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Werkbetrachtung

Atalanta und Hippomenes

von Guido Reni (1575-1642)



Die griechische Heroine Atalanta war in ihrer Zeit die schnellste Läuferin und obendrein eine schöne und begehrte Jungfrau und Jägerin, ähnlich der Artemis. Ihre Freier forderte sie zu einem Wettrennen heraus, gewinnen ließ sie niemanden. Der Königssohn Hippomenes, vielleicht war er auch der Sohn des Ares, nahm als Zuschauer an einem dieser Wettkämpfe teil, verliebte sich in sie und beschloss, sich der Herausforderung zu stellen und mit der Schönen um die Wette zu laufen. Er rechnete damit, dass die Götter schon eine schützende Hand über ihn legen mögen. Was Aphrodite auch tat, denn als er anfing zu schwächeln, schickte sie ihm drei Äpfel, die die herrliche Läuferin aufhalten und ablenken sollten. Das Thema wurde in der Malerei nicht sehr oft aufgegriffen und ist natürlich obendrein noch sehr viel komplizierter. Der Bologneser Maler Guido Reni (1575-1642) hat eine übergroße Version dieses Wettkampfes zwischen Atalanta und Hippomenes gemalt. Das Bild entstand um 1625, misst 191 x 264 cm und hängt im Museo Nazionale di Capodimonte in Neapel.



Atalanta und Hippomenes von Guido Reni (1575-1642) | Bildquelle: Wikipedia


Auf diesem Gemälde ist alles in Bewegung, und auf den ersten Blick scheinen Atalanta und Hippomenes ein Ballett aufzuführen. Guido Reni hat sich auf den Moment konzentriert, in dem Atalanta gerade den dritten Apfel aufheben will. Ihre Finger berühren ihn schon, aber sie muss sich noch ein wenig mehr dehnen, um ihn umfassen zu können. Mit ihrem durchgestreckten Arm sieht diese Handlung wie eine gymnastische Übung aus. Sie dreht sich so schnell zu dem fallenden Apfel um und bewegt sich weg von Hippomenes, dass ihre Haare noch gegen die Laufrichtung fliegen. Hippomenes, rechts im Bild, unterbricht brüsk seinen Lauf, obwohl er ja eigentlich weitersprinten und den Vorsprung nutzen könnte. Aber er muss wieder zu Kräften kommen, das ist ja der Sinn der Sache. Die anderen zwei Äpfel, die früher im Wettkampf dem Jüngling kurze Pausen beschert hatten, liegen schon in Atalantas linker Hand. Ein geglücktes Ablenkungsmanöver oder Wunsch der Götter, denn dieser sentimentale Fehler lässt die Sportlerin den Kampf verlieren, worüber sie allerdings nicht wirklich unglücklich ist, denn so muss sie Hippomenes nicht töten, mehr noch, sie wird ihn später zum Manne nehmen. Die jeweils linken Spielbeine der beiden in der Mitte des Bildes liegen in der Luft, überkreuzen sich zu einem X und V. Die Standbeine stehen fest auf der Erde. Hippomenes‘ rechter Arm fliegt abwehrend auf die sich gerade bückende Atalanta zu. Will er sie mahnen, sich nicht aufhalten zu lassen, obwohl er auf Weisung von Aphrodite den Apfel selber hat fallen lassen? Triumphierend blickt er jedenfalls nicht drein, erschöpft auch nicht. Der Gesichtsausdruck des jungen Mannes bewegt sich irgendwo zwischen distanziert und abweisend, was durch seine Handbewegung unterstützt wird. Ist er vielleicht doch schon siegessicher? Ist es ein Ringen mit seiner Ehre? Denn er will natürlich gewinnen, einmal, um nicht sterben zu müssen und zum anderen, um die Schöne zur Frau zu bekommen, aber seine Würde verlangt einen fairen Wettkampf, obwohl Atalanta auch so ihre Tricks hat. Sein linker Arm wird vom Umhang verschluckt. Die jeweiligen Tücher, mit denen die beiden nur sehr bedürftig bis gar nicht bedeckt sind, befinden sich noch im Flug, sind noch nicht zur Ruhe gekommen und tanzen zu einer anderen Choreografie. Das Tuch von Hippomenes ist ein Veronese-Rot und bedeckt ihn, durch Zufall und den Wind, wie es scheint, wie ein Feigenblatt; Atalanta trägt nur einen zarten, transparenten Schleier, der um ihren Körper fliegt. Seine dunklen, schlangenförmig in Locken gelegten Haare umrahmen sein beinahe noch kindliches, ideal-schönes Gesicht. Hinter Atalantas ausgestrecktem Arm ist ein Fries zu erkennen, ansonsten passiert das Geschehen auf und vor Rottönen, die an Hippomenes‘ Umhang erinnern.
Christa Blenk - 17. November 2022
ID 13916
Das Gemälde Atalanta und Hippomenes stammt aus Guido Renis wichtigster Schaffensphase und entstand ca. 10 Jahre nach seinem David mit dem Haupt des Goliath. Es ist geprägt vom Manierismus des Caravaggio und der antikisch-klassizistischen Bestrebung der Bologneser Schule im 17. Jahrhundert und voller Energie, nicht bedachtsam oder zurückhaltend, wie andere Werke. Guido Reni gehörte ab Beginn des 17. Jahrhunderts zu den erfolgreichsten und beliebtesten Malern und das nicht nur in Italien. „Der Göttliche“, wie er genannt wurde, war eitel, arbeitete bedächtig und war sehr von sich überzeugt. Reni ließ seine Protagonisten gerne gen Himmel schauen und liebte es, ruhige, göttliche Szenen zu malen. Einer seiner Auftraggeber war der Borghese Papst Paul V., der es einmal wagte ihn zu rügen, weil er nicht schnell genug vorankam. Reni meinte darauf nur, „dass mit einem anderen Künstler die Arbeiten zwar beendet wären aber halt nicht von Guido“. Reni besticht mit seinen inszenierten Posen und der Eleganz der Bewegungen, den sentimental, weichen Gesichtern und macht jede Szene zur Theateraufführung. Schon sein Lehrer Carracci musste bald neidlos bemerken, dass Guido ihn in allem übertreffen wird. Er war bald so begehrt und berühmt, dass er von aller Welt kopiert wurde. Seine Werke zeigen auf der einen Seite eine Auseinandersetzung mit der Antike und auf der anderen den Einfluss von Caravaggio. Später gerät er, auch im Schatten von Caravaggio, in Vergessenheit.

Weitere Hauptwerke dieses Bologneser Barockmeisters sind einmal eine Kreuzigung, die in der römischen Kirche San Lorenzo in Lucina hängt und das beeindruckende, lichtdurchflutete Deckenfresko mit den Maßen 280 x 700 cm im Casino Rospigliosi-Pallavinini in Rom.

Wer mehr von Guido Reni sehen möchte, kann ab 23. November 2022 die bedeutende Ausstellung in Frankfurt besuchen, die das Städel Museum mit dem Madrider Prado auf die Beine gestellt hat.


Wikipedia-Link zu Atalanta und Hippomenes


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