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Debatte


Herz klopft im Fuß

Theatralischer Monolog

Politiker holen Zuwanderer ins Land, um Probleme vor Ort abzulenken. Wir diskutieren nicht über die, die sich Geld aneigneten, sondern die, die um Geld betteln. Nicolas Stemann inszenierte am ThaliaTheater Hamburg Jelineks Schutzbefohlene als Pamphlettheater mit Flüchtlingschor. Für den Status des Agitproptheater fehlten Schunkelsongs, "Give peace a chance", "We shall overcome" - Schauspieler demonstrierten, dass sie Text in der Hand behalten müssen, um ihn im Notfall ablesen zu können, "Wir können euch nicht helfen, wir müssen euch spielen!" Kein Flüchtling skandierte: "Befriedet unsere Heimat! - damit wir in sie zurückkehren können!", niemand problematisierte, dass Menschen Schreckliches erlebt haben - müssen, um zwischen uns bleiben zu - dürfen. Es zwingt Einwanderer in Konkurrenzkampf um die schrecklichsten Berichte, Fotos und Videos vor der Flucht vorzubereiten, 'Es zerstört Selbstwertgefühl' – 'Oder befördert es.'

Geschichten zu erfinden ist orientalische Tradition - aber auch die von Politikern, Arbeitgeberverbänden, jedes Jahr müssten fünfhunderttausend Menschen ins Land einwandern, damit zwanzigtausend freie Lehrstellen besetzt werden könnten, sagte ein Vertreter der Handwerkskammer. Arbeitgeberverbände verlangen, dass der Mindestlohn außer Kraft gesetzt wird. Auf dem Weg zum ThaliaTheater war im Vorbeigehen zu hören: "Darüber kann ich erst reden, wenn ich wieder einen Job habe." Niemand äußerte auf der Bühne Mitleid mit denen, die täglich eine Vielzahl dieser verstörenden Geschichten in Behörden anhören und nach Dienstschluss nicht vergessen können. Niemand fragte: "Sind in Krisengebieten fast nur Männer bedroht?"

Kein Flüchtling erzählte, dass er immer wieder Hilfe erfuhr, wenn er Hoffnung, bleiben zu dürfen, beinahe aufgegeben hatte. Der Zuschauer konnte sein weltpolitisch orientiertes Gewissen entlasten, indem er Theaterkarten bezahlte, klatschte und eine Geldspende ins Tuch warf, Ablassschein. Da wirkt eine Szene, die eine Bildzeitung beschrieb, geistig provokanter: Ein Flüchtling koche für deutsche Obdachlose - aus Mitleid. Auf dem Weg zum Thalia Theater lag ein Obdachloser im Schlafsack am Straßenrand. Niemand sah hin. War das eine Kunstaktion?

Torsten Kulick schlug vor, statt der Jelinek-Inszenierung, die wie Fetzen Meeresschaum auf Wellen wirke, Enthauptungsvideos, die der IS veröffentlichte, im Theater zu zeigen und einen Chor aus Immigranten und Einheimischen am Ende sagen zu lassen: "Wir haben Angst!"

Wir diskutieren im Theater als Moralischer Anstalt über Geflüchtete, aber nicht über die, die vor Gewalt in Rüstungsspiralen nicht fliehen konnten und können? Wir stellen nicht die vor Gericht, die Konkurrenz-Kampf propagieren? Wo es Sieger geben soll, muss es Verlierer geben. Die USA destabilisierte Staaten. Spekulanten kaufen Ernten, bewohnte Häuser, Ackerland auf. Aber - nicht im Theater. Niemand fragte: warum erhielt Edward Snowden, der politisch verfolgt ist, in Hamburg kein Asyl? Joachim Lux (Intendant) und seine Assistentin Lea Hapig scheinen Fragen dieser Art nicht zu interessieren. Im Dokumentarfilm Der Iranjob sagt eine junge Frau, die vor der Kamera das Kopftuch absetzte, Gefängnis riskierte, auf die Frage, ob sie das Land verlassen will, dass sie in eine Freiheit käme, die sie sich nicht selbst errungen hätte, sie wolle für Veränderungen in ihrer Heimat kämpfen. Sie kam im Theaterstück nicht zu Wort.
Ines Eck - 8. Januar 2016
ID 9061
Weitere Infos siehe auch: http://www.kunstlandschaft-spandau.de


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