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Sachbuch

Hoffnung für Atheisten

Ronald Dworkins "Religion ohne Gott"


Bewertung:    



Der Begriff der Religion scheint in der westlichen Welt an einen Gott gebunden zu sein. Einer Religion also den Gott abzusprechen, erstaunt zunächst. Der Leser muss sich bei diesem Buch auf ein völlig neues Gedankenkonstrukt einlassen, er muss Religion anders erfahren und gerät so mitten hinein in die philosophischen Betrachtungen von Ronald Dworkin. Diese sind nicht immer einfach zu lesen, doch sie können Fragen beantworten, die mancher religiöse Zweifler oder Atheist sich schon häufiger selbst gestellt haben mag.

Wie kann für bestimmte Menschen eine Glaubensrichtung die einzig wahre sein? Wo liegt die gemeinsame Grundlage der verschiedenen Religionen, und wie kommt ein Atheist zu bestimmten moralischen Werten, wenn er doch über keinen Gottesglauben verfügt? Dworkin selbst, der sich als religiösen Atheisten bezeichnet, gibt hierauf bereits in der Einleitung seine Einschätzung.


"Religion ist etwas Tieferes als Gott – das ist das Thema dieses Buches. Religion ist eine sehr grundlegende, spezifische und umfassende Weltsicht, die besagt, dass ein inhärenter, objektiver Wert alles durchdringt, dass das Universum und seine Geschöpfe Ehrfurcht gebieten, dass das menschliche Leben einen Sinn und das Universum eine Ordnung hat. Der Glaube an einen Gott ist nur eine der möglichen Manifestationen oder Konsequenzen dieser tieferen Weltsicht." (S. 11)


Diese Gedanken entwickelte er an der Universität Bern im Rahmen seiner Einsteinvorlesungen weiter. Mit dem Namen der Vorlesungen drückte er gleichzeitig seine Verbundenheit mit dem Physiker Albert Einstein aus, der sich ebenfalls, obwohl Atheist, als zutiefst religiös beschrieb.


"Einstein glaubte fest daran, dass das Universum von einem transzendenten und objektiven Wert durchdrungen ist, der weder ein Naturphänomen noch eine subjektive Reaktion auf ein Naturphänomen ist. Deshalb bestand er darauf, sich als religiös zu bezeichnen. Er hielt das für die treffendste Beschreibung dieses seines Glaubens." (S. 15)


Das Universum bleibt eines der großen Rätsel der Menschheit – auch aus physikalischer Sicht. Ca. 96 Prozent können nur indirekt – wenn überhaupt - wahrgenommen werden. Uns Menschen fehlen die Sinne zum Erkennen der sogenannten dunklen Materie und der dunklen Energie. Doch wir sehen etwas anderes: die überwältigende Schönheit des Firmaments. Die meisten Menschen, egal wo sie leben, dürften davon beeindruckt sein, und diese Faszination ist nicht in schnöde Formeln zu verpacken.

Aber auch die Erhabenheit, die ein prachtvoller Sonnenuntergang ausstrahlt oder die ein atemberaubender Canyon offenbart, ist für Dworkin mehr als nur pure Schönheit, sie macht ehrfürchtig, und hier wiederum setzt er seinen Begriff von Religion an, der für ihn immer auch eine ethisch moralische Komponente umfasst. Letztlich ist es eine Frage, wie Religion definiert wird.


"Insgesamt geht es mir in diesem Buch darum, zu zeigen, dass Menschen einen tiefen religiösen Impuls teilen, der sich in diversen Überzeugungen und Emotionen manifestiert hat. Über lange Strecken der Geschichte hat dieser Impuls zwei Arten von Überzeugung hervorgebracht: einen Glauben an eine intelligente übernatürliche Macht – einen Gott – und einen Strauß tiefgründiger ethischer und moralischer Überzeugungen. Beide Überzeugungsarten entstammen also der gleichen Quelle, aber sie sind voneinander unabhängig. Atheisten können Theisten daher im Hinblick auf ihre tiefsten religiösen Bestrebungen im vollen Sinne als Partner akzeptieren." (S. 130)


Das Buch will niemandem seinen Gottesglauben absprechen oder einen Atheisten zum Gläubigen machen, es werden lediglich zwei Lager aufgezeigt, die für Dworkin unterschiedliche Facetten der gleichen Überzeugung sind, nur einmal mit und einmal ohne Gott.

Die Gedanken in diesem Buch sind schlüssig aufgebaut, und wer das philosophische Denken beherrscht, kann dieses Buch genießen. Für den Laien ist es in seinen Gedanken schwierig, doch verstehbar und in den ungewohnten Gedankenmustern faszinierend.

Dworkin arbeitete bis zu seinem Tod im Jahr 2013 als Philosoph und Jurist an der New York University und am University College in London. Die Gedanken, die er im Rahmen seiner Einsteinvorlesungen vortrug, wollte er in einem größeren Projekt zusammentragen. Dazu kam es nicht mehr. Allen voran hat seine Doktorandin Hillary Nye das vorhandene Material zu dem vorliegenden Werk [Religion ohne Gott]verarbeitet.


Ellen Norten - 10. Juli 2014
ID 7955
Ronald Dworkin | Religion ohne Gott
146 Seiten
Gebunden, m. Schutzumschlag
EUR 19,95
Suhrkamp, 2014
ISBN 978-3-518-58606-8


Weitere Infos siehe auch: http://www.suhrkamp.de/buecher/religion_ohne_gott-ronald_dworkin_58606.html


Post an Dr. Ellen Norten



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