Noch bis zum 11. Mai 2014 - Uffizien, Florenz
LE STANZE DELLE MUSE
Barock-Gemälde aus der Sammlung von Molinari-Pradelli
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Die Florentiner Uffizien beherbergen z.Z. an die hundert Barock-Gemälde aus der Privatsammlung des aus Bologna stammenden Operndirigenten Francesco Molinari-Pradelli (1911-1996). Jener war ein Weltstar! Seine Platten-Einspielung der Turandot mit Birgit Nilsson (in der Titelrolle) und Franco Corelli (als Kalaf) gilt heute noch als unschlagbar und hat daher, wahrscheinlich bis in alle Ewigkeiten, einen Referenzstatus; der Schreiber dieser Zeilen kann und will das außerordentlich betonen und bestätigen - er zieht sich diese Aufnahme sofort, nachdem er sich die Zeilen hier gleich abgerungen haben wird, noch einmal vollgenüsslich rein...
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Francesco Molinari Pradelli am Klavier, 1932 | Bildquelle (C) http://www.unannoadarte.it/
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Über 200 Gemälde - alles Barock-Schinken der damaligen Zeit - zierten die Zimmerwände des Molinari-Pradelli-Hauses. Und der Maestro musste demnach wohl zum Einen (freilich) ziemlich reich gewesen sein, ja und zum Anderen (hochachtenswert) einen gezielt-erlesenen Geschmack für derart Raffiniertes besessen haben. Er war also ein profunder Kenner nicht allein von Noten, sondern auch von Kunst im Allgemeinen wie Besonderen. Seine Barock-Privatsammlung hat einen internationalen Ruf. Für seine Heimatstadt Bologna, wo Molinari-Pradelli einst geboren und gestorben war, ist sie, was ihre so gezielte Anhäufung betrifft, die irgendwie bedeutendste der Art vor der Jahrtausendwende. Alle Bilder sind diversen und berühmten Malerschulen aus den Gegenden der Emilia, Neapel, Venetien, Ligurien und Rom zugeschrieben und entstanden zwischen dem 17. und 18. Jahrhundert. Die barocke Malerei konzentrierte sich in dieser Zeit sehr stark auf Stillleben...
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Giuseppe Recco (1634–1695), Stillleben mit Schinken, Brot, Kuchen und Weinkrug, ca. 1660–70 | Bildquelle (C) http://www.unannoadarte.it/
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Molinari-Pradellis Sammlerleidenschaft war insbesondere auf jene Stillleben fixiert. So gibt es also eine ziemlich starke Überzahl an solchen Bildern in der exzeptionellen Schau in den Uffizien zu sehen. Jenes Genre (= Stillleben) hatte zur Zeit, als unser Maestro "es" zu sammeln angefangen hatte, sowieso weit weniger Bewunderer als zu befürchten war. Er muss sich demnach, was dann diese Nische anbelangte, einsam und auf weiter Flur befunden haben. Ja und ungeachtet aller damals vorherrschenden Vorurteile (zum gemeinen Stillleben) sammelte er die Bilder trotzdem - ohne sich vom dedizierten Meinungsbild der Kunsthistoriker und -kritiker zu dieser Zeit beeindrucken oder gar negativ beeinflussen zu lassen. Fulminant!
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Die Sammlung von weit über 200 Gemälden, die in den Molinari-Pradelli-Villen von Bologna sowie Marano di Castenaso hingen, wurde später von berühmten Kunstexperten aus Europa und Amerika als kunsthistorisch wertvoll eingestuft. In ihr vereinigen sich Werke solcher nicht nur "regional" bekannter und herausragender Maler wie z.B. Pietro Faccini, Mastelletta, Guido Cagnacci, Marcantonio Franceschini und v.a. den Gandolfi-Brüdern. Außerdem enthält sie Gemälde von Luca Giordano, Micco Spadaro, Francesco De Mura, Lorenzo De Caro usf. Auch Meisterwerke venezianischer Künstler (Palma des Jüngeren, Alessandro Turchi's, Sebastiano Ricci's, Giovanni Battista Pittoni's) oder ligurischer und lombardischer Maler (Bernardo Strozzi's, Bartolomeo Biscaino's, Giulio Cesare Procaccini's, Carlo Francesco Nuvolone's, Fra Galgario's und Giuseppe Bazzani's) sowie römischer Vertreter ihrer Zunft (Gaspard Dughet's, Pier Francesco Mola's, Lazzaro Baldi's und Paolo Monaldi's) vervollständigen diese umfangreiche Kollektion im Zeichen des Barock.
Stillleben von Jacopo da Empoli, Luca Forte, Giuseppe Recco, Cristoforo Munari oder Carlo Magini bezeugen die fast als geradlinig auf große Namen ausgerichtete und umso konsequenter fortbeschritt'ne Sammeltätigkeit des weltberühmten Dirigenten. Und fürwahr muss er im Nachhinein - nochmals zu sagen - als authentischer Kenner der italienischen Barockmalerei betrachtet und bewundert werden.
Es gibt in dieser Ausstellung einen fast bühnenbildhaft nachgebauten Wohn- oder Empfangsraum einer der Molinari-Pradelli-Domizile; über diesem thront und prangt ein überdimensionales Riesenbild - das man (im selbstbestimmten Laien-Modus) ohne Weiteres und in der Tat als 'nen Barock-Schinken der Sonderklasse annotieren könnte: die Apotheose des Heiligen (Victor?) von dem Maler Sebastiano Ricci; s.u.
Diese aktuelle und noch bis zum 11. Mai andauernde Uffizien-Schau macht süchtig und ist über alle Maßen sehenswert!!
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Sebastiano Ricci (1659–1734), Apotheose des Heiligen (Victor?), nach 1695 | Bildquelle (C) http://www.unannoadarte.it/
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Bewertung:
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Andre Sokolowski - 5. März 2014 ID 7647
Angelo Mazza hat die Ausstellung kuratiert. Sie wird "ergänzt" durch einen von Armando Chianese gestalteten Film- und Kinoteil, der an Bologna als die Stadt der großen Meister und Sammler sowie der Avati erinnert; Regisseur Pupi Avati setzte jene Intentionen "intermedial" um - sein Vater Angelo Avati war übrigens (ganz nebenbei bemerkt) ein bekannter Antiquitätenhändler und Kunstsammler dieser Stadt.
a. so.
Weitere Infos siehe auch: http://www.unannoadarte.it/lestanzedellemuse/
http://www.andre-sokolowski.de
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