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Es sind die Aufzeichnungen eines Wissenschaftlers, der sein Leben unbekannten Organismen widmete, der beobachtete und kartografierte - ein Alexander von Humboldt der Zukunft.

Die Wesen und Mysterien, die es zu untersuchen gibt, befinden sich in den allermeisten Fällen auf fernen Planeten, und seine Reisen führten den Forscher kreuz und quer durch das Weltall. In hohem Alter, was sich in seinem Fall auf neunzig Sonnenumläufe um seinen Heimatplaneten Hyperion Delta beläuft, hat der Ich-Erzähler viel erlebt und zu berichten. Da gibt es Bordspinnen und Kammerjäger, Parasiten und Sternendrachen, das Tier der Unordnung, einen Leichtplaneten, mysteriöse Wurzelwesen...

Thomas Hofmann hat sie nicht nur in ihrem Aussehen, sondern auch in ihrem absonderlichen Verhalten illustrativ festgehalten. Doch es gibt eines zu bemerken: Die Bilder entstanden ohne literarische Vorlage. Hofmann hat ein buntes Sammelsurium erschaffen von Wesen, deren Aussehen er in seinem Kopf trug und die durch Bleistift und Fineliner nach draußen drängten. Dort trafen sie die Autorin (Petra Hartmann), die nun über ihr Wesen, ihre Besonderheiten schreiben und dieses nach Möglichkeit mit einer kurzen Episode verbinden sollte. Entstanden sind zwölf Kurzgeschichten, die allein durch die Rahmenhandlung miteinander in Beziehung stehen. Also lernen wir die Bestien und ihre Heimat kennen: Den Kammerjäger und den Savannenplaneten, den Erkunder und den Leichtplaneten Light Lady. Letzterer hat es mir gerade wegen der Bebilderung und der Beschreibung besonders angetan:


"Dem Gesetz der Gravitation spottend wogten über uns Felsen, Steine, Brocken jeglicher Größe auf und ab, schwerelos wie ein Ballett, und doch wurde mir mit Schrecken bewusst, welche Tonnengewichte auf uns niederstürzen und uns zermalmen konnten, wenn die Lady auch nur ein Zehntel der Anziehungskraft von Hyperion Delta gehabt hätte. Wolken aus Erde und Geröll breiteten sich über den Himmel, schwebende Berge, die zusammenklackten wie Billardkugeln und wieder auseinanderschossen, andere Felsen anstießen und davonschubsten. (…) Die nur spärlich zu uns herabschimmernden Strahlen der Sonne Aylaa und die Schatten der Stein-Brocken tauchten die Lady in ein diffuses, sich immer wieder veränderndes Halbdunkel. Eine bizarre Welt. Und doch: eine Welt voller Leben." (S. 81)


Die Stories sind ein buntes Sammelsurium. Da gibt es so Nachdenkliches wie das Aussterben der Sternendrachen, denen gerade der wissenschaftlich begründete Sammlergeist den letzten Todesstoß verpasst. Oder der bewohnte und ökologisch besonders wertvolle Savannenplanet. Von einem megareichen Geschäftsmann erworben soll dieser gesprengt und durch einen glitzernden Vergnügungsplaneten ersetzt werden. Parallelen zu unserer heutigen Zeit drängen sich auf. Doch die Erzählung findet ein gutes Ende, an dem die wundervoll schillernde Regenbogenkatze „schuld“ ist. Auch wenn Hofmann sie in Schwarz-Weiß darstellt, so ist ihre Schönheit kaum zu übersehen. Die dargestellten Bestien zeichnet allesamt aus, dass sie weder kitschig noch gar niedlich sind.

Das passt, denn wir halten ja ein Bestiarium in den Händen. Klassisch würde es sich um ein mittelalterliches bebildertes Buch der Tiere handeln, im vorliegenden Fall ist dies auf die Zukunft übertragen. Die Bestien im Buch haben nicht die negative Bedeutung, die der Begriff uns umgangssprachlich nahelegt, auch wenn manche von ihnen eher schauerlich daherkommen und sich ihrem Aussehen entsprechend verhalten. Die spitzen Zähne und die scharfen Krallen gehören zu den Spezialitäten von Hofmann. Geflügelte Drachen mit gezähnten Schwänzen, knotige und warzige Kreaturen mit spindeldürren Beinchen oder saugnapfbehaftete Polypen; sie alle finden in dem Buch ihren Platz.

Geradezu abstrus geht es bei der Suche nach dem Tier der Unordnung und seiner dazu passenden Umgebung zu. Physikalisch begründet findet hier der wohl einzige terrestrische Protagonist den Ort seiner Wünsche, das größtmögliche Chaos, die bestmögliche Entropie. Nur so viel sei hier verraten, wir alle könnten diese Stelle finden, denn sie liegt nicht allzu fern. Eigentlich können wir sie sehen, doch erkannt haben wir sie bisher nicht.

Wie immer bei der Edition DUNKELGESTIRN ist das Buch wertvoll gestaltet. Jede Seite ist mit drei Bestien dekoriert, Tintenkleckse dringen in das Papier und machen das Lesen optisch zu einer Besonderheit. Ein Buch, das immer mal wieder zur Hand genommen werden kann, um darin zu Blättern, sich zu ergötzen - und eine Zierde für den Bücherschrank.


Ellen Norten - 28. Mai 2025
ID 15284
Verlagslink zum Intergalaktischen Bestiarium


Post an Dr. Ellen Norten

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