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Rezension

MINKOWSKIS ZITRONEN

VERLAGSHAUS J. FRANK | BERLIN
ISBN: 978-3-940249-45-6


Alexander Graeff liest Minkowskis Zitronen

Am 6. Mai las in der Berliner Z-Bar der Berliner Schriftsteller und Philosoph Alexander Graeff aus seinem neuen Buch, dem Erzählband MINKOWSKIS ZITRONEN.

Am Anfang gibt es Saures. Minkowskis Zitronen als physische Beigabe verankern Alexander Graeffs Buchtitel im Kontinuum literarisch-philosophischer Dimensionen ehe der Autor in der ihm eigenen Sprach- und Sprechpräzision seine belletristisch angelegten Erzählräume von vielschichtiger Sinntiefe dem Publikum eröffnet.

Diese erfasst Hörer und Leser allsinnlich, wenn Alexander Graeff mittels seiner vom Berliner Verlagshaus J. Frank abgestempelten Gelbschalenfrüchte als Statthalter fruchtbarer Geistesmacht mit dem Publikum in einen Subjekt-Objekt-Dialog tritt.

Mit seinen dreizehn Erzählungen lädt Graeff nach Betreten des 'Wirklichen der Wirklichkeit' zu einer stückweisen Wanderung entlang der Grenze des Denkbaren zum (so) nie Gedachten ein. Es ist mehr als ein Versuch einer Annäherung.

Was zunehmend als Definitionsmasse messbarer Wirklichkeit entschleiert wird, beleuchtet Alexander Graeff: Die Beziehungen der Elementarteilchen des Bewusst-Seins und ihrer Bühne als dessen Bestandteil.

Dies nicht nur auf der Ebene des vordergründig real Existierenden, sondern als dessen Pendant auf den in sich spiegelnden, wahrgenommenen Ebenen, die die Wirklichkeit als das entstehen lassen, was menschliches Bewusstsein als Realität kommunizierbar und hinterfragbar werden lässt. Dies gilt bei Graeff für die intersubjektive Beziehung ebenso wie für die Beziehung zwischen Subjekt und Objekt.

Genau das ist die bemerkenswerte Leistung Alexander Graeffs. Der Autor als Regisseur eines literarischen Bühnengeschehens zieht alle Register. Ob als Ich-Erzähler oder als Bühnenbeleuchter, Graeff bewegt sich auf allen wesentlichen erzähltechnischen und erkenntnistheoretischen Ebenen und bedient sich aller Perspektiven, um seine Worträume als Bühnenbild mit holografischer Wirkung zu erzeugen. Dem geneigten Leser ist es anheim gestellt, dieses Bild unter dem je gewünschten Winkel zu betrachten.

Alles aber trägt Bedeutung: Person, Name, Ort, Beziehung, Tatsache, Existenzmodus und das Wechselspiel des Autors zu diesen Setzungen. Ja noch mehr.

Die Äquivalenz weltlicher Dimensionen steht in Analogie zur Gleichwertigkeit der Objekte bei Graeff. Wenn Personen Namen tragen, die die Aspekte ihrer Betrachtungswinkel bezeichnen oder suggerieren, werden die Fundamente graeffscher Erzählwelt zu Größen einer gruppenpsychologischen Ereigniswelt. Graeff baut seine Welt mit analogen Dimensionen des Großen. Im Kleinen unterzieht er die Handlung nach Unschärfeprinzipien des Mikrokosmos, so dass er die Farbgestaltung der Wirklichkeit seiner Welt als Kreativangebot dem Leser übereignet.

Der Erzähler indes taucht in die Subjektivität seines Ereignisraumes ein und verbindet form- und stilübergreifend seine Szenarien zur Vermutung einer vielleicht besten aller möglichen Erzählwelten.

Stilistisch verschmelzen Mittel und Vermitteltes zu einer Wirklichkeit, in der der Unterschied zwischen Geschriebenem und verarbeitet Gelesenem aufgehoben wird und als stereobewusste Wahrnehmbarkeit in einer, man möchte sagen, neuen literarischen Dimension seine Form findet.

Die Vielschichtigkeit der Sprache verführt Graeff nie zu einer Rhetorik politischer Sinnverkommenheit. Das Gegenteil ist der Fall. Sparsam im Wort, minimalistisch in der Handlung, aber intensiv in Bedeutungsdichte gestaltet Graeff erzähltechnische Verwobenheit von Sprache, Bedeutung und Geschehnis zu einem Artefakt, das als Spiegeluniversum von Vielfalt und Unüberschaubarkeit menschlichen Miteinander-Seins verstanden werden kann.

Jedoch, der Großteil des Universums versteckt sich vor menschlicher Erkenntnis: Unbekannte Materie. Nur eines weiß man. Dunkel ist sie. Wer dabei an Licht denkt liegt falsch und richtig zugleich. In Alexander Graeffs metaphysischem Alchimielabor werden die Farben der Sprache wiedergefunden und das lichtgebärende Medium Dürers und Michelangelos philosophisch zu einer neuen Realität gegossen. Die Topologie dieser Wirklichkeit verlangt niemandem den Biss ins Saure ab. Im Gegenteil. Einstein diente Minkowskis Vorlage zur Restauration der Welt. Graeff kombiniert Zitronen des Letztgenannten wie Atome zu einem Element überkritischer Masse. Da kündigt sich der Initialfunken für die Genesis eines Pluriversums an, das seinem Zeitenende durch den "Verlust aller vier Dimensionen im Minkowski-Raum" entgegenzugehen droht.

So wird der Primärkraft des anfänglichen Wortes eine Bühne gegeben, die, als Teil des Erkennens, sich als Wesenselement des Erkannten selbst vorstellt.


Minkowskis Zitronen
Erzählungen von Alexander Graeff
Illustrationen von Nele Brönner

Erschienen im Verlagshaus J. Frank | Berlin, 2011
110 Seiten
Softcover
13,90 €

ISBN 978-3-940249-45-6

Arnd Moritz, red, 16. Juni 2011
ID 00000005245


Siehe auch:
www.alexander-graeff.de





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