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nachDRUCK # 4

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Kalender

Rätselhafte
Szenen,
romantische
Landschaften,
leise Melancholie





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Drei Rückenfiguren blicken auf bizarre Kreidefelsen und das Meer, rechts eine Frau im roten Kleid, mittig ein kniender Mann, der Gehstock und Zylinder abgeworfen hat, links ein Mann in altdeutscher Tracht und mit Barett. Leuchtend weiße, schroffe und markante Felsklippen und der dunkle Vordergrund rahmen das Bildgeschehen. Die Äste zweier Buchen berühren sich über der Szene. Das Cover vom Caspar David Friedrich Kalender 2026 präsentiert das Bild Kreidefelsen auf Rügen, das der bedeutende Maler der Romantik 1818 kurz nach seiner Hochzeitsreise komponierte. Das mehrschichtig ausgearbeitete Bild wird im Kalender selbst nicht erneut abgebildet.

Caspar David Friedrich (1774-1840) wurde im vergangenen Jahr anlässlich seines 250. Geburtstags mit großen Ausstellungen etwa in der Neuen Nationalgalerie Berlin geehrt. Heute, am 5. September 2025, jährt sich sein Geburtstag zum 251. mal.

Das Januarmotiv des Kalenders bildet Nordische Frühlingslandschaft von 1825. Der Maler der Landschaft galt lange Zeit als unbekannt. Es konnte erst spät mit einiger Gewissheit dem Künstler Friedrich zugeschrieben werden. Das Ölbild zeigt eine karge, trostlose, weitgehend schneebedeckte Landschaft mit vereisten Wasserflächen. Zwei Figuren lassen sich inmitten der unwegsamen Vegetation ausmachen.

Im Februarbild Blick aus dem Fenster des Künstlers, rechtes Fenster (1805-1806) hält Friedrich einen Blickwinkel aus seinem Atelierfenster fest. Die Ansicht durch das Fenster offenbart einen Fluss und am jenseitigen Ufer Pappeln und kleine Häuser. Ein Boot mit Takelage ankert unmittelbar vor dem Fenster, dessen untere Flügel geöffnet sind. Auf der linken Wand hängt eine Schere an einem Nagel.

Der Kunsthistoriker Boris von Brauchitsch schreibt 2023 über das Fenster als ein sublimes ästhetisches Thema Friedrichs:


„Das Fenster – als transparente Grenze zwischen Außen- und Innenwelt, zwischen Extrovertiertem und Introvertiertem beliebtes Sehnsuchtsmotiv vor allem der Romantik – wird selbst zum Bild.“ (Aus: Caspar David Friedrich Biografie, S. 53)


Im März präsentiert der Kalender das Ölgemälde Abendlicher Wolkenhimmel von 1824. Horizontal verlaufende Lichtspalten heben sich von violett-dunklen Wolken ab.

Das Aprilmotiv zeigt ein bekannteres Ölbild Friedrichs: Zwei Männer in Betrachtung des Mondes von 1819. Bergschrägen laufen beidseitig auf zwei Figuren zu. Bäume eröffnen eine raumgreifende Existenz ineinander verschlungener, dicker Äste und dichten Wurzelwerks.

Das Maimotiv Kloster Elderna von 1825 zeigt eine Klosterruine mit dem Riesengebirge im Hintergrund. Astwerk und Gestrüpp wuchern aus allen Ecken. Inmitten des Monumentes steht ein Wohnhaus neueren Datums.

Im Ölbild Meeresstrand mit Fischer (1807) als Junimotiv nimmt wieder der Himmel viel Raum ein. An der unten abgebildeten Nebelküste steht ein Mann im Bildzentrum, der friedlich seine Reusen, ein Netzwerk aus Schnüren und Stäben, trocknet.

Das Julimotiv Auf dem Segler (1818-1820) scheint erstaunlich dynamisch. Betrachter scheinen bei wogender See auf einem leicht geneigtem Segelboot Platz zu nehmen. Ein Paar auf dem Schiffsbug blickt, sich an den Händen haltend, auf eine noch ferne Stadt. In Licht getauchte gotische Kirchtürme, die sich im Dunst erheben, erscheinen wie ein Hoffnungsschimmer. Die Darstellung von Mast und Segel ist im Kalender durch deutliche Verkürzung der Abbildung weniger raumgreifend als im Original.

Die Kunsthistorikerin Kia Vahland schreibt 2024 über die Anonymität von Rückenansichten als Friedrichs Erkennungszeichen seiner späteren Schaffensperiode:


„Die oft gesichtslosen Gestalten schaffen Distanz. Nicht eintauchen dürfen die Zuschauer in Friedrichs Bildwelten, nicht schwelgerisch bewundern. Wo früher Berge und Wälder im Wege standen, sind es jetzt Männer und Frauen von hinten. Zurückverwiesen auf die zweite Reihe, bleibt dem Menschen vor dem Rahmen nur die Position der Beobachter, die Beobachter beobachten. Und die innehalten und sich fragen, was das Gesehene mit ihnen selbst zu tun hat.“ (Aus: Caspar David Friedrich und der weite Horizont, S. 59)


Im August zeigt die Sepiazeichnung Blick auf Arkona mit aufgehendem Mond (1805/1806) in zarten Tongebungen ein ans Ufer gezogenes Boot unter dem Vollmond im Kap Arkona im Norden der Insel Rügen. Im September zeigt das Ölgemälde Sonnenblick im Riesengebirge (1835) schroffe Felsen im Gebirge vor einem wolkenverhangenen Himmel. Zwischen den Wolken scheint Sonne und blauer Himmel durch. Grüne Tannen stehen neben abgestorbenen Bäumen. Das Oktober-Motiv Nach dem Sturm (1817) vermittelt wieder einen dynamischen Eindruck. Turbulent wogt hier ein Segelboot auf stürmischer See.

Im Novembermotiv Spaziergang in der Abenddämmerung (1837-1840) betrachtet ein einsamer Mann ein Hühnengrab und ergeht sich der Kontemplation in der Natur. Sanftes Licht und Nebelschleier liegen in der Luft. Eine zerbrechliche Harmonie zwischen Mensch und Natur deutet sich an. Das Dezember-Motiv Hünengrab im Schnee von 1807 bezeugt Friedrichs Faszination für die Symbole eines möglichen Urgermanentums. Die Bildkomposition der Winterlandschaft scheint streng kalkuliert.

Insgesamt bietet der Kalender eine eindrucksvolle Auswahl von bekannten und weniger bekannten Malereien aus dem facettenreichen Oeuvre des Künstlers. Einige der bemerkenswerten Bildabdrucke bezeugen, wie Friedrich die Wirklichkeit in seinen Bildern poetisch verklärte. Leider sind abgebildete Ausschnitte teils recht klein gewählt, so fehlen etwa beim Februar- und beim Juli-Motiv über die Hälfte der jeweiligen Werke Friedrichs. Auch die Farbgebungen im Kalender stimmen nur bedingt mit den Originalen überein, die sich in ihrer Intensität jedoch auch nur schlecht reproduzieren lassen.


Ansgar Skoda - 5. September 2025
ID 15443
Verlagslink zum Kalender Caspar David Friedrich 2026


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