Vom Unter-
grund der
Zivilisation
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Bewertung:
Der Schriftsteller und Filmemacher Alexander Kluge legt nach seinem Hauptwerk Chronik der Gefühle in diesem Herbst die Chronik des Zusammenhangs vor, eine 700 Seiten umfassende Sammlung von funkelnden Ideen und verstörenden Szenarien. Ein Panoptikum der Zivilisation.
Kluge besitzt ein geschultes Auge für jene Momente, die einer Geschichte eine neue Wendung verleihen. Dabei leitet ihn die titelgebende Figur des King Kong, jenes monströsen Affen, der in irrer Liebe zu einer Menschenfrau entbrennt, die er kompromisslos schützt und für die er alles riskiert. King Kong steht für zweierlei: Der brutale Riesengorilla besitzt eine außergewöhnliche Empfindsamkeit. In diesem Widerspruch von rabiater Außenwelt und sentimentaler Innenwelt lässt sich ein Leitmotiv dieses detailverliebten Kompendiums erkennen.
Andererseits steht der monumentale Affe in seiner archaischen Brutalität auch für die Radikalität der Gefühle. Es sind die Emotionen, die unser Leben sinnvoll machen. Kluges Buch verteidigt diese archaische Gefühlswelt gegen die sterilen Fangnetze der Aufklärung und führt dem Leser die unkalkulierbare Explosivität der Affekte vor Augen. Dieser Untergrund der Zivilisation ist von der Vernunft nicht einzuholen.
Alexander Kluge ist ein unermüdlicher Sammler emotionaler Abenteuer, die er in unzähligen Miniaturen auf den Punkt bringt. Dabei gilt: „Die Utopie wird immer besser, während wir auf sie warten.“ Dass dies so ist, dafür sorgt das Gefühl, nicht der Verstand. Kluges Chronik des Zusammenhangs von Vernunft und Unvernunft leistet damit auch einen Beitrag zum Verständnis jener explosiven Anfeindungen, mit denen sich die offene Gesellschaft in diesen Tagen konfrontiert sieht.
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Jo Balle - 27. November 2015 ID 9011
Alexander Kluge | Kongs große Stunde - Chronik des Zusammenhangs
Leinen, 680 S.
D: 38,00 € | A: 39,10 € | CH: 50,90 sFr
Suhrkamp Verlag, 2015
ISBN 978-3-518-42494-0
Weitere Infos siehe auch: http://www.suhrkamp.de/buecher/kongs_grosse_stunde-alexander_kluge_42494.html
Post an Dr. Johannes Balle
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