Noch bis zum 27. April 2014 - Ernst Barlach Museum Wedel
MARKUS LÜPERTZ
Bilder, Skulpturen, Texte, 1964 - 2014
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(C) Ernst Barlach Museum Wedel
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Man kann Markus Lüpertz sicher einiges nachsagen. Eins aber mit Sicherheit nicht. Der leicht egozentrisch auftretende Malerfürst hat sich nie dem allgemeinen Zeitgeschmack gebeugt. Seinem monumentalen, neoexpressionistisch anmutendem Malstil ist Lüpertz, seit er in den 1960er Jahren großformatige Stahlhelme, Baumstämme oder Zelte mit dem Zusatz „dithyrambisch“ versah, stets treu geblieben. Damals, als in Berlin niemand seine Bilder auch nur mit der Kneifzange anfassen wollte, wurde er vom Kunsthändler und Galeristen Michael Werner gefördert und feierte schließlich erste Ausstellungserfolge in Köln. Seitdem sind 50 Jahre vergangen. Markus Lüpertz zählt mittlerweile zu den ganz Großen im deutschen Kunstbetrieb. Ihm wurden etliche renommierte Kunstpreise verliehen und Professuren an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Karlsruhe und der Kunstakademie Düsseldorf, deren Rektor er bis 2009 war, angetragen.
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Markus Lüpertz-Ausstellung im Ernst Barlach Museum Wedel - Foto (C) Stefan Bock
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Die Ernst-Barlach-Gesellschaft Hamburg richtete dem 72jährigen Künstler nun eine kleine Retrospektive mit 70 Bildern, Skulpturen und Texten aus den Jahren 1964-2014 in Barlachs Geburtshaus in Wedel ein. Markus Lüpertz war zur Eröffnung der Ausstellung am 26. Januar selbst anwesend und ließ es sich auch nicht nehmen, ein paar Worte ans zahlreich erschienene Publikum zu richten. Er sprach von der Schwierigkeit des Malers in den Zeiten moderner Medien wie des Internets und der Fernsehunterhaltung als Geschichten- und Märchenerzähler wahrgenommen zu werden. Die Malerei komme im Alltag nicht mehr vor. In diesen Worten liegt kein Wehmut, sondern eher die Aufforderung an den Interessierten, sich wieder auf die Wirkung des gemalten Bildes einzulassen. Der Kunstkritik sprach der Meister dagegen offen die Fähigkeit zur Beurteilung von Malerei ab. Bescheidenheit ist die Zier des selbsternannten Genies gerade nicht.
Was den herrschenden Zeitgeist betrifft, kann Lüpertz sehr konservativ sein. Was man allerdings nicht allein an seiner stets akkuraten Aufmachung festmachen sollte. Für ihn eher eine Art Selbstverständnis, das keiner weiteren Erklärung bedarf. Der Vorwurf der Zurschaustellung von Statussymbolen berührt den Künstler daher kaum. Lüpertz ist immer streitbar geblieben. Die Lust zur Provokation, mit seinem ungewohnten Formenverständnis anzuecken, zeigen dabei vor allem seine Skulpturen im öffentlichen Raum. Unverständnis und massive Gegenwehr schlugen Lüpertz wegen der eigenwilligen Form- und Farbgebung seiner Bronze-Skulpturen vor allem in Bamberg und Augsburg entgegen. In Salzburg wurde sein farbenfroh zwitterhafter Musen-Mozart sogar rot lackiert und gefedert. Die Skulptur war wohl etwas zu expressiv für die österreichische Bundeshauptstadt der barocken Zuckerbäckerei.
In Wedel sind nun neben etlichen Gemälden und Papierarbeiten auch mehrere kleinformatige Herkules-Entwurfsmodelle in Bronze zu bewundern. Wie die 2010 in Gelsenkirchen aufgestellte Monumental-Skulptur sind diese Entwürfe farbig gestaltet. Lüpertz orientiert sich hierbei stets am antiken Vorbild und dem Torso als Zeichen des Versehrten oder Unvollkommenen. Ein Ausdruck für den ewigen Kampf zwischen Apollinischem und Dionysischem in der Kunst, wie auch in seinen nach dem Werk Nietzsches benannten dithyrambischen Bildern. An den Wänden des Erdgeschosses sind diese Gemälde der 1960er und 70er Jahre um eines der Herkules-Modelle gruppiert. Lüpertz Werke sind um Ausgleich und Harmonie bemüht. Standbein-Spielbein als Zeichen einer inneren Balance.
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„verachtet die kleinkinder unseres berufes / die amateure, die mitmacher, die frömmler / liebt den bohème, ich bin ein bohème, liebt mich.“ (Markus Lüpertz, 1973) - Foto (Stefan Bock)
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Einen breiten Raum in der Ausstellung nehmen Arbeiten aus der 1993 begonnenen Werkreihe Männer ohne Frauen - Parsifal ein. Die Gemälde und Papierarbeiten, die immer wieder das Antlitz eines Weinenden zeigen, beziehen sich gleichermaßen auf Wagners Oper Parsifal wie auf Hemingways Kurzgeschichten Men Without Women. Lüpertz hat das Sagen-Motiv des nach Erlösung suchenden reinen Toren Parsifal mit dem modernen männlichen Helden Hemingways, gefangen in seiner Angst zu versagen, kombiniert und bis heute in zahlreichen Versionen untersucht.
Im oberen Geschoss sind noch einige Landschaftsbilder und Gemälde zum Thema Arkadien ausgestellt. Wie andere deutsche Künstler, z.B. Anselm Kiefer, beschäftigt sich Lüpertz natürlich auch mit dem kulturellen Erbe der Klassik, das er dem des deutschen Militarismus und Totalitarismus gegenüberstellt (siehe: Arkadien - Soldat, 2013). Komplettiert werden die Bilder und Skulpturen mit Prosatexten, Lyrik und Auszügen aus Reden des Künstlers. Bereits 1975 erschien mit 9 x 9 der erste Gedichtband von Markus Lüpertz. Bei diesem „Öffnen des Herzens in die Poesie“, wie es Lüpertz selbst bezeichnet, standen vor allem Hölderlin, Heine und Rilke Pate. In seinen Texten feierte der Maler immer wieder das unbedingte Künstlertum und bezeichnete den Künstler als Erwartungsträger auch über seine Kunst hinaus. Und das ist ihm wichtig, vor allem noch zu Lebzeiten. Aber Lüpertz will nicht nur geliebt werden. „… ich bitt euch, lasst mich leben.“ heißt es zum Ende des oben zitierten Gedichts. Geben wir der Kunst also ihre Freiheit.
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Foto (C) Stefan Bock
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Bewertung:
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Stefan Bock - 1. Februar 2014 ID 7567
Weitere Infos siehe auch: http://ernst-barlach.de/lüpertz.html
Post an Stefan Bock
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