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Sachbuch

Jiddisch für

Unfortgeschrittene



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Der weit über die deutschsprachigen Grenzen hinaus bekannte Hamburger Sprachwissenschaftler Christoph Gutknecht (ja und nicht nur alle Lieschen Müllers unter uns kennen ihn sicherlich, und ohne dass sie es groß wüssten, als markant sich anhörende Fernseh- und Synchronstimme) ist - was wohl kaum verwundert - ein begnadeter Sprachkenner als wie Sprachverwerter oder Sprachbenutzer! Seine Formulierungen, nicht nur in seinen vielen Sachbüchern und publizistischen Veröffentlichungen [sogar bei uns hier!] lassen nichts zu wünschen übrig. Seine Art mit Sprache zu "jonglieren" ist mit einem hohen Fettanteil hanseatischen Humors und unbedingter Ironie durchwachsen. Es macht einfach Spaß ihn zu (er-)lesen und schafft also gute Laune obendrein; das ist in unserm sprachverkürzten als wie sprachvernachlässigenden Web-Zeitalter von gar nicht hoch genug zu schätzender Bedeutung, und es stiftet Trost & Hoffnung, dass die Welt am Ende doch nicht vollverblödend untergeht...

*

In Gauner, Großkotz, kesse Lola hat er 65 pfiffig-kurzweilige deutsch-jiddische Wortgeschichten (mit je 2 bis 3 Buchseiten Länge) aufgeschrieben. Einleitend - für Leute, die auf die Materie nicht oder noch nicht so selbstverständlich eingeschworen sind wie er - zitiert er den polnisch-US-amerikanischen Nobelpreisträger Isaac Bashevis Singer (1902-1991), der in seiner auf Jiddisch gehaltenen Preisrede im Jahre 1978 Folgendes bemerkte: "Jiddisch hat noch nicht sein letztes Wort gesprochen. Es hält Schätze bereit, die der Welt noch nicht zu Augen gelangt sind. Es war die Sprache von Märtyrern und Heiligen, von Träumern und Meistern der Kabbala - reich an Humor und Erinnerungen, die das Menschengeschlecht nicht vergessen darf. Im übertragenen Sinne ist Jiddisch die weise und bescheidene Sprache von uns allen, die Sprache der furchtsamen und hoffenden Menschheit."

Gutknecht ist mithin daran gelegen, Obiges [s. Zitat] bekräftigend zu untermauern, wenn er justament in seiner Sammlung an die fünf Dutzend jiddisch- sowie hebräisch-stämmige Wörter, "die uns seit rund drei Jahrzehnten wieder vermehrt begegnen und nach meiner Wertung unsere Sprache bereichern - ob in der Literatur, in der Presse oder in der Alltagssprache", nacheinander vorstellt:

Tacheles, Tinnef, kess, mies, Sauregurkenzeit, Stuss, Schmonzette, Macke, meschugge, betucht, Geseire (eines meiner Lieblingsworte, das ich oft und gern gebrauche, wenn ich auf nicht mehr zu hören wollendes "Gelabere" verweisen will), Krethi und Plethi, schofelig, Pleite, Chuzpe, kiebitzen, Kohl reden, Rochus auf etwas oder auf jemanden haben, Knast, Mischpoche (besser noch: Michpoke), lau, Kabale, dufte, Gauner, Großkotz, Hals und Beinbruch, Schickse (aus dem Lieblingsschimpfwortkanon meiner Mutter, wenn sie eine "eingebildete Ziege" damit meint), Schmus, Mammon, Schlamassel, Zoff, Zosse (Lieblingswort von meinem Vater für 'nen "Ackergaul" oder 'ne "Schindmähre"; er war als Pubertierender beim Zirkus Sarasani, wo es derartige Zugmaschinen gab) und/oder mosern, Pustekuchen, abzocken, baldowern, Guten Rutsch etc. pp.

Mit allen diesen schönen Worten oder Wortwendungen [s.o.] bin ich groß geworden. Sie gehörten und gehören - und wahrscheinlich nicht nur mir - zum fast normalen Sprachgebrauch. Durch sie lernte ich reden, und ich konnte freilich, ohne dass ich mir dann groß etwas zur jeweiligen Synonymität gedacht hätte, mit ihnen jeweils etwas anfangen. Ja, ich gebrauchte sie wahrscheinlich immer oder meistens richtig und im passend(st)en Zusammenhang. Dass es dann diesen jiddischen sowie hebräischen Sprachkontext gab und gibt - wer hätte einem das schon groß vermitteln sollen oder wollen; den heranwachsenden Germanisten oder Linguisten in der damaligen DDR (woher ich stamme) wird das Alles zwar bewusst geworden und gewesen sein - - aber "uns Rest"?

Dass Gutknecht diese Art Erinnerungsarbeit in mir erwecken konnte, spricht eindeutig für das völlig undidaktische Herangehen hinsichtlich seiner "Wörtersuche" oder "Wörterfindung" in dem populär gemachten Buch. Ich las in ihm während einer weit über 5stündigen Zugfahrt von Berlin nach München. Ja, diese Lektüre tat die Reise stark erleichtern und verkürzen.

Kaufen, lesen, selbst entdecken!!!
Andre Sokolowski - 13. April 2016
ID 9252
Christoph Gutknecht | Gauner, Großkotz, kesse Lola
Deutsch-jiddische Wortgeschichten

256 Seiten, 125 x 190 mm, Paperback
14 EUR
be.bra verlag, 2016
ISBN 978-3-86124-696-1


Weitere Infos siehe auch: http://www.bebraverlag.de/verzeichnis/titel/702-gauner-grosskotz-kesse-lola.html


http://www.andre-sokolowski.de



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