Subtiler Grusel
aus dem
Ruhrgebiet
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Bewertung:
Es ist eine bizarre Paarung zwischen düsteren Mord- und Adventsmotiven. Fast könnte man meinen, dass das eine nur mit oder gar durch das andere funktionieren kann, und zwar dann, wenn man einmal hinter die Fassaden der biederen Ruhrgebietsbürger schaut. Auf den ersten Blick sind es alltägliche Menschen, die in eine Täterrolle gelangen, gereizt sind sie, manchmal nur durch Nebensächlichkeiten aufgestachelt werden sie geradezu psychotisch, steigern sich ins Unerträgliche.
Kleinigkeiten sind es, die die Menschen zu Mördern werden lassen; ein strenger Chorleiter mit festen Grundsätzen, eine einsame Dame, die nicht länger die Post für ihre Nachbarn annehmen will, ein Streit beim Monopolispiel, ein traditionelles Gänseessen, eine aufdringliche Mutter oder die erdrückende Situation in einem Altenheim: Tod und sogar Folter lauern überall.
Es sind die Menschen aus dem eigenen Wohnviertel, hinter deren Fassaden sich die Mordlust entwickelt. Wehe, wenn sie losgelassen - könnte man meinen und spürt die Beklemmung, wenn die Grenze zur Gewalttätigkeit bei ihnen nur um wenige Millimeter verschoben wird.
"Eigentlich keine gute Zeit zum Sterben, fand Dirk. So kurz vor Weihnachten. Na ja, Monika hatte es sich nicht ausgesucht. Die Umstände machten schnelles Handeln erforderlich. Er atmete durch und war erleichtert, dass der Arzt keinen Verdacht geschöpft hatte. Dieser Versager hatte die Zeichen einer Vergiftung nicht erkannt. Herzinfarkt war doch ein toller Tod. Dirk schaute aus dem Wohnzimmerfenster. Er feierte Überstunden ab, hätte also Zeit, zum Haus Abendsonne zu fahren um sich von seiner Mutter zu verabschieden. Die Notwendigkeit sah er jedoch nicht ein, schließlich hatte er ihr schon gestern Adieu gesagt." (S. 142)
Ein wenig kleingeistig blicken Opfer wie Täter kaum über den Tellerrand ihres Viertels. Die Krimis spielen im gesamten Ruhrgebiet, von Wesel bis Hamm, über Essen, Bochum, Dortmund und im Sauerland. Die Städte und Regionen bilden die Kulisse für die eigenartigen Erzählungen, in denen – und das ist eine der großen Leistungen der Autorin Margit Kruse – typische Menschen aus dem Revier agieren. Und wir lernen neben ihnen auch die Lokalitäten kennen, ohne Übertreibung, einfach wie sie sind:
"Schloss Lembeck lag noch im Stadtgebiet von Dorsten am Rande des nördlichen Ruhrgebiets mitten im wunderschönen Naturpark Hohe Mark-Westmünsterland, umgeben von Wäldern am Stadtrand von Lembeck. Zwischen 1670 und 1692 wurde es zu dem heute noch gut erhaltenen Wasserschloss umgebaut. Es beherbergte nicht nur ein Museum, sondern noch ein Hotel sowie ein Restaurant und verfügte über einen herrlichen Schlosspark." (S. 233)
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Passend zum Adventskalender sind es 24 Kurzkrimis, in denen nicht nur Gänse und Karpfen das Zeitliche segnen.
Passende Lektüre für die Weihnachtszeit.
Ellen Norten - 26. Oktober 2019 ID 11761
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Gmeiner Verlag
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