Neuauflage eines Kinder- und Jugendbuchklassikers
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Erste
große
Liebe
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Bewertung:
Es muss Mitte der sechziger Jahre gewesen sein, da sah ich in einem Kaufhaus eine kleine Broschüre. Auf leuchtendrotem Untergrund waren drei Figuren abgebildet: offensichtlich Vater mit einem Zylinder, Mutter mit einer großen Handtasche, und ein kleiner Vertreter, offensichtlich ihr Kind. Doch die Wesen, die dort ihr Wiedersehen feierten, waren keine Menschen, sondern nilpferdähnliche, dicke Figuren auf zwei Beinen, die in ihrer freundlichen Ausstrahlung bestachen und die mein Kinderherz sofort eroberten. Das erste Muminbuch kam in unseren Haushalt, und ich bin Mumin, seiner Familie und seinen Freunden bis heute treu geblieben.
Mumin und seine Mitstreiter stammen aus Skandinavien, genauer gesagt wurde seine finnlandschwedische Schöpferin in Helsinki geboren. Als ich die Mumins entdeckte, waren sie bereits 20 Jahre alt und hatten ihren ersten Auftritt in der Augsburger Puppenkiste hinter sich. Die Serie wurde 1959 live (!) von der Rundfunk-Ausstellung in Frankfurt am Main gesendet. Dass diese Folgen der Puppenkiste nie wiederholt wurden, liegt offensichtlich daran, dass die Ausstrahlungen damals nicht fernsehtauglich mitgeschnitten wurden.
Richtig populär wurden die Mumins bei uns nicht, obwohl in den achtziger Jahren eine Zeichentrickserie aus Japan die Mumins wieder auf die Mattscheibe holte. Die gibt es hin und wieder zu sehen, und die Muminbücher sind in jeder Stadtbücherei vertreten, wie vermutlich auch im Regal vieler Kinderzimmer.
In Skandinavien sind die Mumins dagegen Kult. Auf dem Flughafen Helsinki gibt es gleich zwei „Moominshops“ mit herrlichen Andenken, und zum 100-jährigen Jubiläum der Finnair erhielten zwei Flugzeuge eine Sonderlackierung mit Muminmotiven.
Doch warum erscheint nun dieses Mumin-Buch? Es gilt ein rundes Jubiläum zu begehen: Die Mumins feiern ihren achtzigsten Geburtstag. 80 Jahre, das lässt uns aufhorchen, denn vor achtzig Jahren ging auch der Zweite Weltkrieg zu Ende. Menschen irrten durch Europa auf der Suche nach ihren Lieben und einem zu Hause.
"Ich hatte in Erwägung gezogen, dass der Titel eine Verbindung zum Mumintroll und seiner Suche nach dem Vater herstellen sollte aber der Verlag wollte es den Lesern einfacher machen und wählte Mumins lange Reise.
Die Geschichte ist stark inspiriert von den Kinderbüchern, die ich gelesen und geliebt habe, ein bisschen Jules Verne, etwas Collodi (das Mädchen mit den blauen Haaren), und so weiter. Aber warum nicht?
Da war es, mein allererstes Happy End!"
Tove Jansson wollte mit ihren Mumin-Geschichten Hoffnung, Zuversicht, Liebe und Geborgenheit spenden, und das ist ihr sicherlich gelungen. Mumin und seine Mutter suchen den verschollenen Vater. Nach einem großen Hochwasser finden sie ihn endlich wieder.
"Zu guter Letzt kamen sie in ein kleines Tal, das schöner war als alles, was sie an diesem Tag gesehen hatten…“ (S. 93)
Hier steht auch das vom Muminvater gebaute Haus, das an einen formschönen blauen Kachelofen erinnert. Dort werden die Mumins fortan leben und ihre gemeinsamen Abenteuer mit ihren Freunden in Büchern und Comics erleben.
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In den Büchern von Tove Jansson sind die schwarz-weißen Zeichnungen stark von künstlerischen Aspekten geprägt. Der Dschungel, das Hochwasser und die durchbrechende Sonne dahinter bieten weit mehr als ein Comicstrip. Dennoch sind die Mumins gerade für dieses Genre ideale Vorlagen geworden.
Typisch für Skandinavien sind Trolle, und die ca. zwanzig cm großen Mumins zählen zu ihnen. Darüber hinaus gibt es Wesen, die für den hohen Norden typisch sind. So ist die kalte Morra eben nicht nur eine unheimliche Gestalt, sondern auch ein eiskalter Wind.
Das Buch macht Lust auf das Mumintal und seine Bewohner und man muss keineswegs noch ein Kind sein, um die heilsame Muminwelt zu genießen.
Ellen Norten - 17. Mai 2025 ID 15268
Reclam-Link zu
Mumins lange Reise
Post an Dr. Ellen Norten
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