Sehen
statt
hören
|
|
Bewertung:
Wer einen Wandkalender mit oder über Literatur sucht, hat die Qual der Wahl. Musik ist sehr viel seltener ein Thema. Freilich kann man sich fragen, ob der Kalender das geeignete Medium für Musik ist. Die Reduktion auf das Abbildbare erscheint im Zeitalter von CD, iPod und Streaming eher anachronistisch. Dennoch: die Musikfotografie hat, insbesondere im Bereich des Jazz, bemerkenswerte Resultate hervorgebracht und eine eigene Tradition herausgebildet. Wer also daran sein Vergnügen hat, findet jetzt in der edition momente ein attraktives Angebot, das ihn durch das kommende Jahr begleiten könnte.
Genauer als Musikkalender wäre allerdings die Bezeichnung „Musikerkalender“, oder, wenn man auf gendergerechter Sprache besteht, „Musiker*innenkalender“. Der Grund liegt auf der Hand: ein Mensch lässt sich abbilden, Musik nicht. Und so zeigen die meisten Fotos Dirigenten, Komponisten, Sängerinnen und Sänger (gerne in Opernrollen), Instrumentalisten. Begleitet werden sie von Aussprüchen der abgebildeten Künstler oder, seltener, über sie und von kurzen Abbildungslegenden. Das Medium wird optimal genützt, wenn man die Musiker in Aktion sieht. Dagegen ist ein Porträt aus dem Fotostudio wie z.B. von Bruno Walter oder von der Pianistin Teresa Carreño wenig inspirierend. Einige wenige Bilder sind auch unfreiwillig komisch, so das bekannte Foto der „Drei Tenöre“ mit aufgerissenen Mündern.
Der Jazz kommt übrigens in diesem Kalender nicht vor. Weiter als bis zu Edith Piaf, Miriam Makeba oder Friedrich Hollaender wagt er sich nicht über die so genannte Klassik hinaus. Immerhin begegnet man einigen Persönlichkeiten, die nicht in deren Zentrum stehen, wie E.T.A. Hoffmann, Arthur Sullivan oder Carl Michael Ziehrer.
Dass die Herausgeber wissen, was ein gutes Foto ausmacht, beweist die Wahl des Titelblatts. Es zeigt die litauische Dirigentin Mirga Gražinytė-Tyla mit einer exaltierten Geste vor ein paar Streichern. Schade, dass nicht alle Fotos diese Qualität besitzen.
Thomas Rothschild – 9. Oktober 2021 (2) ID 13196
Verlagslink zum
Musik Kalender 2022
Post an Dr. Thomas Rothschild
Literatur
ROTHSCHILDS KOLUMNEN
Hat Ihnen der Beitrag gefallen?
Unterstützen auch Sie KULTURA-EXTRA!
Vielen Dank.
|
|
|
Anzeige:
Kulturtermine
TERMINE EINTRAGEN
Rothschilds Kolumnen
AUTORENLESUNGEN
BUCHKRITIKEN
DEBATTEN
ETYMOLOGISCHES von Professor Gutknecht
INTERVIEWS
KURZGESCHICHTEN- WETTBEWERB [Archiv]
LESEN IM URLAUB
PORTRÄTS Autoren, Bibliotheken, Verlage
UNSERE NEUE GESCHICHTE
= nicht zu toppen
= schon gut
= geht so
= na ja
= katastrophal
|