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Roman

Intimer Blick

in eine ferne

Welt



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Mojgan Ataollahi will Selbstmord begehen. Ihr Leben in der islamischen Republik Iran an der Seite eines gewalttätigen Ehemannes raubt ihr den Lebensmut. Doch Mojgan ist nicht allein. Da gibt es außerdem ihre Tochter Matissa, ihre Eltern und ihren Bruder, zudem einige Freunde, die sie lieben und denen sie mit ihrer Tat nicht wehtun möchte. In diesem Spagat bewegt sich der autobiografische Roman Ein leichter Tod. Mojgan Ataollahi erinnert sich an ihre Kindheit, an den Krieg mit dem Irak, an Demonstrationen und für sie wichtige Begegnungen.

Die Handlung des Buches fließt wie ein ruhiger Strom, der uns mitnimmt, durch Höhen und Tiefen im Leben der Autorin, die nicht immer im zeitlichen Ablauf stehen. Doch obwohl der Iran ein für uns in seiner Kultur, Politik und Religion fernes Land ist, fühle ich mich in dem Buch zu Hause. Es ist die Art, wie die Autorin schreibt; ihre Sicht, Gefühle auszudrücken, eine poetische Sprache, die tief aus der Seele kommt.


„Das Blut gefror mir in den Adern. Die Blutkörperchen rieben sich wie gezackte Dreiecke eines verrosteten Zahnrads aneinander, wurden vorangetrieben, durchbohrten die Adern und drangen unter meine haut. Diese scharfkantigen Dreiecke, deren Muster ich später nur in der Barockarchitektur gesehen habe, spürte ich in meinem gesamten Körper.“ (S. 97)


So beschreibt Mojgan Ataollahi ihre Empfindungen, als ihr Mann ihre Bücher auf offener Straße verbrennt. Mojgan wird erniedrigt, gedemütigt und geschlagen. Doch ihr Leben wird auch durch andere Dinge beeinträchtigt, wie durch den neugierigen Nachbarn, der sie ständig beobachtet und der in ihr heiße Angst entfacht.


„In der Hitze fühlte ich mich, eingehüllt in Kopftuch und die abscheuliche Montur, wie der Reis im Kochtopf meiner Schwiegermutter, wenn sie eine wattierte Stoffhaube über ihn stülpte und ihn auf den Herd stellte. Sie nähte ihre Stoffhauben normalerweise selbst und war für ihre Kunstfertigkeit in der Verwandtschaft berühmt.“ (S. 49)


Solche Schilderungen beinhalten gleichzeitig eine gewisse Komik, die in der Beschreibung toternster Dinge gipfelt, wie eben der beabsichtigte Selbstmord. Der soll mit einer sogenannten Reistablette vollzogen werden, eine pestizidgetränkte Pastille, die normalerweise zur Vernichtung von Schadinsekten dient. Doch der leichte Tod, den die Autorin sich wünscht, vergeht ihr bei der Vorstellung, dass vorher eine Kakerlake über den Giftdrops gelaufen sein mag. Eine tragisch-komische Wendung, die letztendlich mit vielen anderen Begebenheiten dazu beiträgt, dass Mojgan weiterlebt, den Tod fortschiebt und sie uns diese berührenden Aufzeichnungen aus einer fernen Welt schenkt.
Ellen Norten - 21. November 2015
ID 8995
Mojgan Ataollahi | Ein leichter Tod
Geb., 182 S.
EUR 17,90
Residenz Verlag, 2015
ISBN 978-3-7017-1665-4


Weitere Infos siehe auch: http://www.residenzverlag.com/print.php?m=30&o=2&id_title=1801


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