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Digitale Poesie

Ein Langstrecken-

poem trifft auf

Rotationen



Rotationen von (C) Haimo Hieronymus


In 2024 stellt die Edition Das Labor ein nachgelassenes Poem von A.J. Weigoni (1958-2021) in 366 Strophen vor. Diese consolatio poesiae hat keinen Ort, sie wird wahrscheinlich für eine Weile im Datennirvana existieren und irgendwann ganz verschwinden. Poesie ist immer ein Beginnen, Vergehen und Neudenken. Der Kontrast dieser Poesie mit allen beredten Details, trifft auf eine konkrete Alltäglichkeit. Auch in der literarischen Publikation gilt es digitale Transformationsprozesse zu gestalten. Die Publikation dieser Wiederbelebungsmasznahme erfolgt in digitaler Form. Das Erkunden der Textsortengrenze überläßt sich ganz dem Vergehen der Zeit, dieses Langstreckenpoem folgte dem Rhythmus der Sekunden und Minuten, der Tage und Wochen und hat assoziativ Erinnerungen und Begebenheiten aufgegriffen. Es war der Versuch, eine Chronik der Zukunft zu verfassen, ohne dabei die Traditionslinien des stochastischen Schreibens zu verlassen, also nach dem Zufallsprinzip entstandene poetische Strukturen, dem Experiment verhafteten Konstrukt und den Wortfreistellungen zwischen den Zeilen.

Der Leser erlebt in dieser Netzpublikation eine Suspendierung der Gegenstandsbindung. Diese Wiederbelebungsmasznahme der Poesie ist ein Ankommen im offenen. Aus Wörtern werden Sätze. Aus Sätzen sodann Absätze. Hinter den Sprach- und Zeichensetzungsbesonderheiten steckt darüber hinaus noch wesentlich mehr. Indem dadurch ein besonderer Lesefluss erzeugt, fast erzwungen wird, werden Rhythmus und Sprach- (oder Sprech-) Melodie zu wichtigen Textelementen. Texte verwandeln sich zuweilen in Texturen. Poetisches Denken tritt in einen philosophischen Dialog, ohne Philosophie sein zu müssen. Es ist keine Geschichte geplant. Fast jeder Satz bildet einen Absatz, so dass der Erzählfluss immer wieder unterbrochen wird. Die Sprache ist verfremdet, voller Inversionen und Emphasen, aufgeraut, zwingt zum langsamen Lesen und Wieder-Holen.

Täglich werden in 2024 auf Edition Das Labor Wortfeuerwerke gezündet, ob es zu einem Synapsenknall kommt, bleibt des Betrachter des Kalenderblatts überlassen. Diese Wiederbelebungsmasznahme der Poesie ist hat eigentlich keinen Ort, sie ist immer ein Beginnen und Vergehen. Es ist nicht möglich, Poesie in Wörter oder Bilder zu fassen. Sprache und Klänge sind immer nur Behelf. Jeder sagt und sieht etwas anderes, wenn er sich mit Poesie beschäftigt. Poesie ist ausschließlich Musik, bestenfalls mit anderer Poesie vergleichbar. Sollte es gelingen auf dem Umweg eines zwölfstrophigen Monodramas ein Panoptikum der Zeit darzustellen, so ist dies durchaus beabsichtigt; aber nicht geplant.

Der Sitz der Poesie liegt zwischen Immanenz und Transzendenz. Reine Poesie überwindet die Grenzen des Darstellbaren, alle Wege führen ins Nichts. Diese Wiederbelebungsmasznahme entwirft ein Panorama diskursiver Verflechtungen, die einzelnen Passagen sind datiert, sie sind gleichsam eine digitale Version des Abreißkalenders. Die sprachliche Genauigkeit ist schonungslos. Die abgehackten, scheinbar immer wieder steckenbleibenden Sätze des Bewusstseinsstroms machen es dem Leser nicht gerade einfach. Lyrik ist in der kondensierten Form eine Zumutung. Der Leser kann sich im kommenden Jahr an 366 Tagen seinen eigenen Reim darauf machen.

*

Flankiert wird das Langstreckenpoem durch künstlerische Arbeiten von Haimo Hieronymus. In seinen Rotationen gibt es Zeichnungen von Feldern aus konzentrischen Ringen, die sich bedrängen und verformen. Es ist ein Prozess, der von Weiterungen und Abweichungen bestimmt ist. Es ist ein Beobachten und Skizzieren, der Versuch von der Konstruktion weg und auf das Wesentliche dahinter zu kommen. Manchmal erfassen dicke Striche das Papier, als seien unterschiedlich rotierende expansive Kräfte am Werk, die nach aussen drücken und an die Ränder verschieben. Das Branding von Haimo Hieronymus ist, keines zu haben. Sein verästeltes Lebenswerk entwickelte sich über die Jahrzehnte hinweg zu einer partizipativen, sozialen Plastik.
Matthias Hagedorn - 4. Januar 2024
ID 14549
http://www.editiondaslabor.de/2024/01/01/beginnlosigkeit/


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editiondaslabor.de

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