Vor dem Auftritt – Schauspieler in der Maske
Foto-Ausstellung von Cordula Treml
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Bibiana Beglau, fotografhiert kurz vor einer Aufführung von Louis-Ferdinand Célines Reise ans Ende der Nacht in der Regie von Frank Castorf, München 2013
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Bewertung:
Was ist das für ein Ort im Theater, den man die Maske nennt? Vielleicht so was wie ein künstlerischer Transitraum? Ein Raum, in dem die gewöhnliche Zeit stillsteht, bevor sie eine ganz andere wird, die Zeit der Szene. Jedenfalls ein Raum des Übergangs zwischen Privatheit und Rolle, zwischen Mensch und Figur, zwischen Alltag und Inszenierung. Schauspielerinnen und Schauspieler kennen das, was da passiert, nur allzu gut. Meist wollen sie dort nicht gestört werden, zu intim ist das Geschehen der Verwandlung.
Für die Theaterfotografin Cordula Treml jedoch haben viele von ihnen Einblicke in diese Phase der Preisgabe gewährt, darunter eine große Zahl von ausgesprochen renommierten Darstellern. Vor allem Bibiana Beglau ließ Treml in ihre Garderobe, aber auch Eva Mattes, Sophie von Kessel, Sebastian Blomberg, Nicholas Ofczarek, Katharina Thalbach, Angela Winkler.
"In der Maske
meinem Ort der stillen Hysterie und Panik,
der Ruhe vor dem Sturm.
Kriegsbemalung.
Das Anmalen des Körpers,
die Genauigkeit der Beobachtung einzelner Körperteile
hat etwas von Routine
und das beruhigt mich.
Es ist wie das Anlegen von Arbeitskleidung,
auch wenn das meiste an Farbe
schon nach dem ersten Satz auf der Bühne abgeblättert ist
und ich dann doch nackt bin.“
So beschreibt Bibiana Beglau in dem begleitenden Ausstellungskatalog ihre Gefühle. Kurz und knapp ihr Kollege Oliver Nägele: „Make-up, not war“, findet er. Was ist zu sehen? Viel Schminke, Puder, falsche Haare, die Hände von Maskenbildnern, Pinsel, grelle Farben – und vor allem eindrucksvolle Gesichter: In sich gekehrt, ganz bei sich, um in wenigen Minuten aus sich heraus gehen zu können, Porträts der Konzentration.
Spannung bloßzulegen, das Geheimnis dieser Phase der Wandlung einzufangen, zu beobachten, aber nicht zu erklären, darum geht es der Fotografin.
„Ich mag es, zu sehen, wenn die Versenkung ins Innere stattfindet. Wenn die Schauspieler mich zwar noch sehen, aber nicht mehr wahrnehmen, nicht mehr mit mir kommunizieren.“
Cordula Treml ist gebürtige Münchnerin, hat in Paris studiert, lebt und arbeitet seit ein paar Jahren auch in Marseille, wo ihre Fotos schon zu sehen waren. Nach unendlich vielen Szenenschnappschüssen packte sie vor Jahren die Neugierde auf das, was hinter den Kulissen geschieht, unsichtbar für den Zuschauer, die Metamorphose. Ein spannendes Stück Psychologie.
Und eine wunderbare Hommage an große Schauspieler-Persönlichkeiten.
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Einer solchen hat Müchen diese sehenswerte Schau übrigens auch zu verdanken: der Schauspielerin Ilse Neubauer, bekannt aus Film, Fernsehen, und Theater - und aus dem Kulturradio Bayern2, wo ihre Stimme zahlreiche Beiträe prägt. Ilse Neubauer öffnet dankenswerterweise zusammen mit ihrem Sohn, dem Fotografen Andreas Neubauer seit 15 Jahren jeden Sommer ihren persönlichen Schauraum 1899 (ein Jugendstilkleinod, gelegen in einer Straße voller türkischer Geschäfte und Cafés) für Künstlerinnen und Künstler ihrer Wahl. Sie fiel diesmal auf Cordula Treml.
Was für eine gute Idee!
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Petra Herrmann - 13. September 2018 ID 10910
Weitere Infos siehe auch: http://www.cordulatreml.com/
Post an Petra Herrmann
petra-herrmann-kunst.de
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