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Der reale

Doktor Skowronnek





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Ein Teil der Faszination, die von realistischen Romanen, Filmen oder Theaterstücken ausgeht, besteht darin, dass man sich deren Figuren außerhalb der erfundenen Welt imaginiert, sie aus der Fiktion in die Erfahrungswelt hinüber verfrachtet. Daher die häufige, zwar naive, aber psychologisch verständliche Frage: Was geschah später? Was ist nach dem Ende des Romans, des Films, des Theaterstücks passiert?

So inadäquat diese Frage ist: es gibt Fälle, in denen tatsächlich fiktiven Figuren reale Vorbilder zugrunde liegen. Zwar werden sie in der Regel im künstlerischen Werk verfremdet, sei es, um ihre Identität zu verschleiern, sei es aus Gründen der Komposition, und nicht immer lohnt es, den Spuren dieser Modelle nachzuforschen. Manchmal aber führen diese zu einer Geschichte ganz eigener Art, deren Aufdeckung mehr leistet als eine Fußnote zum literarischen, filmischen oder dramatischen Werk.

In Joseph Roths Radetzkymarsch gibt es die überaus sympathische Figur des Doktor Skowronnek. Ihr diente ein Freund des Autors als Anregung. Er hieß Dr. Josef Löbel, war Arzt und seinerzeit durch eigene Publikationen weithin erfolgreich und hat sich am 20. Mai 1942, drei Jahre nach Joseph Roths Tod, in Prag vergiftet. Mit dem Selbstmord ist er der Deportation nach Theresienstadt zuvorgekommen. Die kommentierten Dokumente über diesen Josef Löbel und zusätzliche Abbildungen sowie Zeugnisse von Zeitgenossen und Nachgeborenen findet man jetzt an einer unerwarteten Stelle: im Verlag der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie. Peter Voswinckel, selbst Onkologe und Medizinhistoriker, hat die Ergebnisse seiner Recherchen in einem großformatigen Band veröffentlicht. Sie lesen sich wie ein Krimi und sind zugleich ein Zeugnis nicht nur der Menschenvernichtung im Dritten Reich, sondern auch der Spurenverwischung nach 1945, die einher geht mit der Bereicherung durch die anhaltende Vorteilnahme aus der „Arisierung“.

Der 1882 in Siebenbürgen geborene Löbel lebte und praktizierte in Wien, Franzensbad und Berlin. Über die ärztlichen Kreise hinaus bekannt wurde er durch Feuilletons – eine journalistisch-literarische Gattung, die auch Joseph Roth gepflegt hat und die heute fast in Vergessenheit geraten ist –, und zwar mit spezifischem medizinischem Inhalt. Voswinckels Band enthält eine Reihe von Beispielen.

Der österreichische Arzt Werner Vogt hat beachtliche Verdienste erworben durch die Aufdeckung und Publizierung der Verbrechen des maßgeblich an der Euthanasie beteiligten und noch 1975 mit dem Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst I. Klasse ausgezeichneten Psychiaters Heinrich Gross. Peter Voswinckel, dreizehn Jahre jünger als Vogt, bemüht sich nun um Gerechtigkeit für eins der vielen Opfer des Nationalsozialismus. Die andere Seite der Medaille. Beide, Vogt wie Voswinckel, korrigieren mit ihrem Engagement das Bild vom unpolitischen, nur dem beruflichen Erfolg verpflichteten Arzt.



Thomas Rothschild – 15. November 2018
ID 11046
Link zum Buch: https://www.dgho.de/publikationen/buecher-zur-dgho-geschichte/dr-josef-loebel


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