Drei Freunde auf „Sinnsuchen“
Ann-Kristin Iwersens literarisches Blog-Projekt „Auf der Suche nach dem verlorenen Sinn“
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Das ist Ann-Kristin Iwersen (Foto: privat)
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An ganz ungewohnter Stelle – nämlich auf der Karrierewebsite academics.de – findet derzeit in einem Blog ein außergewöhnliches literarisches Experiment statt. Die Autorin des Blogs „Wissenschaft mal anders“, Ann-Kristin Iwersen, schreibt dort unter dem Titel Auf der Suche nach dem verlorenen Sinn einen auf zwölf Wochen angelegten Fortsetzungsroman, der versucht, Wissenschaft und Literatur auf unterhaltsame Weise zu verknüpfen.
In dem Episodenroman, der in insgesamt zwölf Folgen aufgeteilt ist, die wöchentlich in wiederum drei „Happen“ unterteilt erscheinen, entschlüsseln die drei frischen Studienabgänger Amanda, Katie und Kevin geheimnisvolle Texte, weil letzterem dafür eine Arbeitsstelle bei einem renommierten Unternehmen winkt. Auf der Suche nach des Rätsels Lösung finden die drei selbstverständlich viel mehr – und was, bleibt vor allem auch dem Leser selbst überlassen. Die einzelnen Folgen sind im Grunde in sich geschlossen, bauen jedoch aufeinander auf und arbeiten gemeinsam auf das Finale hin, also ähnlich einer Fernsehserie oder vielleicht auch einem mittelalterlichen Roman – das „Prologprogramm“ jedenfalls deutet darauf hin, dass sich die Autorin auch in der Literatur des deutschen Mittelalters hat inspirieren lassen.
Auf der Suche nach dem verlorenen Sinn ist eine Sinnsuche, zunächst im einfachen Sinne der Suche nach dem Sinn der Texte, die die Leser gemeinsam mit dem Trio, zudem sich später auch noch der etwa fünfzigjährige Kellner Nermin gesellt, zu lösen versuchen. Auf kurzweilige, unterhaltsame Weise wird dabei kulturelles Wissen vermittelt und vor allem aber auch einfach zum Nachdenken und Weiterforschen angeregt. Der Leser hat dabei, wie die Figuren, oft das Gefühl, nur einen Bruchteil zu erfassen. Das ist aber vielleicht ja auch ganz im Sinne der Autorin, dass so jeder seinen eigenen Sinn finden kann. Amanda, Katie, Kevin und Nermin akzelerieren diesen Sinnkonstruktionsprozess durch die verschiedenen Facetten ihres Charakters, die sich allerdings auch erst im Laufe des Romans entwickeln: Ganz wörtlich, denn die Geschichte entsteht kapitelweise pünktlich zur jeweiligen Episodenveröffentlichung. Zugleich – und hier deutet sich an, dass die Suche nach dem Sinn über die bloße Suche nach dem Sinn der rätselhaften Texte weit hinausgeht – entwickeln die Charaktere von Folge zu Folge mehr Dynamik und vor allem mehr Tiefe. So darf man vermuten, dass ihre Lebensgeschichten auch noch die Basis für eine individuelle Sinnsuche bieten. So ist dieses literarische Projekt nicht bloße Unterhaltung, nicht bloße Wissensvermittlung, sondern vor allem: eine große Entdeckungsreise, auf die der Leser sich gerne mitnehmen lässt.
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(C) http://www.academics.de
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Das Projekt läuft noch bis zum 30. April in dem Blog „Wissenschaft mal anders“ auf der Seite http://www.academics.de unter der u.g. URL - und ist auf jeden Fall die Lektüre wert.
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Benjamin Matern - 12. März 2014 ID 7665
Benjamin Matern (*1981) studierte Germanistik und Anglistik in Frankfurt und arbeitet als Übersetzer und freier Autor. Unter anderem ist er Verfasser von „Molly Mormon – der einzig wahre Wahnsinn“, einzigem deutschsprachigen Fortsetzungsroman, der die Lebenswelt jugendlicher Mormonen thematisiert und online einmal wöchentlich erscheint.
Weitere Infos siehe auch: http://www.academics.de/blog/index.php/author/ann-kristin-iwersen/
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