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Krimi

Wer ist

Jakob Fender?





Bewertung:    



Es ist der zwölfte Fall von Kommissar Zorn, doch dieser ermittelt wie immer nicht allein. Schröder, sein Kollege und Freund, unterstützt ihn oder überflügelt ihn auch, je nach Gelegenheit. Wer der Chef von wem ist, ist bei diesem Ermittlerpaar nicht eindeutig geklärt. Obwohl der bärbeißige und lethargische Zorn der Krimireihe seinen Namen gibt, tritt der dickliche, disziplinierte Schröder immer stärker in den Vordergrund, und da mein Herz nun einmal für Zorn schlägt, bedauere ich dies zutiefst.

Doch fangen wir erst einmal mit dem Kriminalfall an. Jakob Fender, ein unauffälliger Netzwerkadministrator einer Bank, wird brutal überfallen und verliert durch die Kopfverletzungen sein Gedächtnis. Dies, so mutmaßen die Ärzte, sei wohl nur vorrübergehend. So erleben wir, wie Fender nach sich selbst sucht, seinen eigenen Charakter nicht einschätzen kann und nicht versteht, warum ihn seine attraktive Exfrau Mona mit solchem Hass begegnet.


"Als ich zurück ins Wohnzimmer ging, ließ mich das Knarren der Diele erneut innehalten. Es war, als würde mich ein Windhauch streifen, längst nicht so heftig wie gestern, als ich auf der Bank hinter dem Krankenhaus gesessen und Mona diesen Namen KUCHTA genannt hatte, dessen verzerrte Stimme vom Marktplatz herüberdrang. Das war kein Windhauch gewesen, sondern eine Orkanböe, deren Wucht die Tür aufgerissen hatte und wieder zufallen ließ, so schnell, dass keine Chance blieb, einen Blick in den dunklen Raum zu werfen. Es war kein Gefühl, sondern eine körperliche Erfahrung gewesen, als wäre ein Knallkörper in meinem Kopf explodiert, den Bruchteil einer Sekunde nur, doch meine Ohren hatten noch eine Weile geklingelt." (Stephan Ludwig, Zorn - Ausgelöscht, S. 95)


Ist Fender also nur der brave Mitbürger, oder gibt es in seiner Persönlichkeit noch mehr zu entdecken? Fender wirkt mysteriös, schwer einschätzbar, und es ist enorm spannend langsam seine Biografie und Identität zu entschlüsseln.

Dann folgt der erste Mord: Ein Neonazi, der auf dem Markt zuvor regelmäßig seine Hetzreden führte, baumelt nackt, und vermutlich durch eine Garotte getötet, an den Pfeilern der aufgestelzten Magistrale. Wer wie ich in Halle an der Saale lebt, kennt die Magistrale und auch den Schreihals vom Markt. Der Autor nennt den Namen der Stadt auch dieses Mal nicht. Der Schreihals lebt in der Realität unbehelligt weiter. Zorn und Schröder starten ihre Ermittlungen, und es wird schnell offensichtlich, dass der Überfall auf Fender und der inszenierte Mord an dem Rechtsradikalen zusammen hängen.

*

Der Krimi ist spannend und in seine Wendungen nicht vorhersehbar. Stephan Ludwig versteht es zu schreiben und weiß immer neue Ideen in schaurig-schöne Kriminalfälle umzusetzen. Die Dialoge zwischen Zorn und Schröder sind von Witz geprägt. Wenn hier die Parallele zum TATORT in Münster gezogen wird, so ist dies bezogen auf die Hauptakteure durchaus zulässig, und der Zornkrimi verkommt auch nicht zum Klamauk, wie dies bei den Münsteranern durchaus einmal vorkommen kann. Indes: Mir sind die Dialoge zwischen Zorn und Schröder zu langatmig. Da die beiden zudem ihre Freizeit teilen, Schröder zum Augenstern von dessen Sohn Edgar aufgestiegen ist und die Staatsanwältin Tisch und Bett mit Zorn teilt, drehen sich die Gespräche privat wie dienstlich im Kreis. Das war in den ersten Bänden für mich originell und reizvoll, doch die Charaktere der beiden Ermittler sind mittlerweile ausgereizt, und Langeweile droht. Vielleicht darf Kommissar Zorn nach seinem zwölften Fall in den Vorruhestand geschickt werden, und neue originelle Protagonisten aus der Feder von Stephan Ludwig ermitteln fortan in Halle – ein Wechsel der Ermittler, wie er ja auch in vielen TATORT s stattfindet.


Ellen Norten - 21. Januar 2023
ID 14008
S. Fischer-Link zum neuen Zorn-Krimi von Stephan Ludwig


Post an Dr. Ellen Norten

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