unbedingten Gehorsam des Preußenstaats untergeht oder die strategischen außenpolitischen Überlegungen, die auf Allianzen setzten und so nur einen brüchigen Frieden in Europa sichern, an all diesem ist Bismarck beteiligt. Vor uns steht ein eitler, selbstsüchtiger Machtmensch, der sich am Ende in seinen eigenen Strategien verheddert und 1890 an Kaiser Wilhelm II scheitert. Resümierend sieht Willms die Politik Bismarcks als Weichenstellung für den ersten Weltkrieg und die NS-Diktatur.


„Dort wo heute am Rande des ehemaligen Konzentrationslagers Buchenwald bei Weimar der Glockenturm steht, der nach der Befreiung des Lagers zum Gedenken an die Opfer errichtet wurde, erhob sich bis 1945 ein Bismarckturm. Seine Quadersteine lieferten das Baumaterial für dieses Mahnmal, das einsteht für das Ende in Schande, das Bismarcks Erbe nahm. Saxa loquuntur." (S. 332)


Die Steine sprechen.


Diese Quintessens ergibt sich für mich aus dem Text nicht. Ein Buch zum 200. Geburtstag von Otto Fürst von Bismarck habe ich mir anders vorgestellt.
Ellen Norten - 12. August 2015
ID 8808
Johannes Willms | Bismarck - Dämon der Deutschen
Paperback, 336 Seiten
EUR 12,90 (Tb) | EUR 10,99 (Ebook)
dtv, 2015 (Neuauflage)
ISBN 978-3-423-34838-6


Weitere Infos siehe auch: http://www.dtv.de/buecher/bismarck_-_daemon_der_deutschen_34838.html


Post an Dr. Ellen Norten



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