Außenansichten
vom Ort des
Verbrechens
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Bewertung:
Halle an der Saale hat schon oft die Kulisse für Mord und Verbrechen geboten, sei es den von dem Hallensischen Autor Stephan Ludwig ins Leben gerufenen Kommissar Zorn und seinem Adlatus Schröder oder sei es beim Polizeiruf 110 mit den Kriminalhauptkommissaren Schmücke und Schneider. Nun ist es eine Anthologie, die rechtzeitig zum Treffen des Syndikats, der Vereinigung deutscher Krimiautoren, erschien und Halle von seinen verschiedenen mörderischen Seiten zeigt. Um es vorweg zu nehmen, keiner der Autoren stammt aus Halle, lediglich der Herausgeber ist (immerhin) in die Stadt der Salzsieder gezogen. Das ist schade, merkt man den gut recherchierten und professionell geschriebenen Geschichten doch manchmal an, dass der echte Insiderblick fehlt.
Vielleicht ist dies jedoch der Situation geschuldet, dass es in Halle kaum eine Literaturszene gibt, zu mächtig ist das nahegelegene Leipzig mit seiner Buchmesse und anderen wichtigen Veranstaltungen. Ob das jüngst gegründete Literaturhaus dem etwas entgegensetzen kann, bleibt abzuwarten, jedenfalls hat der Herausgeber anscheinend keine hallensischen Autoren finden können oder wollen.
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Mit diesem Wissen setzte ich mich, die vor knapp zwei Jahren zugezogene Neuhallenserin, an die Lektüre über meine neue Wahlheimat. Originell ist die Vielfalt der Handlungen, ob hier professionelle Killer auftreten, Ingenieure mit allen Mitteln das Label „Made in Germany“ schützen wollen, ob durchgeknallte Tierliebhaber zu Worte kommen oder ein Polizeimitarbeiter seine eigene Theorie zu einem Serientäter selbst erfüllt - um nur einige zu nennen. Jeder Autor hinterlässt seine eigene Handschrift, seinen eigenen individuellen Stil. So liefert Ralf Kramp mit seinem Kriminaloberkommissar Doberschütz und dessen Untergebenen Mackensen ein besonders originelles Beispiel an Skurrilität:
"Mackensen biss sich auf die Zunge. Er wusste so gut wie jeder andere, dass seinem Chef damals der glückliche Zufall zu Hilfe gekommen war. Das letzte Opfer des Serientäters Hartmut Zeisig hatte an Kehlkopfkrebs gelitten und fröhlich durch seine Halsöffnung weitergeatmet, obwohl der Mörder ihm Nase und Mund mit Bauschaum gefüllt hatte. Der Killer war so verzweifelt gewesen, dass Doberschütz ihn nur noch am Tatort hatte aufsammeln müssen.“ (S. 17)
Jede Story ist einem besonderen Ort in der Stadt gewidmet, sei es der Bergzoo oder das Landesmuseum für Vorgeschichte mit seiner legendären Himmelsscheibe von Nebra, die historische Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, das Beatles-Museum oder die traditionelle Halloren Schokoladenfabrik. Beim Lesen lernt man also verschiedene Seiten der Saalestadt kennen, und vielleicht macht dies Lust auf einen Stadtbesuch, der in jedem Fall lohnend ist und in der Regel auch überlebt werden kann …
Eine durchaus lesenswerte Anthologie, bei der das vorgegebene Thema jedoch an einigen Stellen ein wenig durchschimmert; mit Geschichten von Marita & Jürgen Alberts, Joachim Anlauf, Marc-Oliver Bischoff, Nadine Buranaseda , Daniel Carinsson, Christiane Dieckerhoff, Peter Godazgar, Thomas Hoeps, Thomas Kastura, Ralf Kramp [s.o.], Tatjana Kruse, Elke Pistor, Theresa Prammer, Uwe Schimunek, Frank Schlößer und Sabine Trinkaus.
Ellen Norten - 21. August 2018 ID 10860
Link zur Anthologie
http://www.grafit.de/service/programm/buchdetails/titel/die-stadt-das-salz-und-der-tod-moerderisches-aus-halle-an-der-saale/
Post an Dr. Ellen Norten
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