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David Safier schippert mit seinem neuen Unterhaltungsroman Aufgetaut wieder in vertrauten Fantasy-Gewässern. Sein Anti-Held Felix ist als eine Art Motivationstrainer auf einem Kreuzschiff in der Nähe von Norwegen unterwegs, vor allem um mit seiner 11jährigen Tochter Maya Zeit zu verbringen. Dann geschieht etwas - wie in den meisten von Safiers Büchern - was jemanden aus Raum und Zeit fallen lässt, wie z.B. eine Frau aus der Gegenwart in Plötzlich Shakespeare, die sich ihren Körper mit Shakespeare teilen muss, oder in Traumprinz, in dem die Protagonistin die Welt vor der Zerstörung durch ein altes magisches Buch retten muss. In Aufgetaut ist es ein im Wasser treibender Eisblock mit einer Steinzeitfrau und einem Mini-Mammut-Baby, der das Abenteuer in Gang setzt. Hier wird unsere Gegenwart anhand der Steinzeit gespiegelt, in ihrer Absurdität bloßgestellt, aber auch das allgemein Menschliche, das uns allen innewohnt, hervorgehoben.

Der missmutige ältere Kapitän Lovskar ist zunächst wenig erfreut über den Fund und erleichtert, dass Felix von der Schulzeit her eine Frau kennt, die jetzt CEO einer Firma ist, die sich mit dem Einfrieren bzw. Auftauen von Menschen befasst. Sie arbeiten daran, unheilbar Kranke tiefgefroren in eine Zukunft zu verfrachten, in der sie geheilt werden können, so der Forschungsinhalt. Felix' Jugendliebe Amanda ist eine hoch ehrgeizige Geschäftsfrau und weiß, wie man den Eisblock auftauen muss, um Frau und Tier möglichst lebend herauszuholen. Den nächsten Schritt haben aber weder Lovskar noch Felix bedacht, denn natürlich wird die milliardenschwere Firma mit ihren Funden Experimente machen wollen. Und genau das geschieht, als Amanda mit Militärhubschraubern und Soldaten anrückt, so dass die Armee nun das Kommando über das Schiff hat und alle Passagiere samt Kapitän und Crew an Land setzen. So müssen der griesgrämige Lovskar, der Loser Felix und seine despotische Tochter sich zusammenraufen und heimlich auf dem Schiff verstecken, um die erfolgreich aufgetaute Steinzeitfrau Urga und das Mammut-Baby Trö vor den Laborversuchen und Schlimmerem zu retten. Ein komplett unmögliches Unterfangen.

Felix ist ein sympathischer Loser mit Weltverbesserungsambitionen, der schon eine Ehe und zwei Start-Ups in den Teich gesetzt hat. Seine Tochter Maya ist manipulierend, respektlos und erpresst ihren Vater emotional, der wegen der Scheidung ein schlechtes Gewissen hat. Dabei feuert sie endlos unreflektierte Informationen in Sachen Klimakrise ab, ohne Konsequenzen für ihr eigenes Handeln. Über die wahnwitzige Umweltverschmutzung durch Kreuzschiffe (und andere) zu meckern, reicht da nicht. Trotzdem richtet sich der Vater nach seinem Kind aus, das er natürlich toll und aufgeweckt findet, obwohl es über keine nennenswerte Lebenserfahrung, kritisches Denkvermögen, Introspektion oder soziale Tugenden verfügt. Eine verkehrte Welt mit komischen Momenten. Da funktioniert die Figur des Kapitän schon besser, der eigentlich mit der Menschheit abgeschlossen hatte, aber dessen Gefühlswelt sich im Laufe der Rettung von Urga und Trö wieder zurechtrückt.

In Rückblenden erfahren wir von Urgas Vorleben in der Steinzeit. Sie war die stärkste Frau ihres Stammes und mit ihrer untergeordneten Rolle nicht zufrieden. Deshalb bestand sie eines Tages darauf, mit auf die lebensgefährliche Mammut-Jagd zu gehen, deren Anführer ihre heimliche Liebe Org war. Als sie erfuhr, dass er eine andere liebt, verließ sie den Stamm, um in der Ferne ein neues Glück zu finden. Sie fand aber nur ein verwaistes Mini-Mammut-Baby und die beiden wurden von einem Eissturm überrascht. Als sie 33.000 Jahre später wieder erwacht, beginnt der Alp/Traum ihres Lebens.

Felix arbeitet an der Glücks-App als neues Start-Up, und so ist das Buch voll gespickt mit esoterischen Weisheiten für Anfänger. Safier lässt seiner Fantasie freien Lauf, und es gibt wieder zahlreiche Beispiele seines umwerfenden Humors, aber auch der tieferen Gefühle. Die Sehnsucht nach Liebe und Glück trifft auf die Widrigkeiten des Lebens, die unsere Helden und Heldinnen bestehen müssen. Am Ende gibt es nicht das ewig andauernde Glück, aber viel Kameradschaft, Zuneigung und Gefühl. Vorher gibt es noch einen Showdown, in dem Felix sich seinen schlimmsten Ängsten stellen muss... Insgesamt ist Aufgetaut ein nettes Fantasy-Märchen, das unterhaltsam zu lesen ist, mit einigen richtig guten Lachern und viel Amüsement. Das Buch fand sich fast umgehend in den Bestsellerlisten wieder. Es scheint, als ob es eine Nachfrage nach weltverbessernden Utopien gibt.


Helga Fitzner - 3. April 2020
ID 12136
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